3349/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 27.04.2023
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Angeordneten Mag. Harald Stefan, Christian Lausch
und weiterer Abgeordneter
betreffend Umfassender und wirksamer Schutz gegen Kinderkriminalität
Die FPÖ leugnet nicht den Zusammenhang zwischen schlechter Ausbildung gescheiterter Integration und Jugendkriminalität. Daher fordern wir einen umfassenden Aktionsplan ein. Gesamtschule, Streetworker und sanfte Behandlung durch die Justiz werden die Gesellschaft und die Jugend vor dem großen Problem und seinen schädigenden Auswirkungen nicht bewahren. Vordergründige Ziele müssen eine gute Ausbildung, die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit und dadurch auch die Prävention und Eindämmung der Jugendkriminalität sein.
Um das zu gewährleisten, muss bei Minderjährigen unter 14 Jahren angesetzt werden.
In den vergangenen Jahren, insbesondere seit 2015, ist die Kriminalität im strafunmündigen Alter gestiegen. Der Ansatz muss sein, schon im Bereich der 12- bis 14-Jährigen Maßnahmen zu setzen, um diesen jungen Menschen klarzumachen, dass eine kriminelle Laufbahn sowohl der Gesellschaft als auch der eigenen Zukunft schadet.
Will man die Deliktsfähigkeit auf 12 Jahre heruntersetzen, ist ein Mehrstufenplan zu entwickeln, der eine Strafhaft als allerletzte Maßnahme aufzeigt. Es müssen die Diskretionsfähigkeit, also die Unfähigkeit, das Unrecht der eigenen Tat einzusehen, und die Dispositionsfähigkeit, also die Fähigkeit der Einsicht, eine unrechte Tat zu begehen, konkret nachgewiesen und nicht vorausgesetzt werden.
Auf die Frage der „Kronen Zeitung“, was von er einer Herabsenkung des Alters der Strafmündigkeit halte, meinte Gerichtspsychiater Reinhard Halle
Meiner Meinung nach sollten Straftaten für Zehn- bis 14-Jährige irgendwelche Folgen haben müssen. Hier müsste es kontrollierte pädagogische Maßnahmen geben, nicht gleich das Gefängnis, sondern therapeutische Sanktionierungen.[1]
Wie sieht die Strafmündigkeit in anderen europäischen Ländern aus?
· In verschieden europäischen Ländern liegt die Strafmündigkeit unter dem vollendeten 14. Lebensjahr.
· In den Niederlanden liegt die Altersgrenze bei zwölf Jahren, so auch in Ungarn.
· In Irland liegt die Altersgrenze ebenfalls bei zwölf, jedoch bei schweren Taten gibt es eine Ausnahme für Kinder zwischen zehn und elf.
· In der Schweiz sind Kinder schon ab dem 10. Geburtstag strafmündig. Bis zu ihrem 14. Geburtstag werden ausschließlich Schutzmaßnahmen wie Aufsicht, persönliche Betreuung, ambulante Behandlung, Unterbringung bei Privatpersonen oder in Erziehungs- oder Behandlungseinrichtungen gesetzt.
· In England, Wales und Nordirland sind Kinder bereits ab dem vollendeten 10. Lebensjahr strafmündig.
· In Schottland können Kinder schon ab 8 Jahren strafrechtlich belangt werden.
· Ab 8 Jahren ist man in Griechenland strafmündig und ähnlich wie in der Schweiz gibt es erst ab dem 15. Lebensjahr Freiheitsstrafen. Davor werden minderjährige Straftäter in Erziehungs- oder Therapieheimen untergebracht. [2] [3]
Zu berücksichtigen ist die Tatsache, dass das Wahlalter zuletzt gesenkt wurde. Der Jugend wurde zugetraut, Verantwortung zu übernehmen. 2000 wurde in Kärnten und Burgenland bei den Gemeinderatswahlen, 2002 im Burgenland auch für Landtagswahlen das aktive Wahlrecht auf 16 Jahre und das passive auf 18 Jahre gesenkt. Auch der Salzburger Landtag fasste den Beschluss, das aktive Wahlalter auf 16 Jahre zu senken. 2007 zog der Nationalrat nach.[4] Mit dem 18 Lebensjahr statt früher mit 19 kann jeder Staatsbürger gewählt und ab dem 16. Lebensjahr, statt früher mit dem 18, kann jeder Staatsbürger den Nationalrat wählen.[5] [6]
Auch die Wehrpflicht beginnt mit dem 17. Lebensjahr. Die Altersvoraussetzung für den Führerschein wurde ebenfalls auf das 17. Lebensjahr gesenkt. Die Ausbildung in der Fahrschule kann mit 15 ½ Jahren begonnen und mit 17 Jahren kann der Führerschein bei bestandener Prüfung ausgefolgt werden.
