3402/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 24.05.2023
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Bundes-Raumordnungsrahmengesetz schaffen

 

Jeden Tag gehen in Österreich 11,5 Hektar produktiver Boden an Verbauung für Siedlungs- und Verkehrszwecke oder ähnliche Intensivnutzungen verloren - mehr als 16 Fußballfelder. Fast die Hälfte des verbrauchten Bodens wird versiegelt. Jährlich entspricht der Flächenverbrauch in Österreich circa der Fläche von Eisenstadt. Die Regierung hat sich das Ziel gesetzt, den Bodenverbrauch bis 2030 auf 2,5 Hektar pro Tag zu senken, wie dieses Ziel erreicht werden soll, ist allerdings unklar. Der Verfassungsgerichtshof hat zwar 1954 in einer Grundsatzentscheidung festgehalten, dass sowohl der Bund als auch die Länder raumordnende Tätigkeiten entfalten können. Während die Länder nach und nach Raumordnungsgesetze erließen, verzichtet der Bund allerdings bis heute darauf, von seinen Fachplanungskompetenzen Gebrauch zu machen; etwa durch die Schaffung eines Bundesraumordnungsgesetzes. Dabei macht die Schweiz es uns vor - Raumordnungskompetenz auf Bundesebene kann den Bodenverbrauch signifikant senken. 

Neben dem Bodenverbrauch trägt die jetzige Kompetenzverteilung in der Raumordnung stark zur Zersiedlung und zur ungleichen Verteilung von leistbarem Wohnraum bei und hat negative Auswirkungen auf die Energiewende. Österreich kennt auf der Widmungsleiter nur eine Richtung - von Grünfläche zum Bauland. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass Bauland nach der Umwidmung auch direkt als solches verwendet wird. Faktisch bleibt aber viel Bauland unerschlossen oder liegt (vor oder nach Benützung) erschlossen brach. Statt Verdichtung zu fördern oder die Nicht-Nutzung von gewidmetem Bauland zu pönalisieren, wird bei Mehrbedarf einfach neues Grünland umgewidmet - und wird die weitere Zersiedlung, inklusive höheren Erschließungs- und Erhaltungskosten, in Kauf genommen. Der Fokus auf lokale Interessen im gemeinnützigen Wohnbau führt indes dazu, dass geförderter Wohnbau in einigen geeigneten Gemeinden nicht (ausreichend) stattfindet oder Gemeinden mit den Kriterien tricksen, um keine sozial Schwächeren aus anderen Gemeinden bei sich aufnehmen zu müssen. Und nicht umsonst steht in den drei Bundesländern Salzburg, Tirol und Vorarlberg kein einziges Windrad - die mangelnden Kompetenzen des Bundes, hier durchzugreifen, verlangsamen die Energiewende.  

Ohne Bundes-Raumordnungsrahmengesetz fehlen dem Bund die Möglichkeiten, beim Bodenverbrauch, bei der Zersiedlung oder bei nötigen Maßnahmen im Sinne der Energiewende richtig durchzugreifen. Die Zeit drängt. Die österreichische NGO AllRise hat Anfang Mai 2023 eine Staatshaftungsklage gegen die Republik beim Verfassungsgerichtshof eingebracht. Die Klage stützt sich auf die unzureichende Umsetzung gewisser EU-Richtlinien, wie zB die Wasserrahmenrichtlinie, die Nitratrichtlinie, die UVP-Richtlinie oder die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, auf die Österreich bereits mehrmals hingewiesen wurde. Außerdem prangert die NGO den überbordenden Bodenverbrauch an. Durch die zersplitterten Zuständigkeiten, die nicht-existente nationale Bodenschutzstrategie und dem Unwillen der Bundesregierung, eingreifend tätig zu werden, konnte es zu "immer neuen Genehmigungen von Bauvorhaben und überbordendem Bodenverbrauch" kommen. Neben Umwelteffekten gibt es auch monetäre Anreize, auf nationaler Ebene aktiv zu werden - die Nicht-Umsetzung der Richtlinien könnte Österreich im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahren teuer zu stehen kommen.

Ein Bundes-Raumordnungsrahmengesetz soll neben der Regelung von Flächen für bundesländerübergreifende Infrastrukturen (insbesondere im Bereich Schiene) verbindliche Zielvorgaben an die Bundesländer anordnen, in welchem Umfang überhaupt noch Bauland gewidmet werden darf, um so die Bodenversiegelung einzubremsen, und in welchem Umfang die Widmung von Flächen, die dem geförderten bzw. gemeinnützigen Wohnbau vorbehalten sind, vorzusehen ist, dies unter besonderer Berücksichtigung der für Nachverdichtungen vorhandenen Potentiale. 

Insoweit es erforderlich ist, ist die Raumordnungs-Rahmenkompetenz des Bundes verfassungsrechtlich abzusichern. 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, wird aufgefordert, ein Bundes-Raumordnungsrahmengesetz samt einer verfassungsrechtlichen Klarstellung bzw. Absicherung der Raumordnungs-Rahmenkompetenz des Bundes zu erarbeiten und eine Bundesstrategie für Flächenmanagement und Raumordnung zu entwickeln, mit dem Ziel, Bodenverbrauch und Zersiedlung zu stoppen, ausreichend Grundflächen für geförderten bzw. gemeinnützigen Wohnbau verfügbar zu machen und die Energiewende voranzutreiben."  

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Bauten und Wohnen vorgeschlagen.