3366/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 27.04.2023
Dieser
Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Dr. Reinhold Lopatka, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Nico Marchetti,
Kolleginnen und Kollegen
betreffend die aktuelle Lage in Tunesien
Tunesien steht derzeit vor großen politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen. Die Folgen der COVID-19 Pandemie, der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und damit verbundene Preissteigerungen vor allem bei Agrarprodukten, Versorgungsengpässe und eine anhaltend hohe Arbeitslosigkeit haben die sozioökonomische Situation für die Bevölkerung im Land weiter verschärft. Die hohe öffentliche Verschuldungslage birgt das Risiko eines finanziellen Kollapses. Eine dringend notwendige Einigung mit dem Internationalen Währungsfonds lässt weiter auf sich warten.
Zudem geben die innenpolitischen Entwicklungen vor allem seit 2021 in Tunesien Anlass zur Sorge. Angesichts des fortschreitenden Umbaus der staatlichen Strukturen ist es wesentlich darauf hinzuweisen, dass insbesondere starke repräsentative Institutionen, der Schutz von Rechtsstaatlichkeit sowie Grund- und Menschenrechten, Geschlechtergleichstellung, politischer Pluralismus und Meinungsfreiheit (wie dies in der tunesischen Verfassung verankert ist) und eine lebendige Zivilgesellschaft allesamt die Grundlage jeder Demokratie und die Basis für die Partnerschaft der EU mit Tunesien bilden.
Tunesien ist und bleibt ein wichtiger Partner der Europäischen Union. Bereits 1995 unterzeichnete es als erstes Mittelmeerland ein Assoziationsabkommen mit der EU. Wichtige Kooperationsbereiche der EU mit Tunesien umfassen neben der politischen Zusammenarbeit, unter anderem im multilateralen Kontext, den bilateralen Handel und die Entwicklungszusammenarbeit. Zudem wird Tunesien aufgrund seines Potentials bei erneuerbaren Energien und weiteren Energieressourcen für die EU und ihre Mitgliedstaaten in ihrem Bestreben nach Diversifizierung der Energieversorgung immer signifikanter. Nicht zuletzt ist Tunesien ein wichtiger Partner der EU im Bereich der Sicherheit und der Terrorismusbekämpfung sowie auf dem Gebiet der Migration. Tunesien ist sowohl Ziel-, als auch Herkunfts- und Transitland für Migration.
Das Ausmaß an Stabilität und Sicherheit in Tunesien wirkt sich auch auf die Stabilität und Sicherheit in seinen Nachbarländern und letztlich auch auf Europa aus. Es ist somit nicht nur im Interesse der weiteren Entwicklung Tunesiens, sondern auch im Interesse der Mittelmeerstaaten, der EU und Österreichs eine gedeihliche Entwicklung Tunesiens mit all seinen Potenzialen sicherzustellen. Angesichts der geographischen Nähe und des Entwicklungspotentials eines Landes mit einem hohen Anteil an einer jungen Bevölkerung ist es zentral, dass die EU mit Tunesien und der gesamten Region Nordafrikas in sozialen und wirtschaftlichen Belangen enger als bisher zusammenarbeitet sowie Tunesien bei der Festigung von demokratischen Strukturen und Institutionen weiterhin gezielt und nachhaltig unterstützt. Die fortgesetzten Bemühungen um eine Zusammenarbeit der EU mit Tunesien im Bereich der Migration sind insbesondere relevant, um auf die nach wie vor hohen Migrationsbewegungen zu reagieren und um den Verlust von Menschenleben auf hoher See zu verhindern.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten, wird ersucht, im Verbund mit den EU-Partnern Tunesien und vor allem die tunesische Bevölkerung, mit jener der EU zur Verfügung stehenden Finanzierungsinstrumente bei der Bewältigung der sozioökonomischen und finanziellen Herausforderungen im Land gezielt und fortführend zu unterstützen. Dies umfasst die Zusammenarbeit mit Tunesien bei der Umsetzung wichtiger struktureller demokratischer und rechtsstaatlicher Reformen im Land und notwendiger Schritte durch Tunesien selbst bei der Stabilisierung bzw. dem Abbau seiner Schuldenquote.
Des Weiteren wird die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten, ersucht, sich im Verbund mit der EU gegenüber Tunesien dafür einzusetzen, dass die demokratischen Errungenschaften in Tunesien und verfassungsmäßig garantierten Rechte, die Grund- und Menschenrechte sowie die Gewaltenteilung vollumfänglich gewahrt bleiben.
Des Weiteren wird der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft und der Bundesminister für Inneres ersucht, sich weiterhin dafür einzusetzen, dass im Rahmen einer Zusammenarbeit auf Augenhöhe der EU mit Tunesien und Nordafrika die Akquise von qualifizierten Arbeitskräften nach Österreich weiter ausgebaut wird, die Kooperation auf den Gebieten der legalen Zuwanderung, der irregulären Migration und der Rückführung von Personen ohne Bleibemöglichkeit in Österreich sowie bei der Unterbindung des Menschenhandels verstärkt wird und EU-Mittel zur Schaffung von Perspektiven vor Ort in Tunesien und der gesamten nordafrikanischen Region aufgestockt werden.“
Zuweisungsvorschlag: Außenpolitischer Ausschuss