3404/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 24.05.2023
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Insolvenzrecht für Gebietskörperschaften

Die Osttiroler Gemeinde Matrei leidet schon seit Jahren unter Geldnöten - nun aber droht die Insolvenz. Der Schuldenstand der Gemeinde soll sich auf rund 35 Millionen Euro belaufen. Falls Matrei tatsächlich in den Konkurs schlittert, dann wäre das im Österreich der II. Republik ein Präzedenzfall. Nur vor dem 2. Weltkrieg, in den 1930er Jahren, gab es im Zuge der Wirtschaftskrise einige Insolvenzen von Gemeinden - manche davon leisteten noch bis in die 1990er Jahre Rückzahlungen. (1)

Ausgeschlossen ist der Konkurs einer Gemeinde jedoch nicht. Es laufen intensive Verhandlungen mit den 106 Gläubigern der Gemeinde Matrei i.O. - darunter auch dem Land Tirol - mit dem Ziel, einen Konkurs abzuwenden. Notwendig werden dafür wohl auch - wie in ähnlichen Fällen - Landesgelder sein. Ein Konkurs der Gemeinde Matrei könnte sich negativ auf die Ratings anderer Tiroler Gemeinden auswirken und deren Finanzierungskosten steigen lassen.(2)

Allein ist Matrei im Osttirol mit finanziellen Problemen allerdings nicht. Die anhaltende Teuerung bereitet trotz reichlich sprudelnder Ertragsanteile vielen Gebietskörperschaften Probleme, worauf zuletzt das Zentrum für Verwaltungsforschung (KDZ) hinwies.  Während in Deutschland explizit geregelt ist, dass Gemeinden nicht in Insolvenz gehen können, ist eine Insolvenz für Gemeinden in Österreich grundsätzlich möglich. Trotzdem würde eine Gemeindeinsolvenz faktisch anders ablaufen als die Insolvenz eines Unternehmens. Denn aus dem Verfassungsrecht ergibt sich, dass Gemeinden öffentliche Aufgaben (Kindergarten, Schule, Straße) aufrecht erhalten müssen und diese durch ein Insolvenzverfahren nicht beeinträchtigt werden dürfen. Graubereiche gibt es auch im Fall von Gemeinden bei Vermögenswerten, die nicht zwingend notwendig sind (zB stand bei einer möglichen Insolvenz Kärntens auch der Verkauf von Seegrundstücken zur Debatte).(3) Gemeinden können durch ein Insolvenzverfahren "über viele Jahre jeglichen finanziellen Spielraum und damit auch alle damit verbundenen Gestaltungsmöglichkeiten" verlieren.(4)


 

In Österreich gibt es nach wie vor kein Insolvenzrecht für Gebietskörperschaften, also Länder und Gemeinden. Es ist daher nicht geklärt, welche konkreten Rechtsfolgen die Zahlungsunfähigkeit eines Bundeslandes oder einer Gemeinde nach sich zieht. Konsens besteht hinsichtlich der Frage, dass Bund, Länder und Gemeinden insolvenzfähig sowie exekutionsfähig sind. Unklar ist, inwieweit landeseigenes Vermögen vor dem Zugriff der Gläubiger geschützt ist, da Länder - im Gegensatz zu Gemeinden - nicht explizit in der Exekutionsordnung vorkommen. § 15 Exekutionsordnung sieht für Gemeinden vor, dass die Exekution nur hinsichtlich solcher Vermögensbestandteile bewilligt werden darf, welche ohne Beeinträchtigung öffentlicher Interessen verwendet werden können. Weiters ist auch nur für Gemeinden geregelt, wie mit Zahlungen aus dem Finanzausgleich vorzugehen ist. Es ist an der Zeit, die derzeitige Regelungen rund um eine Insolvenz der Gebietskörperschaften zu überarbeiten.(5)

Ein Insolvenzrecht für Gebietskörperschaften würde außerdem einen Beitrag dazu leisten, dass die Konsequenzen von unverantwortlichem wirtschaftlichen Handeln dort zu tragen sind, wo die unverantwortlichen Entscheidungen getroffen wurden. Andernfalls zahlen die Steuerzahler solide wirtschaftender Gemeinden für die Spendierpolitik von populistischen Politikern und deren Wählerschaft.

Quellen:

  1. https://www.wienerzeitung.at/themen/stadt-und-land/917925-Wenn-Gemeinden-in-die-Pleite-schlittern.html
  2. https://kurier.at/politik/inland/pleitegeier-ueber-matrei-osttitoler-gemeinde-hat-millionen-euro-schulden/402439611
  3. https://www.derstandard.at/story/2000146258155/der-gemeinde-matrei-droht-der-konkurs-ist-das-erst-der
  4. https://www.wienerzeitung.at/themen/stadt-und-land/917925-Wenn-Gemeinden-in-die-Pleite-schlittern.html
  5. https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10001700

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen in Abstimmung mit allen weiteren zuständigen Mitgliedern der Bundesregierung, wird aufgefordert, umgehend einen Gesetzesentwurf vorzulegen, demzufolge Regelungen im Falle der Insolvenz einer Gebietskörperschaft getroffen werden. Insbesondere müssen folgende Aspekte berücksichtigt werden:

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Budgetausschuss vorgeschlagen.