3441/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 14.06.2023
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Komplettausstieg aus russischem Gas und ein Ende der Kriegsfinanzierung durch österreichische Gaskunden noch 2023

Der ungeheuerliche Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine ist eine Zäsur für die Welt und ganz besonders für Europa. Während andere Länder angesichts dieser Zeitenwende entschlossen die Lehren gezogen haben, hat die österreichische Bundesregierung wenig Führung in der Frage gezeigt, wie Freiheit und Sicherheit der Menschen in Österreich zukünftig gewährleistet werden sollen.

Besonders sichtbar wird das daran, dass Österreich noch immer abhängig von Putins Gas und somit weiterhin erpressbar ist. 

Die Zeitenwende ist in Österreich nicht angekommen. Die Position der österreichischen Bundesregierung scheint zu sein: nur nicht bewegen, alles soll möglichst beim Alten bleiben. Man gibt sich der Illusion hin, dass man die Situation durchtauchen könne und man sich dann wieder mit Moskau arrangieren werde. Doch man verkennt, dass Russland auf lange Zeit kein verlässlicher Partner mehr sein wird und in russischen Medien offen mit Angriffen auf die EU gedroht wird.

Es wäre längst an der Zeit, dass Österreich die entsprechenden Schlüsse zieht, sein Verhältnis zu einem imperialistisch agierenden Russland neu bewertet und man gemeinsam mit europäischen Partnern entschieden gegen einen Eroberungskrieg, Gebietsannexionen und das offen angestrebte Ziel, die Ukraine und sein Volk zu unterjochen, auftritt. Die simple Frage lautet: In welcher Welt wollen wir leben? Gerade kleine Staaten können kein Interesse daran haben, dass die internationale Friedensordnung derart gebrochen wird, dass wieder das Recht des Stärkeren gilt.

Wir wollen nicht käuflich oder erpressbar sein, sondern frei und selbstbestimmt leben

Putins Regime hat über Jahrzehnte gezielt in die Feinde eines starken und geeinten Europas investiert sowie Desinformationskampagnen durchgeführt und finanziert. Aber ebenso wie die Unterstützung von links- und rechtsextremen Parteien wurden Energieinfrastruktur, Rohstoffpolitik und wirtschaftliche Verflechtungen Mittel zur Einflussnahme in Europa. Österreich war hier besonders anfällig. Auch nachdem Teile Georgiens oder der Ukraine besetzt wurden und immer klarer wurde, dass Putin mit Gewalt gegen Kritiker:innen und politische Gegner:innen vorgeht, wurde er in Österreich von Vertreter:innen von Bundesregierung und Wirtschaftskammer freundschaftlich empfangen. Während andere Staaten wie Polen, Estland, Lettland oder Litauen bereits begonnen haben, wirtschaftliche Abhängigkeiten abzubauen, wurden in Österreich Schritte unternommen, die uns stärker an Russland gebunden haben. 2022 stand Österreich - so wie SPÖ, ÖVP und FPÖ- vor dem Scherbenhaufen ihrer russlandfreundlichen Haltung und seither eiert die Bundesregierung sicher- und außenpolitisch zwischen einem Lippenbekenntnis, die Ukraine zu unterstützen, und einer Rolle als europäischer Bremser umher.

Die fehlende Strategie von Türkis-Grün ist insbesondere beim Thema Energie spürbar. Nach wie vor importiert Österreich über 70 Prozent seines Gasbedarfs aus Russland und bleibt damit weiter unter den am stärksten abhängigen Staaten Europas. Österreich zahlt monatlich über eine Milliarde Euro in Russlands Kriegskasse und finanziert damit trotz angeblicher Solidarität mit der Ukraine Putins Panzer, Granaten und Soldaten. Unser Land ist nach wie vor fest in Putins Würgegriff und die Regierung hat weder die notwendigen Entscheidungen getroffen noch nennenswerte Schritte gesetzt, um uns tatsächlich von Putins Gas zu lösen. ÖVP und Grüne müssten jetzt dafür sorgen, dass unser Gasbezug diversifiziert wird und dass wir unseren Bedarf senken, indem man Barrieren, Hindernisse und Blockaden beseitigt, um die anhaltende Stagnation des Erneuerbaren-Ausbaus zu beenden und schneller in den Ausbau sogenannter „Freiheitsenergien“ investieren zu können. Denn der Ausbau der erneuerbaren Energien in Österreich beendet nicht nur unsere Zahlungen an Putin, sondern sichert auch unseren Wirtschaftsstandort durch leistbare, heimische Energien. So verbessern wir die Importbilanz unserer Volkswirtschaft und schaffen die Grundvoraussetzung, dass wir unsere klimapolitischen Verpflichtungen einhalten.

Dieses Herumlavieren ist nach einem Jahr Krieg, mit hunderttausenden Toten und zahllosen Kriegsverbrechen, sowie ständig neuer Drohungen Putins gegen die freie Welt, untragbar. Es wird Zeit, dass in Österreich ein Paradigmenwechsel vollzogen wird und wir uns in Europa endlich klar auf die Seite von Freiheit, Recht und Selbstbestimmung stellen und uns auch ohne Seitenblicke auf eine längst überholte Neutralitätsinterpretation in die Verteidigung dieser Werte aktiv und unumwunden einbringen.

