3384/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 24.05.2023
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen
betreffend Startup-Paket endlich abliefern statt leere Versprechen und Scheinmaßnahmen
In den Regierungsprogrammen der letzten Jahre stehen oft die gleichen Maßnahmen, die Startup-Vertreter:innen mindestens ebenso lange von der Politik einfordern – von einfacheren Gründungen, bessere Rahmenbedingungen für Risikokapital, Senkung der Lohnnebenkosten oder Erleichterungen bei Einstellung von Fachkräften aus Drittstaaten. Es ist also weithin bekannt, was der heimischen Startup-Szene fehlt. Österreich kommt nach einer Studie im Auftrag des BMAW von 2022 auf rund 690 Startups je Million Einwohner (1). Am oberen Ende finden sich die Niederlande und das Vereinigte Königreich mit 2.400 bzw. rund 1.800 Startups je Million Einwohner. Wenn Österreich so viele Startups wie die Niederlande hätte, würde dies in zehn Jahren Investitions- und Beschäftigungseffekte von 1,3 % bzw. 12.000 Beschäftigte mit sich bringen. Im April 2023 feierte sich die Bundesregierung erneut ab, da sie die neuesten Daten rund um die Startup-Szene in Österreich übersichtlich in einem Bericht zusammengefasst hat (2). Die Forderungen an die Politik in diesen Startup-Berichten bleiben von Jahr zu Jahr die gleichen, werden aber konsequent von der Politik ignoriert:
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ERWARTUNGEN AN DIE POLITIK |
% der befragten Startups |
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STEUERSENKUNGEN/-ERLEICHTERUNGEN; INSBESONDERE LOHNNEBENKOSTEN |
61 % |
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ANREIZSYSTEME FÜR PRIVATE RISIKOKAPITALFINANZIERUNG IN ÖSTERREICH |
49 % |
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BESSERE MÖGLICHKEITEN ZUR BETEILIGUNG VON MITARBEITERINNEN AM UNTERNEHMENSERFOLG |
46 % |
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BESSERER ÜBERBLICK SOWIE FLEXIBILITÄT UND TRANSPARENZ IM FINANZIERUNGS- UND FÖRDERUNGSWESEN |
40 % |
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NEUE KAPITALGESELLSCHAFTSFORM FÜR STARTUPS |
38 % |
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MEHR FLEXIBILITÄT BEI ARBEITSZEITEN UND DEREN AUFZEICHNUNG |
34 % |
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ERLEICHTERUNG BEI DER EINSTELLUNG VON INTERNATIONALEN (NICHT-EU-)FACHKRÄFTEN |
28 % |
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MODERNISIERUNG DER GEWERBEORDNUNG |
27 % |
Unternehmensgründung in Österreich: langes Warten mit vielen Zwischenschritten
Gründungen und Online-Behördenwege sind in Österreich nach wie vor viel zu aufwändig. Wie Finanzminister Brunner auf NEOS-Anfrage bestätigt, erfolgen nicht einmal 10 % der Gründungen online und der Vorgang dauert durchschnittlich 20 Tage (3). In anderen Ländern ist dies innerhalb eines Tages erledigt. Gründer:innen brauchen in Österreich also nach wie vor viel Zeit und einen langen Atem. Ein ambitioniertes Gutachten im Auftrag des Wirtschaftsministeriums zeigte das Ausmaß an möglichen Reformen in diesem stark in die Jahre gekommen Rechtsgebiet (4). Gefordert wird darin, den unnötige Formalismus abzubauen. Statt zahlreicher Notariatsakte soll in vielen Fällen die einfache Schriftform reichen. Dies ist in anderen Ländern bereits möglich, würde die Verfahren beschleunigen und den Kostenfaktor entlasten. Insbesondere bei internationalen Beteiligungen erweist sich die Notariatsaktspflicht als besonders umständlich. Insgesamt werden darin zahlreiche Reformvorschläge dargelegt, wie Vereinfachungen bei Kapitalerhöhungen, Zulässigkeit der englischen Sprache (bei Gesellschaftsverträgen, Beschlussfassung und Rechnungslegung), Einführung moderner Mitarbeiterbeteiligungsformen (unterschiedliche Anteilsklassen samt entsprechender steuerlicher Begünstigungen) oder einem geringen Nennkapital in Höhe von 5.000 Euro. Innerhalb der Regierung wird an einer verwässerten Version gearbeitet, die den Namen FlexCo tragen soll – ein Kofferwort, das wohl auf eine flexible Gesellschaft hinweisen soll. Seit 1. Quartal 2022 ist die Bundesregierung säumig, eine solche Reform vorzulegen. Vieles deutet darauf hin, dass dabei ein Minimalkompromiss herauskommt, der kaum den Wünschen der Startup-Szene oder internationalen Standards entspricht. Unternehmergeist gehört unterstützt, statt durch Bürokratie erschlagen. Es braucht umfassende Erleichterungen statt Scheinreformen. NEOS fordern, dass Gründungen rein digital und ohne Notariatsaktspflichten möglich sein sollen - und natürlich auch auf Englisch. Mitarbeiterbeteiligungen sollten nach internationalem Vorbild ausgestaltet sein und z.B. eine einheitliche Endbesteuerung der Anteile nach §27a EStG beim Verkauf vorsehen.
