3423/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 25.05.2023
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Parlamentarische Materialien

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Martin Litschauer, Johannes Schmuckenschlager, Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen

 

betreffend geologische Auswertungen im Zuge der Baumaßnahmen für das AKW PAKS II

 

BEGRÜNDUNG

 

Wie bereits im einstimmig beschlossenen Entschließungsantrag 257/E XXVII. GP festgehalten, gibt es aus geologischer Sicht schwerwiegende Zweifel an der Standorteignung für zwei am Standort des ungarischen KKW Paks neu zu errichtende Kernkraftwerksblöcke (Paks II).

Im Rahmen des grenzüberschreitenden UVP-Verfahrens wurden damals keine Informationen zur Standorteignung aus geologischer Sicht von ungarischer Seite veröffentlicht, da die einschlägigen Untersuchungen zum Datum des UVP-Verfahrens noch nicht abgeschlossen waren. Zur Genehmigung des Standortes wurde ein rein innerungarisches Verfahren durchgeführt, welches 2017 zu einer Standortgenehmigung führte. Diese Genehmigung war jedoch zeitlich befristet, weshalb ein einschlägiges Verlängerungsverfahren durchgeführt wurde, welches mit einer Verlängerung der Standortgenehmigung am 30. März 2022 abschloss. Eine Voraussetzung für die Verlängerung war, dass sich keine neuen Erkenntnisse zur Standort-Eignung ergeben haben.

Hier ist anzumerken, dass seitens Österreich noch vor Beginn des ungarischen Verfahrens zur Verlängerung der Standortgenehmigung, ein umfangreiches Gutachten vorgelegt wurde, welches auf Widersprüche zwischen den Standortuntersuchungen, dem Antrag auf Standortgenehmigung und der Standortgenehmigung selbst – jeweils mit Verweis auf das geltende ungarische Regelwerk - herausarbeitete. So hat ein Gutachten des österreichischen Umweltbundesamtes im Auftrag des Klimaschutzministeriums (https://www.umweltbundesamt.at/uvpkkwpaksii) ergeben, dass es am Standort Paks in den letzten 10 000 Jahren wiederholt zu schweren Erdbeben gekommen ist, wonach der Standort nach ungarischem Recht ungeeignet für den Bau eines AKWs ist. Basis des Gutachtens waren umfassende paläoseismologische Studien in der Region. Das erwähnte österreichische Gutachten ist der ungarischen Atomaufsicht bekannt und die ungarischen und österreichischen Expert:innen sind diesbezüglich im Austausch. Es besteht jedoch der begründete Verdacht, dass sowohl die ursprüngliche Standortgenehmigung als auch deren Verlängerung um fünf Jahre auf Basis unvollständig referierter Grundlagenstudien von der ungarischen Atomaufsicht erteilt wurden und dass der Standortort Paks nicht den ungarischen Kriterien entspricht.


Zudem legen die Ergebnisse der Standortuntersuchungen nahe, dass sich die vier in Betrieb befindlichen AKW-Blöcke auf geologischen Störungen ebenso situiert befinden. Diese Störungen könnten auch zukünftig zu geologischen Verwerfungen mit Auswirkungen bis an die Erdoberfläche, hinein in den Fundamentbereich der vier Blöcke haben. Ob die vier in Betrieb befindlichen AKW-Blöcke einem solchen Erdbebenereignis standhalten könnten, ist mangels einschlägiger Untersuchungen in Zweifel zu ziehen. Diesem Umstand kommt zweifache Bedeutung zu:

 

a.)  Die Auslegung der vier in Betrieb befindlichen Kernkraftwerksblöcke (VVER-440) sind nicht auf potentielle Erdbeben mit Oberflächenversatz ausgelegt. Die seismischen Ertüchtigungen an den Anlagen gingen bislang nicht davon aus, dass Erdbeben auch zu einer Veränderung im Oberflächenbereich führen können. Die Problematik einer Erdbebengefahr, insbesondere durch Versatz bis zur Oberfläche, hat im UVP-Verfahren bzgl. der Verlängerung der Betriebsdauer der Blöcke 1 bis 4 des KKW Paks, welches ab dem Jahr 2005 auch mit Österreich durchgeführt wurde, noch keine Beachtung gefunden.

 

b.)  Die vier in Rede stehenden KKW-Blöcke sollen – entgegen der Aussage Ungarn im Zuge der Genehmigung der neuen KKW-Blöcke von Paks II, nicht stillgelegt werden, sondern einer weiteren Betriebsverlängerung von bis zu 20 Jahre zugeführt werden.


Hieraus ergeben sich bedeutende Kritikpunkte an der Entscheidung für die Verlängerung der Standortlizenz, die Errichtung neuer AKW-Blöcke im ungarischen Paks sowie auch gravierende Bedenken bzgl. des Weiterbetriebs der bestehenden vier AKW Blöcke in Paks.

 

Die Klärung der offenen Fragen zur Standorteignung sollte auch im ureigensten ungarischen Interesse gelegen sein, da so das Ausmaß etwaiger Verwerfungen und somit die Standortsicherheit für die bereits im Betrieb befindlichen Reaktorblöcke abgeklärt werden kann sowie auch für jene der neu zu errichtenden Blöcke.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten und die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, werden ersucht, sich mit allen ihnen zur Verfügung stehenden rechtlichen, politischen und diplomatischen Mitteln auf EU- und bilateraler Ebene für begleitende wissenschaftliche Untersuchungen während des Grubenaushubes für die neu zu errichtenden Atomkraftreaktoren am Standort Paks im Nachbarstaat Ungarn einzusetzen.“

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Umweltausschuss vorgeschlagen.