3332/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 27.04.2023
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen
betreffend Gleichstellung von Geflüchteten aus der Ukraine mit Asylberechtigten
Seit Beginn des Angriffskriegs der Russischen Föderation gegen die Ukraine sind nach Angaben des UNHCR 8,1 Millionen Menschen aus der Ukraine geflüchtet. Rund 5 Millionen Menschen haben in der EU einen temporären Schutzstatus nach der Vertriebenen-Verordnung, die auf der Richtlinie 2001/55/EG basiert, erhalten (Stand April 2023).1 Rund 90.000 davon haben in Österreich Zuflucht genommen. Doch die Situation vieler Ukrainer:innen wird immer prekärer. Das liegt insbesondere daran, dass Ukrainer:innen lediglich auf dieselben Leistungen Anspruch haben wie Asylwerber:innen: die Grundversorgung. Letztere reicht weder aus, um den Alltag zu bestreiten, noch ist sie für einen längerfristigen Verbleib von hilfsbedürftigen Menschen konzipiert. Aktuell beziehen rund 50.000 aus der Ukraine Geflüchtete die Grundversorgung2 - viele von ihnen sind zur Sicherung ihrer Existenzgrundlage auf die Unterstützung der Zivilgesellschaft angewiesen. Und die Inflation verschärft die Situation.
Generell zeichneten sich von Anfang an (mittlerweile mehr als ein Jahr) zahlreiche Missstände im Umgang mit Geflüchteten aus der Ukraine mit einem temporären Aufenthaltsrecht ab: langsame Registrierungen, verspätete Auszahlungen der Grundversorgung, einen durch die Notwendigkeit der Beschäftigungsbewilligung bürokratischen Zugang zum Arbeitsmarkt, welche erst vor Kurzem behoben wurde - um nur ein paar Beispiele zu nennen. Anders als bei Asylwerber:innen lebt ein Großteil der Ukrainer:innen in privaten Unterkünften. Sie verfügen somit über maximal 165 Euro Mietzuschuss (für eine Person) bzw. 330 Euro (ab zwei Personen) pro Monat, was in Österreich niemals ausreichend ist, um eine Miete zu zahlen. Die Höchstsätze für private Unterbringung im Rahmen der Grundversorgung, die mehr als 50% unter dem Niveau der Sozialhilfe liegen, lassen demnach keine erfolgreiche Inklusion bzw. Integration in die Aufnahmegesellschaft zu. So befinden Ukrainer:innen sich oftmals in einem Abhängigkeitsverhältnis zu jenen Personen aus der Zivilgesellschaft, die Wohnraum zur Verfügung stellen und im Wesentlichen selbst die Kosten dafür tragen. Aber auch die Zivilgesellschaft wird müde und leidet unter der Inflation - private Quartiere werden immer weniger und Hilfsorganisationen berichten von einem dramatischen Rückgang an Spenden.3
Aus welchen Gründen beschlossen wurde, Schutzsuchende aus der Ukraine mit einem temporären Aufenthaltsrecht nach der Vertriebenen-Verordnung wie Asylwerber:innen zu behandeln, anstatt sie mit Asylberechtigten gleichzustellen, bleibt bis dato unbegründet. In der Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten ist der Zugang zur Sozialhilfe bereits umgesetzt - laut UNHCR haben Ukrainer:innen mittlerweile in 15 Mitgliedsstaaten der EU Anspruch auf dieselben Leistungen wie Staatsbürger:innen dieser Staaten.4 Deutschland hat bereits im Juni 2022 beschlossen, Ukrainer:innen aus dem Asylwerberleistungsgesetz in das Sozialsystem zu überführen.5 Weiters stellt der UNHCR fest, dass eine beschränkter Zugang zum Sozialsystem insbesondere für Personen mit besonderen Bedürfnissen, etwa ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen oder chronischen Krankheiten, negative Folgen hat. Österreich wird empfohlen einen uneingeschränkten Zugang zur Sozialhilfe bzw. Mindestsicherung einzuräumen.6 Eine Gleichstellung der Geflüchteten aus der Ukraine mit Asylberechtigten würde dies gewährleisten und ist seit langer Zeit überfällig.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Der Nationalrat wolle beschließen:
"Die Bundesregierung, insbesondere des Bundesminister für Inneres, wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzentwurf vorzulegen, der Geflüchtete aus der Ukraine bis zum Ablauf ihres temporären Aufenthaltsrechts nach der Vertriebenen-Verordnung denselben Anspruch auf Leistungen wie Asylberechtigten einräumt."
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für innere Angelegenheiten vorgeschlagen.