Unterfinanziertes Österreich: keine Besserung in Sicht
Österreich gehört zu den Schlusslichtern bei der Verfügbarkeit von Risikokapital in der OECD. Dies wird auch im KMU Bericht des BMAW festgehalten: "Betrachtet man den Anteil an Private Equity in Prozent des BIP, so liegt Österreich mit 0,22 % im Jahr 2021 deutlich unter dem europäischen Durchschnittswert von 0,75 %" (5). Von Spitzenreitern wie Luxemburg ist man da noch meilenweit entfernt. Unternehmen, insbesondere Startups und Spin-offs, sollen endlich mehr Möglichkeiten bekommen, sich zu finanzieren. Studien belegen die positiven Effekte von zusätzlichem Risikokapital für den österreichischen Wirtschaftsstandort (6). Das einzige, was bisher vorgelegt wurde, ist das Wagniskapitalfondsgesetz. Dieses Gesetz wurde von Expert:innen scharf kritisiert, weil es zu kompliziert ist und wesentlich von internationalen Vorbildern abweicht. Damit ist es nicht geeignet, das Ziel zu erfüllen, Österreich aus den hintersten Rängen bei der Risikokapitalfinanzierung zu holen. Der heimische Standort muss attraktiver gegenüber heimischen wie internationalen Investor:innen werden. NEOS fordern die Einführung von Risikokapitalgesellschaften nach internationalem Vorbild.
Weitere Maßnahmen zur Entlastung der österreichischen Unternehmen
Wie der lange Forderungskatalog in den jährlichen Startup-Monitor-Berichten zeigt, gibt es viele weitere Schrauben, an denen gedreht werden muss, um den Wirtschaftsstandort Österreich von der Mittelmäßigkeit in Richtung Weltspitze zu bringen. Österreich muss die Spitzenposition bei der Steuerbelastung auf Arbeit gezielt angehen und vor allem die Lohnnebenkosten massiv senken. Startups haben zudem große Schwierigkeiten, internationale Talente nach Österreich zu holen. Das jetzige System der Rot-Weiß-Rot Karte wurde zwar in den letzten Jahren vielfach geändert, dennoch ist es noch immer viel zu kompliziert und dauert viel zu lange. Es braucht ein Einwanderungsgesetz, dass die Kompetenzen an einer Stelle bündelt und gleichzeitig sicherstellt, dass eine Rot-Weiß-Rot Karte innerhalb von wenigen Wochen ausgegeben wird, statt wie derzeit erst nach mehreren Monaten.
NEOS fordern deutlich mehr Ambition bei der Verbesserung von Rahmenbedingungen für heimische Startups. Bis zum Herbst 2023 soll ein umfassendes Startup-Paket vorgelegt werden, welches zumindest eine neue Gesellschaftsform enthält, mit der rein digitale Gründungen, innerhalb von 24 Stunden, mit geringen Kosten, ohne Notariatsaktspflichten und auf Englisch möglich sein sollen. Zudem soll angelehnt an internationale Spitzenreiter ein Rechtsrahmen für Risikokapitalgesellschaften vorgelegt werden, dass geeignet ist, Österreich aus den hintersten Rängen bei der Risikokapitalfinanzierung zu holen.
Quellen:
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Der Nationalrat wolle beschließen:
"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft sowie der Bundesminister für Finanzen und die Bundesministerin für Justiz, wird aufgefordert, ein umfassendes Startup-Paket vorzulegen, welches zumindest eine neue Gesellschaftsform enthält, mit der rein digitale Gründungen, ohne Notariatsaktspflichten und auf Englisch ermöglicht werden. Dazu sollen auch Mitarbeiterbeteiligungen nach internationalem Vorbild eingeführt werden, die eine einheitliche Endbesteuerung der Anteile nach §27a EStG beim Verkauf vorsehen. Weiters soll ein Rechtsrahmen für Risikokapitalgesellschaften angelehnt an internationale Spitzenreiter vorgelegt werden, der geeignet ist, Österreich aus den hintersten Rängen bei der Risikokapitalfinanzierung zu holen."
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Wirtschaft‚ Industrie und Energie vorgeschlagen.