3360/A XXVII. GP
Eingebracht am 27.04.2023
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Antrag
der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst, Christian Hafenecker, MA
und weiterer Abgeordneter
betreffend ein Bundesgesetz zur Stärkung des Interpellationsrechts, mit dem das Bundesgesetz vom 4. Juli 1975 über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird.
Der Nationalrat wolle beschließen:
Bundesgesetz zur Stärkung des Interpellationsrechts, mit dem das Bundesgesetz vom 4. Juli 1975 über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975), BGBl. Nr. 410/1975, zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 141/2022, geändert wird
Der Nationalrat hat beschlossen:
Die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975), BGBl. Nr. 410/1975, zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 141/2022, wird wie folgt geändert:
1. § 57a Abs. 1 lit. a lautet:
„a) die schriftliche Beantwortung einer an den Präsidenten des Nationalrates, an den Präsidenten des Rechnungshofes oder an die Bundesregierung bzw. eines ihrer Mitglieder gerichteten Anfrage (§ 92),“
2. § 57a Abs. 2 lautet:
„(2) Stellungnahmen vom Präsidenten des Nationalrates, dem Präsidenten des Rechnungshofes oder Mitgliedern der Bundesregierung bzw. im Sinne des § 19 Abs. 1 zum Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als zehn Minuten dauern.“
3. § 89 Abs. 2 erster Satz lautet:
„Der Befragte hat innerhalb von zwei Monaten schriftlich zu antworten.“
4. § 92 Abs. 1 erster Satz lautet:
„Fünf Abgeordnete können vor Eingang in die Tagesordnung verlangen, dass über die schriftliche Beantwortung einer Anfrage gemäß § 89 Abs. 1, § 91 Abs. 1 oder § 91a eine Debatte nach den §§ 57a und 57b stattfindet.“
Begründung
Allgemeiner Teil
Aus den Beantwortungen mehrerer parlamentarischer Anfragen an den Präsidenten des Nationalrates, Wolfgang Sobotka, sowie die Präsidentin des Rechnungshofes, Margit Kraker, ergibt sich unweigerlich der Eindruck, dass Fragen willentlich nicht beantwortet werden.
Zu Recht kommen aus dem Parlament immer wieder Beschwerden über die Qualität von Anfragebeantwortungen aus den Ministerien. Fragen werden häufig nur oberflächlich, ausweichend oder mit fadenscheinigen Begründungen gar nicht beantwortet. Darüber gibt es immer wieder Diskussionen in der Präsidiale des Nationalrats, wobei insbesondere der Nationalratspräsident verspricht, die Mitglieder der Bundesregierung in die Pflicht zu nehmen und auf eine bessere Qualität bei der Anfragenbeantwortung zu drängen. Die Frage nach der Qualität der Beantwortung von parlamentarischen Anfragen durch den Präsidenten des Nationalrates bzw. der Präsidentin des Rechnungshofes rückt dabei in den Hintergrund. Gerade hier gibt es jedoch ein einfach zu realisierendes Verbesserungspotential.
Anders als die Regierungsmitglieder hat der Präsident beispielsweise für die Beantwortung keine Frist von zwei Monaten. Bedauerlicherweise wurde diese Nicht-Frist zuletzt auch massiv ausgenützt. Bis zu 4 Monate hat es gedauert, da selbst in diesem Fall keinerlei Konsequenzen drohen. Trotz der Pflicht gem. § 89 GOG-NR eine Nichtbeantwortung zu begründen, waren die Beantwortungen zudem qualitativ indiskutabel.[1] Sie waren insbesondere dort, wo sie sich auf offensichtliche Verfehlungen oder entsprechende Verdachtsmomente gegen den Präsidenten bezogen haben, grob unvollständig.[2] So unvollständig, dass man nicht einfach wegsehen und zur Tagesordnung übergehen kann.[3]
