3421/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 25.05.2023
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

des Abgeordneten Walter Rauch

und weiterer Abgeordneter

betreffend Klärschlamm als Rohstoffquelle nutzen

 

Der Bundes-Abfallwirtschaftsplan 2023[1] befasst sich detailliert mit dem Thema Klärschlamm: „Kommunaler Klärschlamm ist ein Gemisch aus Feststoffen und Wasser, welches bei der Reinigung von Abwässern in kommunalen Abwasserreinigungsanlagen anfällt.

Die in Klärschlamm enthaltenen Feststoffe bestehen aus einer Mischung von festen Inhaltsstoffen, die aus dem Abwasser abgetrennt wurden (Primärschlamm) und dem aus Bakterien, Pilzen und Protozoen bestehenden Belebtschlamm. Ein Teil dieses in Nachklärbecken abgetrennten Belebtschlammes wird in die Abwasserbehandlung rückgeführt. Bei größeren Kläranlagen wird überschüssiger Belebtschlamm einer anaeroben Behandlung unterzogen, um die noch enthaltenen organischen Stoffe weiter abzubauen und das dabei entstehende Klärgas energetisch zu nutzen. Danach folgen die Eindickung und Entwässerung und manchmal eine Trocknung des Klärschlamms.

Rund 4 % der österreichischen Haushalte sind nicht an das öffentliche Kanalnetz angeschlossen. Die Sammlung der Abwässer dieser Haushalte erfolgt in abflusslosen Hauskläranlagen, in Senkgruben und ähnlichen Einrichtungen. Meist werden die gesammelten Abwässer in kommunale Kläranlagen transportiert.

Klärschlamm enthält Pflanzennährstoffe wie Stickstoff, Phosphor, Schwefel oder Kalk. Klärschlamm kann aber auch mit Stoffen wie biologisch schwer abbaubaren organischen Verbindungen, Schwermetallen, Nanomaterialien, Mikroplastik, pathogenen Mikroorganismen oder hormonell wirksamen Substanzen belastet sein.


 

Aufkommen


Von den kommunalen Abwasserreinigungsanlagen mit einer Kapazität ab 2.000 EW60 (Einwohnerwert organisch, 60g BSB5/EW und Tag) wurden 2020 insgesamt rd. 228.200 t (gerechnet als Trockensubstanz, TS) Klärschlämme erzeugt.

Sammlung und Behandlung


2020 wurde die Behandlung von rd. 228.200 t TS kommunalem Klärschlamm statistisch erfasst. Davon wurden

·    rd. 21 % auf landwirtschaftlichen Flächen aufgebracht,

·    rd. 52 % unter Nutzung der Abwärme thermisch behandelt (auch dezentral) und

·    rd. 27 % sonstig behandelt (z. B. Kompostierung, mechanisch-biologische Behandlung, Vererdung).

Die nachfolgende Tabelle 89 zeigt das Aufkommen der Klärschlämme in den kommunalen Kläranlagen mit einer Kapazität ab 2.000 EW60 und die Behandlung je Bundesland.

Ein Bild, das Text, Screenshot, Zahl, Karte Menü enthält.

Automatisch generierte Beschreibung

Maßnahmen


Phosphor ist eine essentielle und nicht substituierbare Ressource, die für die Sicherung der Nahrungsmittelproduktion auf nationaler und globaler Ebene unverzichtbar ist. Ziel bei der Bewirtschaftung von kommunalen Klärschlämmen ist daher die Rückgewinnung von Phosphor unter weitgehender Zerstörung bzw. Schaffung verlässlicher Senken für die im Klärschlamm enthaltenen Schadstoffe (Hormone und endokrin wirkende Substanzen, pathogene Keime, Arzneimittelrückstände, Schwermetalle, Mikroplastik und
Nanomaterialen).
Dies soll im Rahmen der Neufassung der Abfallverbrennungsverordnung 2022
(AVV 2022) realisiert werden, indem detaillierte Vorgaben zur Behandlung von Klär-
schlamm aus Abwasserreinigungsanlagen mit einem Bemessungswert ab 20.000 EW60 vorgeschrieben werden. Konkret soll hinkünftig eine Verbrennung dieser kommunalen Klärschlämme und eine Rückgewinnung des Phosphors aus der Verbrennungsasche durchgeführt werden. Alternativen zur Verbrennung sollen möglich sein, sofern insgesamt zumindest 60 Masseprozent des Phosphors bezogen auf den Kläranlagenzulauf der spezifischen Abwasserreinigungsanlage zurückgewonnen werden.