Die Politik traut jungen Menschen immer mehr zu und hat ihnen auch mehr Verantwortung übergeben als vor Jahren. Diese Verantwortung muss sich auch im Strafrecht, insbesondere im Jugendgerichtsgesetz (JGG) widerspiegeln. Unmündige Minderjährige wissen in der Regel, was sie tun. Das beste Beispiel dafür ist die Ermordung der 12-jährigen Luise in Deutschland. Eine ihrer Mörderinnen recherchierte im Internet, ab welchem Alter man strafmündig ist.
Es steht jedenfalls fest, dass sich in den vergangenen zehn Jahren die kriminellen Handlungen durch Kinder häufen und die Taten immer brutaler werden. Im Jahr 2013 waren es noch 5.587 unmündige Tatverdächtige, 2022 waren es 10.428.[7] [8]
Ein Auszug
· Bewaffnete Syrer (12, 13) raubten in Wien Jugendlichen aus
Unfassbar: Zwei syrische Burschen – gerade einmal 12 und 13 Jahre alt – haben am Reumannplatz in Wien-Favoriten einen Jugendlichen (17) überfallen und ausgeraubt. Die Polizei stellte beim Älteren ein Messer sicher.[9]
· Luise (12) wurde von Gleichaltrigen erstochen
Zwei Mädchen (12 und 13) haben bei Verhör die grausame Tat gestanden. Hintergründe zu dem Fall und zu den Motiven der Tat nannte der Leitende Oberstaatsanwalt unter Hinweis auf die Persönlichkeitsrechte der minderjährigen Verdächtigen nicht.[10]
· Gewalttat in Rastatt 13-Jährige treten 14-Jährige auf Bahnsteig krankenhausreif
In Rastatt prügeln zwei 13-jährige Mädchen eine 14-Jährige auf einem Bahnsteig krankenhausreif. Immer wieder treten sie auf ihr wehrloses Opfer ein. Die Umstehenden greifen nicht ein. Sie filmen stattdessen. Und es ist nicht der erste Fall dieser Art.[11]
· 13-Jähriger prahlt im Internet mit seinen Taten
Er weiß, dass ihm strafrechtlich nichts passieren kann und tanzt daher seit Monaten den Behörden auf der Nase herum, indem er mehrmals Autos aufbrach und sie anschließend schrottete. Bekanntlich war er auch bei Überfällen und Taxidiebstählen mit anderen Jugendlichen beteiligt. Beute: Geld und Handy. In den sozialen Medien prahlt der 13-Jährige jetzt sogar noch mit seinen Taten.[12]
· Bub (11) hebelt Direktorin an Beinen aus – Spital
Ein Elfjähriger hat in einer Schule in Linz am Dienstag die Schulleiterin so schwer verletzt, dass sie ins Spital eingeliefert werden musste.[13]
· Weiß, dass ihm nichts passieren kann: Linzer Teenager (13) schlägt wieder zu
Seit Monaten tanzt ein Bursch der oberösterreichischen Polizei auf der Nase herum. Er verübte in jüngster Vergangenheit mehrere Raube und sogar Gewalttaten – da er unmündig ist, drohen ihm jedoch keinerlei Konsequenzen.[14]
· Taxilenker von 13-Jährigen ausgeraubt
Nach den Ausschreitungen rund um die Halloween-Nacht und einem brutalen Raubüberfall zweier 13-jähriger in Linz, sind nun erneut Jugendliche straffällig geworden. Dieses Mal in Pettenbach (Bezirk Kirchdorf). Dort ist ein Taxilenker ausgeraubt worden.[15]
· Donnerstag, 16.35 Uhr im Schönbornpark (Wien-Wieden):
Ein 13-jähriger Rumäne forderte von einem Gleichaltrigen Bargeld. Als sich dieser weigerte, soll sich der mutmaßliche Täter eine weiße Sturmhaube übergezogen und auf das Opfer eingeschlagen haben. Ohne Bargeld zog der 13-Jährige schließlich wieder ab.[16]
· Drei Überfälle in Serie – jüngster Räuber ist erst 12
Am späten Abend des 1. Dezember 2022 ereigneten sich in Salzburg-Lehen und Salzburg-Elisabeth-Vorstadt mehrere Raubüberfälle.[17]
· Elf- und Zwölfjähriger wollten mit Softgun Wiener Trafik ausrauben
Die Kinder flüchteten, als das Opfer eine Glock zog. Sie wurden wenig später von ihrem Schulwart identifiziert.[18]
· Diebstahl, Drogen: Hier explodiert Jugendkriminalität
Die Tätergruppen seien auch viel jünger geworden. Einige der Täter seien nicht einmal 14 Jahre alt. In solchen Fällen zeigt die Polizei die Tat zwar an, allerdings sind unter 14-Jährige noch nicht strafmündig. Deswegen muss die Staatsanwaltschaft die Verfahren einstellen.[19]