Zur Kontrolle bei hinterfragenswerten Angaben in der Beantwortung von parlamentarischen Anfragen zum Thema illegale Parteispenden berufen wäre in erster Linie der Rechnungshof. Durch die Novelle des Parteiengesetztes wurden dem Rechnungshof weitreichende Kontrollrechte die Parteien betreffend eingeräumt. Aber wer kontrolliert jene, die kontrollieren sollen? Wie geht der Rechnungshof mit Vorwürfen um, die an ihn die Parteien betreffend herangetragen werden? Wann wird der Rechnungshof tätig und wann nicht? Im einen Fall kommuniziert er proaktiv und befeuert dadurch falsche Vorwürfe, im anderen Fall verschweigt er sich durch eine besonders enge Interpretation des Interpellationsrechts. Warum agieren jene, die einerseits zu Recht Transparenz einmahnen, wenn es um das eigene Handeln geht, maximal intransparent? Wenn man diese Fragen im Rahmen einer parlamentarischen Anfrage an die Präsidentin des Rechnungshofes richtet, bekommt man im besten Fall keine Antwort,[4] im schlechtesten Fall wird dem Fragesteller unterstellt, er würde „den Rechnungshof als unabhängige Kontrollinstanz dieser Republik in der Wahrnehmung seiner Aufgaben […] beeindrucken“.[5]
Zur Stärkung des Interpellationsrecht soll es daher hinkünftig möglich sein, im Nationalrat Debatten über diese Anfragebeantwortungen zu führen, wie es die Bundesminister betreffend geltende Rechtslage ist. Notwendig wird dies einerseits durch einseitiges und intransparentes Handeln und andererseits durch neue Verantwortungen, die auch mit Kontrolle einhergehen müssen. Im Rahmen einer solchen Debatte über die schriftliche Beantwortung einer Anfrage ist es sodann möglich, einen Antrag auf Kenntnisnahme oder auch Nichtkenntnisnahme gem. § 92 Abs. 3 GOG-NR zu stellen, wodurch eine für die Öffentlichkeit wahrnehmbare Feedbackschleife geschaffen wird.
Besonderer Teil
Zu Z 1 (§ 57a Abs. 1 lit. a):
Hinkünftig sollen fünf Abgeordnete vor Eingang in die Tagesordnung verlangen können, dass über die schriftliche Beantwortung einer Anfrage an den Präsidenten des Nationalrates gem. § 89 GOG-NR oder an den Präsidenten des Rechnungshofes gem. § 91a GOG-NR eine Debatte nach den §§ 57a und 57b iVm. § 92 GOG-NR stattfindet, wie dies bei Anfrage gemäß § 91 Abs. 1 GOG-NR an die Bundesregierung oder eines ihrer Mitglieder geltende Rechtslage ist.
Zu Z 2 und 4 (§ 57a Abs. 2, § 92 Abs. 1 erster Satz):
Fünf Abgeordnete können vor Eingang in die Tagesordnung gem. § 92 Abs. 1 GOG-NR das Verlangen stellen, eine kurze Debatte gem. § 57 Abs. 1 GOG-NR über Anfragebeantwortungen des Präsidenten des Nationalrates, des Präsidenten des Rechnungshofes oder der Bundesregierung bzw. eines ihrer Mitglieder durchzuführen. Kurze Debatten über Anfragebeantwortungen der Obmänner der Ausschüsse sind weiterhin nicht möglich. Eine kurze Debatte wird von einem der Antragsteller bzw. einem Abgeordneten, der ein diesbezügliches Verlangen unterzeichnet hat, eröffnet, wobei dessen Redezeit zehn Minuten beträgt. Danach kann jeder Klub einen Redner melden, dessen Redezeit auf fünf Minuten beschränkt ist. Bei gleichzeitiger Wortmeldung richtet sich die Reihenfolge der Worterteilung nach der Stärke der Klubs. Die Stellungnahme des Präsidenten des Nationalrates oder des Präsidenten des Rechnungshofes soll wie jene von Mitgliedern der Bundesregierung oder im Sinne des § 19 Abs. 1 zum Wort gemeldeten Staatssekretären nicht länger als zehn Minuten dauern.
Zu Z 3 (§ 89 Abs. 2 erster Satz):
Die Verpflichtung zur Beantwortung einer Anfrage wird in Analogie zur Regelung in § 91 Abs. 4 GOG-NR die Bundesregierung oder eines ihrer Mitglieder betreffend dahingehend verschärft, dass der Nationalratspräsident als Befragter innerhalb von zwei Monaten schriftlich antworten muss.
In formeller Hinsicht wird beantragt diesen Antrag dem Rechnungshofausschuss zuzuweisen.
[1] Anfrage: https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVII/JPR/57/imfname_1481793.pdf, Beantwortung: https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVII/ABPR/59/imfname_1545176.pdf.
[2] Anfrage: https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVII/JPR/61/imfname_1485839.pdf, Beantwortung: https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVII/ABPR/64/imfname_1547719.pdf.
[3] Anfrage: https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVII/JPR/63/imfname_1490560.pdf , Beantwortung: https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVII/ABPR/63/imfname_1546900.pdf.
[4] https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/AB/12872
[5] https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/AB/13248