3464/A XXVII. GP

Eingebracht am 14.06.2023
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Antrag

der Abgeordneten Lukas Hammer, Tanja Graf

Kolleginnen und Kollegen

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Erdölbevorratungsgesetz 2012 (EBG 2012) geändert wird

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem das Erdölbevorratungsgesetz 2012 (EBG 2012) geändert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Bundesgesetz über die Haltung von Mindestvorräten an Erdöl und Erdölprodukten (Erdölbevorratungsgesetz 2012 – EBG 2012), BGBl. I Nr. 78/2012, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 17/2020, wird wie folgt geändert:

1. § 24 Abs. 1 samt Überschrift lautet:

Verletzung der Vorratspflicht

§ 24. (1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht eine Verwaltungsübertretung, wer in einem Kalendermonat der Bevorratungsperiode seiner Vorratspflicht nach § 4 nicht nachkommt, und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 116 240 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen und für den Fall der fahrlässigen Begehung mit Geldstrafe bis zu 58 120 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu drei Wochen zu bestrafen.“

2. Nach § 24 wird folgender § 24a eingefügt:

§ 24a. (1) Die Bezirksverwaltungsbehörde kann Geldstrafen gegen juristische Personen verhängen, wenn Personen, die entweder allein oder als Teil eines Organs der juristischen Person gehandelt haben und eine Führungsposition innerhalb der juristischen Person aufgrund

           1. der Befugnis zur Vertretung der juristischen Person,

           2. der Befugnis, Entscheidungen im Namen der juristischen Person zu treffen, oder

           3. einer Kontrollbefugnis innerhalb der juristischen Person

innehaben, zugunsten der juristischen Person gegen die in § 4 angeführten Verpflichtungen verstoßen haben.

(2) Juristische Personen können wegen Verstößen gegen die in § 4 angeführten Pflichten auch verantwortlich gemacht werden, wenn mangelnde Überwachung oder Kontrolle durch eine in Abs. 1 genannte Person die Begehung dieser Verstöße durch eine für die juristische Person tätige Person ermöglicht hat.

(3) Die Geldstrafe gemäß Abs. 1 oder 2 beträgt bis zu 10 vH des jährlichen Gesamtnettoumsatzes oder bis zu dem Zweifachen des aus dem Verstoß gezogenen Nutzens, soweit sich dieser beziffern lässt.

(4) Der jährliche Gesamtnettoumsatz gemäß Abs. 3 bestimmt sich nach dem letzten festgestellten Jahresabschluss. Handelt es sich bei dem Unternehmen um eine Tochtergesellschaft, ist auf den jährlichen Gesamtnettoumsatz abzustellen, der im vorangegangenen Geschäftsjahr im konsolidierten Abschluss der Muttergesellschaft an der Spitze der Gruppe ausgewiesen ist.

(5) Soweit die Bezirksverwaltungsbehörde die Grundlagen für den jährlichen Gesamtnettoumsatz gemäß Abs. 3 nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diesen zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(6) Die Bezirksverwaltungsbehörde hat von der Bestrafung eines Verantwortlichen gemäß § 9 Abs. 7 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG, BGBl. Nr. 52/1991, abzusehen, wenn für denselben Verstoß bereits eine Verwaltungsstrafe nach den vorstehenden Absätzen gegen die juristische Person verhängt wurde.

(7) Die von der Bezirksverwaltungsbehörde gemäß Abs. 1 bis 5 verhängten Geldstrafen fließen dem Bund zu.“

 

 

Begründung

Mit dem vorliegenden Antrag erfolgt eine Anpassung der verwaltungsstrafrechtlichen Regelungen des EBG 2012, um dem Sanktionsregime bei rechtswidrigem Zuwiderhandeln gegen die Vorratspflicht gemäß § 4 EBG 2012 eine ausreichend abschreckende Wirkung zu verleihen.

