3364/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 27.04.2023
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Mag. Christian Drobits,
Genossinnen und Genossen
betreffend Dark Patterns
Der Begriff Dark Patterns wurde vom Londoner UX[1]-Designer Harry Brignull im Jahre 2010 geprägt. Im Zentrum des UX-Designs steht das positive Erlebnis von Nutzer:Innen der jeweiligen Websites. Leider stehen aber nicht die Bedürfnisse der Nutzer:Innen der digitalen Produkte im Zentrum der professionellen Bemühungen, sondern jener der Online-Geschäftswelt.
Im Klartext:
„Das Nutzererlebnis umfasst aber nicht nur die Nutzung des Produktes, die möglichst bequem und intuitiv gestaltet sein sollte. Das Nutzererlebnis umfasst auch emotionale Berührungspunkte. Emotionale Berührungspunkte beziehen sich aber nicht nur ausschließlich auf den Moment der Nutzung, sondern auch auf Gefühle vor und nach der Nutzung.
Der Costumer Lifecycle muss also als eine Einheit betrachtet werden – denn potentielle Kundinnen bzw. Kunden setzen sich schon weit vor dem Kauf oder der Nutzung eines Produktes mit diesem auseinander!“[2]
Wir treffen hier auf Erkenntnisse aus der Psychologie, Verhaltensökonomie, die für die Online-Geschäfte genutzt werden und mit schlichter Manipulation ergänzt werden. Brignull selbst erklärte: „Dunkle Muster sind Tricks auf Websites und in Apps, die Sie dazu bringen, Dinge zu tun, die Sie nicht beabsichtigt haben, z.B. etwas zu kaufen oder sich für etwas anzumelden.”[3]
Die “dunklen Muster” sind demnach u.a. konzipiert, um zu irrtümlichen oder impulsiven Reaktionen zu führen, zu einem (gewollten, aber auch ungewollten) Kauf-Akt oder ungewollten Handlungen (anklicken eines Buttons) zu führen. Die Ausrichtung auf Emotionen bedingen beinahe, dass die Emotionserkennung und Verhaltens- und Transaktionsdaten und deren Auswertung und Einsetzbarkeit ins Zentrum der Begierde rücken.[4] In einem ähnlichen Tempo verabschieden wir uns damit aber auch vom Anspruch der selbstbestimmten Konsument:Innen, dem Recht auf Privatsphäre und dem Recht über die eigenen Daten autonom verwalten zu können.
Nun stellt sich die Frage, ob die aktuelle Entwicklung im Bereich der Optimierung der Dark Patterns, zu Lasten der Web-User:Innen eine deutliche Verschlechterung der Situation für die Web-User:Innen bedeutet bzw. in Zukunft bedeuten könnte, sodass eine normative Nachjustierung anzustreben ist.
Hier ist zentral die Frage zu stellen, welche Möglichkeiten sich ergeben, wenn Dark Patterns ihrerseits durch artificial intelligence and machine learning optimiert wird.
Zahary Kinnaird stellt die Unterschiede graphisch dar:[5]
Zudem kommt, dass Algorithmen, die auf die Kompetenz des maschinellen Lernens zurückgreifen können, ihre Strategie anpassen und zielsicherer werden. Kinnaird verweist als Beispiel für die Strategievorgaben dieser Algorithmen, auf jene Werbeeinschaltungen deren Aufgabe darin besteht, User:Innen länger auf Videoeinspielungen zu halten. Ein Unterfangen, dass der Algorithmus, sich immer selbst verbessernd, ohne Ablenkung, Zeitgebundenheit oder irgendwelchen anderwärtigen Tätigkeitswünsche ausführt.
„Der Algorithmus ist nicht dafür optimiert, dass du dir Videos ansiehst, sondern dafür, dein Verhalten zu ändern, damit du dir weiterhin Videos ansiehst. Der Algorithmus ist darauf optimiert, Ihr Verhalten zu ändern. Das scheint ein kleines Detail zu sein, hat aber massive ethische Auswirkungen.”[6]
Dies ist mit dem Hintergrundwissen zu lesen, dass in den Dark Pattern Algorithmen arbeiten, von denen die User:Innen schlicht nicht informiert sind. Gleichzeitig muss uns allen bewusst sein, dass die Entdeckungsreise noch lange nicht zu Ende ist.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, eine Studie in Auftrag zu geben, um zu klären, ob durch die Verwendung von Dark Patterns, artificial intelligence und selbstlernende Algorithmen bei Online-Geschäften noch ein faires Verhältnis zwischen Verbraucher:Innen und Unternehmer:Innen bzw. Unternehmungen gewährleistet ist oder ob dieses Verhältnis sich in einem solchen Ausmaß zu Ungunsten der Verbraucher:Innen verändert hat, dass legistische Nachjustierungen auf nationaler Ebene und/oder auf europäischer Ebene notwendig sind.
Gleichzeitig soll dem Nationalrat einen Bericht vorgelegt werden, der gegebenen Falls auch bereits Vorschläge für legistische Neuordnungen auf nationaler Ebene oder notwendige Schritte auf Europäischer Ebene beinhaltet.“
Zuweisungsvorschlag: Ausschuss für Konsumentenschutz
[1] User-Experience-Design.
[2] https://academy.technikum-wien.at/ratgeber/was-ist-ux-design/#:~:text=UX%2DDesign%20befasst%20sich%20im,bequem%20und%20intuitiv%20gestaltet%20werden
[3] Original: “Dark Patterns are tricks used in websites and apps that make you do things that you didn't mean to, like buying or signing up for something”. Zitiert nach: https://www.ionos.at/digitalguide/websites/web-entwicklung/was-sind-dark-patterns/
[4] Vgl. Daniela Zimmer, Louise Beltzung, Dark Pattern: Manipulation im Netz! Online Presse-Gespräch 12.03.2023, https://www.arbeiterkammer.at/beratung/konsument/HandyundInternet/Internet/Presseunterlage_Dark.Patterns_20230313.pdf.
[5] https://uxdesign.cc/dark-patterns-powered-by-machine-learning-an-intelligent-combination-f2804ed028ce.
[6] Ibid. (Original: The algorithm is not optimised to keep you watching videos, it’s optimised to change your behaviour to keep you watching videos. The algorithm is optimised to change your behaviour. It seems like a small detail but has massive ethical implications.“).