3345/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 27.04.2023
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

 

 

der Abgeordneten Julia Herr,

Genossinnen und Genossen

 

 

betreffend Kreislaufwirtschaft statt Einbahnstraße in die Deponie!

 

Nach wie vor gehen die meisten Waren den Weg vom Ressourcenabbau über die Produktion, den Transport und den Verkauf und landen schlussendlich im Müll. Die Ressourcen werden dabei oft unter umweltzerstörerischen Bedingungen aus dem Boden geholt, in der Produktion zu oft Luft und Wasser verschmutzt und selbst der Transport, der bei in manchen Fällen die Waren auf ihrem Weg rund um den Globus führt, stößt große Mengen an CO2 aus. Das geschieht in einer Welt mit endlichen Ressourcen und der Notwendigkeit den Energieverbrauch zu senken, um die Klimaschutzziele zu erreichen. All das führt vor Augen: Dieser Produktionsprozess ist längst überholt. Eine Produktion im Einklang mit den natürlichen Gegebenheiten auf unserem Planeten muss gänzlich anders ausschauen. Produktion darf nicht länger eine Einbahnstraße in Richtung Deponie sein, sie muss zur Kreislaufwirtschaft werden, in der Ressourcen wieder zurückgeführt werden und der Energiebedarf minimal gehalten wird.

 

Konsumentinnen und Konsumenten können in diesem notwendigen Prozess aktuell nur eine kleine Rolle spielen. Was und wie produziert wird, liegt in der Hand von Konzernen, die im globalen Maßstab Ressourcen gewinnen, Waren herstellen und dabei ihren eigenen Profit an erste Stelle reihen. Selbst wo Konsument*innen aus Kosten- und Gewissensgründen gerne ihre defekten Produkte reparieren lassen wollen würden, ist dies oft nicht möglich, denn einzelne Komponenten wie der Akku im Smartphone lassen sich meist nicht austauschen und wenn doch sind Ersatzteile schwer zu bekommen oder teuer. Schritte wie verschiedene Reparaturboni auf Bundes- und Länderebene haben außerdem schon große Anreize für Privatpersonen gesetzt und werden auch sehr gut angenommen. Weitere Schritte müssen daher direkt bei den Produzenten ansetzen und diese in die Pflicht nehmen.

 

Es braucht ein Vernichtungsverbot von Neuwaren, eine verpflichtende Reparierbarkeit von Produkten, eine Reduktion von Kunststoff-Verpackungsmüll sowie ein Zentrum für Kreislaufwirtschaft. All diese Punkte finden sich auch in den Empfehlungen des ersten Klimarates der Bürgerinnen und Bürger wieder und müssen rasch umgesetzt werden.

 

Waren, vor allem im Onlinehandel, die zurückgesendet werden, werden oft vernichtet. Für die Konzerne ist die Vernichtung leichter und günstiger als die Waren zurück in den Verkaufsprozess zu bringen, obwohl sie oft völlig unbeschädigt sind. 1,4 Millionen Retourenpakete aus Österreich werden vernichtet.[1] Meist geht es um Kleidung und Elektronik. Diese Praxis der Ressourcen- und Energieverschwendung muss beendet werden. Die Vernichtung von Neuwaren gehört verboten. Ein solches Gesetz muss von unabhängigen Stellen kontrolliert werden und Vergehen zu konsequenten, wirksamen Strafen führen. Damit Kosten von den Onlinehändlern nicht auf die Konsument*innen abgewälzt werden, braucht es ergänzende Vereinbarungen mit Firmen zu deren Selbstverpflichtung. Im Fall, dass Waren durch die Rücksendung unverkäuflich werden, sollen sie an Bedürftige oder soziale Einrichtungen weitergegeben werden.

 

Die Reduktion von Kunststoff-Verpackungsmüll betrifft nicht nur Plastikeinweggebinde für Getränke, wo an einer verpflichtenden Mehrwegquote von 80% kein Weg vorbeiführt, sondern auch Kunststoffverpackungen im Nicht-Lebensmittelbereich. Kleidung und insbesondere Elektronik sind oft in Unmengen an Plastik eingepackt. Konzerne müssen daher verpflichtet werden, diese Kunststoffverpackungen und den daraus entstehenden Müll einzusparen.