In Deutschland wird schon länger über die Herabsetzung diskutiert. Der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft fordert schon seit mehreren Jahren, dass das Alter für die Strafmündigkeit in Deutschland auf zwölf Jahre herabgesetzt werden sollte. Er führt seine Forderung wie folgt aus:
„Es geht nicht darum, Kinder in den Knast zu stecken, sondern darum, die Möglichkeiten von Richtern zu nutzen – Auflagen erteilen, ermahnen und verwarnen.“
Nach Ansicht des Gewerkschaft-Chefs seien die Jugendbehörden zu schwach aufgestellt, als dass diese allein die Aufgabe bewerkstelligen könnten, die Kinder im Alter von 12 – 13 zu maßregeln. Es müsse vielmehr mit anderen Maßnahmen gearbeitet werden, die aber erst durch das Gericht angeordnet werden können – deshalb sei die Senkung des Strafmündigkeitsalters nötig, wenngleich hier auch die Ansicht vertreten wird, dass 14- und 15-Jährige nicht ins Gefängnis gehören.[20]
Um die Deliktsfähigkeit, also die Strafmündigkeit, für strafrechtsrelevanten Handlungen, insbesondere ab 12 Jahren einzuführen, sind parallel Maßnahmen zu entwickeln, die es diesen jungen Menschen ermöglichen, mit psychischer und psychologischer Betreuung einen selbst gewählten oder durch Einfluss älterer Personen angenommen falschen Weg zu verlassen. Richterlich angeordnete, betreute „Schnupperhaft“, Gespräche mit Gefängnisinsassen und gemeinnützige Arbeit sind Möglichkeiten, die jungen Menschen zu einer Rückkehr in ein gutes Umfeld wie Schule, Freizeit- und Sportvereine zu motivieren.
Vor diesem Hintergrund stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Justiz und die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien, wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die eine Senkung der Strafmündigkeit und Deliktsfähigkeit auf 12 Jahre beinhaltet. Dabei soll die Bundesregierung sich an den gesetzlichen Regelungen und Maßnahmen zum Schutz der Kinder in den Niederlanden, in Ungarn, Irland, England, Wales, Nordirland, Griechenland und insbesondere in der Schweiz orientieren.“
In formeller Hinsicht wird ersucht, diesen Entschließungsantrag dem Justizausschuss zuzuweisen.
[1] https://www.krone.at/2965954
[2] https://www.stern.de/panorama/verbrechen/strafmuendigkeit--das-gilt-in-deutschland--europa-und-den-usa-33288198.html
[3] https://www.focus.de/panorama/welt/diskussion-ueber-strafmuendigkeit-wie-gehen-unsere-europaeischen-nachbarn-mit-jugendstraftaetern-um_id_188494329.html
[4] https://www.demokratiezentrum.org/bildung/ressourcen/timelines/wahlrechtsentwicklung-in-oesterreich-1848-bis-heute/
[5] https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIII/A/A_00008/fnameorig_070383.html
[6] https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIII/A/A_00212/fnameorig_077200.html
[7] https://www.krone.at/2965954#fb-10555-c9292094
[8] https://kurier.at/chronik/oesterreich/straffaellig-wenn-kinder-zu-taetern-werden/402142764
[9] https://exxpress.at/bewaffnete-syrer-12-13-raubten-in-wien-jugendlichen-aus/
[10] https://www.oe24.at/welt/luise-12-wurde-von-gleichaltrigen-erstochen/548689348
[11] https://www.focus.de/panorama/welt/gewalttat-in-rastatt-13-jaehrige-treten-14-jaehrige-auf-bahnsteig-fast-zu-tode_id_183357956.html
[12] https://www.krone.at/2985669
[13] https://www.oe24.at/oesterreich/chronik/oberoesterreich/bub-11-hebelt-direktorin-an-beinen-aus-spital/552896549
[14] https://exxpress.at/weiss-dass-ihm-nichts-passieren-kann-linzer-teenager-13-schlaegt-wieder-zu/
[15] https://ooe.orf.at/stories/3181064/
[16] https://www.pressreader.com/austria/kurier-3402/20220912/281904482018471
[17] https://www.heute.at/s/drei-ueberfaelle-in-serie-juengster-raeuber-ist-erst-12-100242158
[18] https://www.derstandard.at/story/2000136417260/elf-und-zwoelfjaehriger-wollten-mit-softgun-wiener-trafik-ausrauben
[19] https://steiermark.orf.at/stories/3182415/#15473
[20] https://jura-online.de/blog/2019/07/17/herabsetzung-des-strafmundigkeitsalters-von-14-auf-12-jahre/