3395/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 24.05.2023
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Keine Ermittlungs- und Beschwerdestelle für Misshandlungsvorwürfe gegen Polizist:innen im Innenministerium!

 

Anfang März 2023 stellten die Regierungsfraktionen einen Ministerialentwurf zur Änderung des Gesetzes über das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK- G) vor, welcher die Einrichtung einer Ermittlungs- und Beschwerdestelle für Misshandlungsvorwürfen gegen Polizist:innen vorsieht. Diese soll als Organisationseinheit im Bundesamt für Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) im Innenministerium angesiedelt werden. 

Diese Konstellation wurde sofort von vielen Expert:innen wie z.B. dem Menschenrechtsexperten Manfred Nowak, Annemarie Schlack (Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich) oder Rechtsanwalt Clemens Lahner kritisiert. Auch wir NEOS mahnten von Beginn an zu einem Umdenken. Im Begutachtungsverfahren wurden auch zahlreiche Stellungnahmen (zB von Amnesty International, epicenter.works, ZARA, Volksanwaltschaft, ÖRAK, etc...) abgegeben, die unter anderem die Ansiedelung der Ermittlungs- und Beschwerdestelle innerhalb des Innenministeriums sehr kritisch sehen. Der Kritikpunkt: Durch eine Ansiedelung innerhalb des Innenministeriums wären unabhängige Ermittlungen nicht gewährleistet; auch schafft es kein Vertrauen in der Bevölkerung, wenn die Polizei gegen sich selbst ermittelt.

Aus menschenrechtlicher Sicht ist das zentrale Argument, dass sich aus Artikel 2 und 3 EMRK die Verpflichtung ergibt, dass Untersuchungen von Beschwerden gegen die Polizei unabhängig erfolgen müssen. Das heißt "zwischen Ermittler und dem von der Beschwerde betroffenen Polizeibeamten sollte weder eine institutionelle noch eine hierarchische Verbindung bestehen. Zudem muss die Unabhängigkeit auch in der Praxis bestehen."1 Auch erklärte das Europäische Komitee zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT), eine Institution des Europarates, schon 1999, "dass es weitaus wünschenswerter wäre, wenn die Untersuchungen zu Beschwerden wegen Misshandlungen durch Polizeibeamte von Personen außerhalb der Polizeikräfte geführt würden, die über angemessene Qualifikationen und Kompetenzen verfügen."2 Das CPT hat schon 2014 Österreich daran erinnert, dass für eine "wirkungsvolle Untersuchung der Anschuldigungen von Misshandlungen durch die Polizei die Vorgehensweisen unabhängig und unparteiisch sein und auch so erkannt werden müssen."3

 

Eine unabhängige Stelle hätte nicht nur für (vermeintlich) Betroffene einen Vorteil, sondern auch für die Polizei selbst, die ein hohes Vertrauen in der Bevölkerung genießt und im Großen und Ganzen gute Arbeit leistet. So hielt die Volksanwaltschaft schon 2016 fest: "Eine Initiative in Richtung polizeiexterne Ermittlungsbehörde müsste aber aus Sicht der VA schon deshalb im Interesse des BMI liegen, da die Polizei immer wieder wegen einzelner Misshandlungsvorwürfe, die von Medien aufgegriffen und zum Gegenstand ausführlicher Berichterstattung gemacht werden, in eine – im Ergebnis mitunter nicht gerechtfertigte – optische „Schieflage“ gerät. Eine von der Polizei losgelöste Ermittlungsbehörde würde einerseits Vorwürfe des „Unter-den-Teppich-Kehrens“ minimieren und andererseits die Polizei vor eventuell ungerechtfertigten Vorwürfen schützen."4

 

Quellen:

1.    https://rm.coe.int/stellungnahme-des-menschenrechtskommissars-des-europarates-zur-unabhan/16806dab03

2.    https://rm.coe.int/1680653e0c

3.    https://rm.coe.int/CoERMPublicCommonSearchServices/DisplayDCTMContent?documentId=0900001680653ec4

4.    https://volksanwaltschaft.gv.at/downloads/7kulq/PB39nachpr%C3%BCfend.pdf

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzesvorschlag vorzulegen, der die Einrichtung einer unabhängigen Ermittlungs- und Beschwerdestelle bei Misshandlungsvorwürfen gegen Polizist:innen außerhalb des Bundesministerium für Inneres vorsieht."  

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für innere Angelegenheiten vorgeschlagen.