Zu Z 1 (§ 24 Abs. 1)

Die Erhöhung der Geldstrafdrohung für den Fall der Verletzung der Vorratspflicht gemäß § 4 EBG 2012 ist erforderlich, um einer negativen Signalwirkung entgegenzuwirken, wenn Markteilnehmer, die sich rechtswidrig an der Bevorratung nicht beteiligen, mit einer allenfalls geringen Verwaltungsstrafe belegt werden und sich durch die Tatbegehung allfällige mit der Bevorratung zusammenhängende Kosten ersparen. Eine verstärkte spezial- und generalpräventive Wirkung trägt dazu bei, das Instrument der Erdölbevorratung gemäß dem EBG 2012, welches einen wesentlichen Beitrag zur Energieversorgungssicherheit der Republik Österreich leistet, zu stärken. Die Energieversorgungssicherheit stellt ein gewichtiges öffentliches Interesse dar. Im Übrigen wird durch gegenständliche Anpassung zur Erfüllung der Richtlinie 2009/119/EG zur Verpflichtung der Mitgliedstaaten, Mindestvorräte an Erdöl und/oder Erdölerzeugnissen zu halten, ABl. Nr. L 265 vom 09.10.2009 S. 9, zuletzt geändert durch die Durchführungsrichtlinie (EU) 2018/1581, ABl. Nr. L 263 vom 22.10.2018 S. 57, beigetragen, indem die rechtswidrige Nichterfüllung der Vorratspflicht unter erhöhte Strafdrohung gestellt wird.

Die Bevorratungsperiode ist gesetzlich gemäß § 5 EBG 2012 als Zeitraum vom 1. Juli bis zum 30. Juni des darauffolgenden Kalenderjahres definiert. Mit einer einmaligen Bestrafung galt gemäß der bisherigen Regelung der gesamte Unrechtsgehalt mit Blick auf die betreffende Bevorratungsperiode als abgegolten. Aufgrund des an der Haltung von Pflichtnotstandsreserven bestehenden öffentlichen Interesses erscheint eine Anknüpfung an den Kalendermonat der Bevorratungsperiode als notwendig.

Die Regelung der Ersatzfreiheitsstrafe erfolgt im Einklang mit Art. 3 Abs. 2 des Bundesverfassungsgesetzes vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl. Nr. 684/1988, welches Obergrenzen festlegt.

Zu Z 2 (§ 24a)

Für den Fall des Verstoßes gegen die Vorratspflicht wird eine Verbandsverantwortlichkeit der juristischen Person festgelegt, die von einem Rechtsbruch entsprechend profitiert.

In Abs. 1 und 2 wird festgelegt, dass die Strafbarkeit eine Ingerenz im Verhältnis des Verbandes zum Verhalten einer natürlichen Person voraussetzt (Tatbegehung zugunsten des Verbandes; enge Beziehung zwischen einer natürlichen Person und dem Verband, welche sich dadurch manifestiert, dass erstere als Entscheidungsträger oder Mitarbeiter in Erscheinung tritt).

Abs. 3 regelt den Strafrahmen. Gemäß Abs. 4 ist der jährliche Gesamtnettoumsatz nach dem letzten festgestellten Jahresabschluss zu bemessen. Für den Fall, dass kein Jahresabschluss vorliegt und der Gesamtnettoumsatz auch sonst nicht zu ermitteln bzw. zu berechnen ist, wird der Bezirksverwaltungsbehörde in Abs. 5 die Kompetenz zugewiesen, den jährlichen Gesamtnettoumsatz zu schätzen. Eine entsprechende Schätzungsbefugnis ist beispielsweise in § 34 Abs. 4 des Pfandbriefgesetzes, BGBl. I Nr. 199/2021, sowie in § 143 des Börsegesetzes 2018, BGBl. I Nr. 107/2017, geregelt. Die Schätzung hat auf Basis aller verfügbaren Daten und unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände zu erfolgen. Es können beispielsweise Stellungnahmen des Unternehmens oder auch statistische Daten, wie etwa Mitarbeiterdaten, der Schätzung zugrunde gelegt werden (vgl. Lins/N. Raschauer in Gruber, BörseG 2018/MAR I § 143, Rz 12 [Stand 1.7.2020, rdb.at]).

In Abs. 6 erfolgt eine Klarstellung im Lichte des Doppelbestrafungsverbotes gemäß Art. 4 7. ZPEMRK. Wurde bereits eine Geldstrafe gegen die juristische Person gemäß dieser Bestimmung verhängt, kommt eine weitere Inanspruchnahme wegen derselben Tat im Wege der Haftung gemäß § 9 Abs. 7 des Verwaltungsstrafgesetzes nicht mehr in Betracht.

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie vorgeschlagen.