Das ÖWAV-Expertenpapier „Verwendung von kommunalem Abwasser und Klärschlamm zur Herstellung von Rohstoffen für EU-Düngeprodukte“ liefert Informationen und Empfehlungen für die Verbrennung von Klärschlamm, was die Rückführung von Nährstoffen (als Ausgangstoffe für Düngemittel) im Sinne der Kreislaufwirtschaft betrifft.

Generell sollen die in der AVV 2022 festgelegten Behandlungswege auch von Abwasserreinigungsanlagen mit einem Bemessungswert kleiner 20.000 EW60 angestrebt werden. Alternativ ist für diese Anlagen jedoch auch die Nutzung der im Klärschlamm enthaltenen Nährstoffe durch die Aufbringung auf dem Boden oder Kompostierung möglich.

Bei der Aufbringung auf dem Boden sind die zum Teil unterschiedlichen Bodenschutzgesetze und Klärschlammverordnungen der Länder einzuhalten. Bei der Verwendung von Klärschlämmen zur Düngung und Bodenverbesserung findet die Verwertung erst mit dem tatsächlichen Einsatz, also dem Aufbringen auf dem Boden, statt. Es handelt sich dabei um eine Behandlung von Abfällen, die entsprechend den Vorgaben der Abfallbilanzverordnung aufzuzeichnen und zu melden ist. Diese Verpflichtungen zur Aufzeichnung und Meldung betreffen jeden, der Klärschlämme verwertet, auch land- und forstwirtschaftliche Betriebe.

Die Kompostierung von Klärschlämmen hat gemäß der Kompostverordnung zu erfolgen. Hierzu sind aus fachlicher Sicht Qualitäts-Klärschlämme mit geringer Schwermetallbelastung für eine unmittelbare Verwendung besser geeignet als höher belastetet Schlämme aus Großkläranlagen.

Aufgrund der Problematik organischer Schadstoffe in Klärschlämmen ist jedoch der Einsatz von Klärschlammverbrennungsasche als Phosphorträger der Verwendung von Klärschlamm in der Kompostierung oder in direkter Ausbringung vorzuziehen.

Das ÖWAV-Expertenpapier „Verwertungswege für kleinere kommunale Anlagen“ liefert zusätzlich Hinweise für die Behandlung von Klärschlamm aus Abwasserreinigungsanlagen mit einem Bemessungswert kleiner 20.000 EW60.“

 

Rohstoffe sinnvoll nutzen

 

Im Kapitel „5. Vorgaben und Maßnahmen“ wird festgehalten, dass „Handlungsbedarf im Bereich des nachhaltigen Phosphorrecyclings aus Klärschlämmen [besteht].“ Die „Rückgewinnung von Phosphor aus der Verbrennungsasche von kommunalen Klärschlämmen oder das Co-processing in der Zementindustrie, in dessen Rahmen eine stoffliche Nutzung der Verbrennungsrückstände und damit ein Ersatz von mineralischen Rohstoffen stattfindet“ wird als integraler Bestandteil der Kreislaufwirtschaft genannt.[2]

„Klärschlämme und biogene Abfälle […] können als Substitut für Rohphosphat dienen. Während im Bereich der Klärschlämme (und auch tierischer Nebenprodukte) über Monoverbrennungsanlagen eine mit Rohphosphat vergleichbare Aufkonzentration von Phosphor möglich ist und angestrebt wird, kann die Verwertung biogener Abfälle (Kompostierung, Biogasproduktion) den Phosphatkreislauf in der Landwirtschaft unmittelbar schließen. Von einem geschätzten Stofffluss von 30.000 t/a an Phosphat könnten rd. 40 % durch Aschen aus der Monoverbrennung von Klärschlamm (6.600 t/a) und Tiermehl (5.500 t/a) substituiert werden“, heißt es ferner.[3]

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, um den Phosphatkreislauf in der Landwirtschaft zu schließen und in Abstimmung mit den Bundesländern Klärschlamm nicht länger auf landwirtschaftlichen Flächen aufzubringen, sondern als Rohstoffquelle zu begreifen und nutzen.“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Umweltausschuss vorgeschlagen.



[1] https://www.bmk.gv.at/dam/jcr:07c02028-7839-4ab9-8587-76bc1e42f679/Bundes-Abfallwirtschaftsplan_1.pdf, 192-194.

[2] Ebd. 346-348.

[3] Ebd. 376.