Energie als Grundlage des ungelösten Problems

Entscheidend wird hier endlich eine effektive Energiepolitik sein. Energie ist und bleibt die Grundlage unserer Wirtschaft und ohne leistbare Energie steht der Standort Österreich, und damit viele Arbeitsplätze, unter Druck. Von Seiten der Regierung wird noch immer unterschätzt, wie dramatisch diese Entwicklung ist. Unsere Unternehmen – also unsere Arbeitsplätze und unser Wohlstand - sind in einem globalen Markt eingebettet und unsere Industrie hat gegenüber der Industrie in Kanada, den USA, Brasilien oder Ostasien einen massiven Nachteil, wenn dort Energie um bis zu 70% weniger kostet. Wir müssen Schritte setzen, die in Zukunft günstigere Energie sicherstellen. Der Zukauf von LNG aus den USA oder aus Qatar ist langfristig nicht die Antwort, sondern maximal eine Notlösung für einige Jahre - denn wir dürfen nicht von einer teuren fossilen Importabhängigkeit in die nächste gelangen.

Auch für die Haushalte in diesem Land wird die Situation untragbar. Monatliche Vorschreibungen verdoppeln und verdreifachen sich, weil seit Jahren der Ausbau der Erneuerbaren in Österreich stagniert und immer noch ein viel zu hoher Teil der Stromerzeugung und der Wärme für Haushalte und Industrie auf fossiler Energie basiert. Jahrelang wurde die Energiewende hin zu billiger, heimischer Energie verschlafen oder bewusst sabotiert. Der Krieg in der Ukraine und die damit zusammenhängende Energiekrise hätte unsere Republik aus dem Dornröschenschlaf wecken müssen. Doch trotz aller Lippenbekenntnisse ist auch nach einem Jahr Krieg keine Aufbruchstimmung in der Energiepolitik ersichtlich. Nach wie vor behindert eine im internationalen Vergleich behäbige und langsame Bürokratie den Ausbau und Anschluss von erneuerbaren Energieträgern. Noch immer stagniert der Netzausbau in Österreich und weiterhin machen Willkürverordnungen, Opportunismus sowie politische Blockaden Erneuerbaren-Erzeugern das Leben schwer. Und nach wie vor fehlen auf Bundesebene und Landesebene teilweise seit Jahren vollmundig versprochene Gesetzesmaterien, die für den Ausbau der Erneuerbaren notwendig wären. So wie die Bundesministerin Gewessler selbst in der Anfragebeantwortung 13085/AB vom 22. Februar 2023 zugibt, war die Regierung seit Ausbruch des Krieges nicht in der Lage, eine einzige wesentliche Gesetzesmaterie, die den Ausbau von Erneuerbaren beschleunigen würde, durch das Parlament beschließen zu lassen und in Kraft zu setzen. Selbst die seit Jahren ausständige Novelle der UVP, die nach monatelangem regierungsinternen Hickhack immerhin schon durch den Umweltausschuss abgesegnet wurde, kam wohl nur aufgrund des massiven Drucks der Branche und eines drohenden Vertragsverletzungsverfahrens durch die EU zustande. Wie eine Zeitenwende tatsächlich aussehen kann, zeigen verschiedene Länder in Europa: Deutschland hat 2022 ein Osterpaket sowie ein Entbürokratisierungspaket für den Ausbau der Erneuerbaren in Kraft gesetzt und die Abhängigkeit von russischen Importen auf 0% reduziert, wie auch alle Staaten des Baltikums, Polens oder die Tschechische Republik.

Dieses Zögern geht den Bürger:innen und Unternehmen dieses Landes, die unter den viel zu hohe Energiepreisen leiden, längst zu weit: Die öffentliche Unterstützung für den Ausbau der Erneuerbaren und der Netzinfrastruktur ist laut Umfragen höher denn je. Im Dezember haben weiters 160 Unternehmen aus Industrie und Gewerbe sowie zahlreiche Umweltorganisationen die Regierung in einem Appell aufgefordert, beim Ausbau der heimischen Erneuerbaren endlich ins Tun zu kommen und die Hindernisse zu beseitigen.

Die Bürger:innen und unsere Unternehmen wollen nicht mehr erpressbar sein, sondern in einem freien, selbstbestimmten Land leben. Österreich braucht eine Bundesregierung, die das Schweigen in Bezug auf diese Zeitenwende beendet. Eine Regierung, die für die Sicherheit, Freiheit und Unabhängigkeit der Menschen und der Wirtschaft in Österreich sorgt und entsprechende politische Schritte setzt, die Österreich als Teil der freien, demokratischen, regelbasierten Ordnung in der Welt positioniert.

Zusätzlich zu diesen Sachverhalten läuft 2024 der Liefervertrag für russisches Gas durch ukrainisches Territorium aus und derzeit besteht aufgrund der andauernden Kampfhandlungen und der weiterhin aggressiven Strategie Russlands eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass dieser Vertrag nicht verlängert wird. Somit ist es wahrscheinlich, dass wir spätestens nächstes Jahr ohnehin ohne russische Gaslieferungen auskommen müssen und entsprechende Vorbereitungen getroffen werden müssen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, einen Plan vorzulegen, nach dem Österreich bis 31. Dezember 2023 vollständig aus russischem Gas auszusteigen hat und alle rechtlichen Grundlagen zu schaffen, um entsprechende Importe zu unterbinden, solange die Russische Föderation ukrainisches Territorium völkerrechtswidrig besetzt hält."

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Wirtschaft‚ Industrie und Energie vorgeschlagen.