3397/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 24.05.2023
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen
betreffend Mehr Mitteleffizienz bei Bildungskarenz
Mit Geld der Versicherten finanziert das AMS in steigender Zahl Bildungskarenzen. Wie der Rechnungshof in seinem Bericht zu III-919 d.B. feststellt, entfallen mehr als 50% der Fälle auf Elternteile, die mit der Bildungskarenz ihre Elternkarenz (mit einkommensabhängigem Kinderbetreuungsgeld) verlängern. Überdurchschnittlich gut ausgebildete und im Schnitt recht junge Menschen nehmen typischerweise Bildungskarenz in Anspruch. So kauft das AMS mit Geld der Versicherten gesuchte junge Arbeitskräfte für ein Jahr aus einem Arbeitsmarkt hinaus, der ohnehin leergefegt ist.
Um die Funktionsweise des Arbeitsmarktes zu verbessern, hätte das Modell Bildungskarenz als Instrument der aktiven Arbeitsmarktpolitik die berufliche Aus- und Weiterbildung fördern sollen, damit auch wenig Qualifizierte sich eine bessere Position auf dem Arbeitsmarkt schaffen können. Doch die gesetzlichen Mindestanforderungen für eine Bildungskarenz sind sehr gering und erlauben den Beziehenden von Weiterbildungsgeld eine sehr große Freiheit bei der Wahl der "Bildungsangebote". So werben Anbieter mit Studienaufenthalten in verschiedenen Ländern der Welt. Auch Sprachkurse auf Anfängerniveau sind zugelassen. Kochkurse, Yogakurse und Schauspielkurse werden vom AMS ebenfalls anerkannt, solange die Bildungskarenz dem Übergang in die Selbständigkeit dient. Das Absolvieren von Prüfungen ist nicht erforderlich. Auch reine Fernlehrkurse, die zu 100% von zuhause absolviert werden, sind zulässig. Lediglich Hobbykurse sind ausgeschlossen und so wurden im Jahr 2021 nur 446 von 24.996 Anträgen auf Weiterbildungsgeld abgelehnt. (1)
Grundsätzlich hängt der Bezug von Weiterbildungsgeld an der Weiterbildungspflicht. Doch die praktische Auslegung ist, dass bis zu 75% des vorgeschriebenen Stundenausmaßes im Selbststudium erfolgen kann. Schon alleine durch die Anmeldung zu Lehrveranstaltungen an der Universität kann Weiterbildungsgeld für ein halbes Jahr bezogen werden, weil das Fehlen von Erfolgsnachweisen kein Grund für eine Rückforderung ist. Auch Kursbesuchsbestätigungen werden nicht durchgehend kontrolliert, weswegen Fehlzeiten dem AMS nicht bekannt sind.
Besonders beliebt ist die Bildungskarenz zur Verlängerung der Elternkarenz. Im Jahr 2021 bezogen 7.172 Frauen Weiterbildungsgeld direkt nach dem Kinderbetreuungsgeld. Im Internet wird dieses Modell von privaten Anbietern mit dem Slogan "Babypause verlängern" beworben. Die Zahl dieser Teilnehmerinnen hat sich seit 2017 verzehnfacht (siehe Abbildung).

Insgesamt beliefen sich die Kosten für die Bildungskarenz im Jahr 2021 auf 300 Millionen Euro bzw. 4% der Beitragseinnahmen des AMS. Mit dem Bericht des Rechnungshofes liegen nun konkrete Handlungsempfehlungen für eine Verbesserung der Bildungskarenz vor, um eine effizientere Verwendung der Pflichtversicherungsbeiträge sicherzustellen. Die zentralen Empfehlungen lauten wie folgt:
Das Weiterbildungsgeld aus der Bildungskarenz wird auch für die Beantragung eines Selbsterhalterstipendiums als Einkommen anerkannt. Wer also nach drei Jahren Erwerbstätigkeit ein Hochschulstudium in Bildungskarenz beginnt, kann bezahlt auf Kosten der Arbeitslosenversicherung studieren (Weiterbildungsgeld) und danach mit Selbsterhalterstipendium weiterstudieren.
Österreich leistet sich eine besonders teure Arbeitslosenversicherung:
Der ineffiziente Mitteleinsatz für Bildungskarenzen von gut Ausgebildeten, Bildungskarenzen ohne Erfolgsnachweis und Bildungskarenzen von besonders jungen Menschen trägt eine Teilschuld an der hohen Belastung der Löhne und Gehälter durch Versicherungsbeiträge an die Arbeitslosenversicherung. Wer die Erwerbstätigen entlasten will, muss das Geld der Versicherten auf die notwendigen und zielgerichteten Maßnahmen begrenzen.
Quellen:
(1) Rechnungshofbericht, 28. April 2023, https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/news/news/news_3/Weiterentwicklung_der_Bildungskarenz_notwendig.html
(2) derStandard.at, 28. April 2023, https://www.derstandard.at/story/2000145959459/rechnungshof-kritisiert-geringe-anforderungen-bei-bildungskarenz
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Der Nationalrat wolle beschließen:
"Die Bundesregierung,
insbesondere der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft, wird aufgefordert
das Modell Bildungskarenz, basierend auf den Empfehlungen des Rechnungshofes,
so einzuschränken, dass die Mittel der Arbeitslosenversicherung gezielt
und messbar zur Verbesserung der Arbeitsmarktchancen von Personengruppen
eingesetzt werden, die auf dem Arbeitsmarkt Risikogruppen darstellen."
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Arbeit und Soziales vorgeschlagen.