 

 

Damit Konsument*innen ihre gekauften Produkte bei Bedarf auch reparieren können, müssen diese sowohl langlebig als auch reparierbar produziert werden. Das ist nicht nur gut für die Umwelt, es ist auch gut fürs Geldbörsl, denn die Reparatur wird so zur günstigeren Alternative zum Neukauf. Um dieses Ziel zu erreichen, muss die „Herstellergewährleistung“ zeitlich massiv ausgeweitet und rechtlich verankert werden. Sollbruchstellen in Geräten müssen verhindert und verboten werden. Zudem sollen Anleitungen zur Reparatur, Ersatzteile und Softwareupdates für längere Zeiträume zur Verfügung gestellt werden.

 

Schlussendlich führt aber auch an massiven Veränderungen im Herstellungsprozess selbst kein Weg vorbei. Diesen Prozess kann ein Zentrum für Kreislaufwirtschaft massiv befördern. Dessen Ziel ist die Förderung von Ressourcenkreisläufen innerhalb und zwischen verschiedenen Branchen sowie der Austausch von Wissen und Fähigkeiten in diesem Bereich. Teil dieses Zentrums soll eine Kreislaufwirtschaftsakademie sein, in der Aus- und Weiterbildung für verschiedene Berufsgruppen angeboten sowie Lehrmaterialen produziert werden. Die Akademie soll auch das Entstehen neuer Geschäftsmodelle fördern sowie Experimentierräume schaffen. Diese können z. B. jungen Menschen erlauben, neue (klimafreundliche) handwerkliche Fähigkeiten zu erlangen und Begeisterung dafür zu entwickeln. Des Weiteren soll beim Zentrum für Kreislaufwirtschaft eine Bestandteil- und Rohstoffbörse angesiedelt sein. Unternehmen sollen melden, wenn sie Bestandteile oder Rohstoffe aussortieren, damit andere Betriebe diese weiterverwenden können. Die Angebote des Zentrums für Kreislaufwirtschaft sollen durch Beratung und Unterstützung schneller Wirkung entfalten. Branchenfachleute sollen Potenziale erheben und Betriebe aktiv ansprechen (ähnlich wie das Arbeitsmarktservice – ein „Kreislaufservice“). Die Anlaufstelle soll gesetzlich verankert und über Abgaben von Unternehmen (ähnlich wie für Arbeiter- und Wirtschaftskammer) finanziert werden, sowie über Recyclingzuschläge, die abhängig sind von der Lebenserwartung der jeweiligen Produkte. Die branchenübergreifende Zusammenarbeit von Unternehmen wird durch die Stelle gestärkt (z. B. zwischen Forstwirtschaft und Möbelindustrie). Mit diesem Vorteil der langfristigen Kostenersparnis sollen Unternehmen an Bord geholt werden. Auch eine europaweite beziehungsweise internationale Zusammenarbeit ist dabei anzustreben.

 

Gemeinsam können diese Maßnahmen einen großen Beitrag zu einer ressourcenschonenden, energiesparenden Wirtschaft leisten und unseren Umgang mit Natur und Umwelt maßgeblich positiv beeinflussen.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der

·         ein Vernichtungsverbot von Neuwaren inklusive einer unabhängigen Kontrolle,

·         eine Pflicht für Unternehmen zur Reduktion von Kunststoffverpackungen sowie dem daraus resultierenden Müll im Lebensmittel- und Nicht-Lebensmittelbereich,

·         eine massive zeitliche Ausweitung und gesetzliche Verankerung der „Herstellergewährleistung“ und eine Sicherstellung von Langlebigkeit sowie Reparierbarkeit von Produkten sowie die Verfügbarkeit von Anleitungen zur Reparatur, Ersatzteilen und Softwareupdates über lange Zeiträume,

·         und die Gründung eines Zentrums für Kreislaufwirtschaft enthält.

 

Darüber hinaus wird die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie aufgefordert, sich auf europäischer und internationaler Ebene für eine verpflichtende Reparierbarkeit von Produkten einzusetzen und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Sinne der Kreislaufwirtschaft zu fördern.“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zuweisungsvorschlag: Umweltausschuss



[1] https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20211209_OTS0006/greenpeace-berechnung-14-millionen-pakete-aus-oesterreich-mit-neuwertiger-kleidung-und-elektronik-vernichtet