3470/A XXVII. GP
Eingebracht am 14.06.2023
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möglich.
ANTRAG
der Abgeordneten Mario Lindner, Eva-Maria Holzleitner, BSc,
Genossinnen und Genossen
betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gleichbehandlungsgesetz und das Gesetz über die Gleichbehandlungskommission und die Gleichbehandlungsanwaltschaft geändert werden
Der Nationalrat wolle beschließen:
Bundesgesetz, mit dem das Gleichbehandlungsgesetz und das Gesetz über die Gleichbehandlungskommission und die Gleichbehandlungsanwaltschaft geändert werden
Der Nationalrat hat beschlossen:
Inhaltsverzeichnis
Artikel Gegenstand
Artikel 1 Änderung des Gleichbehandlungsgesetzes
Artikel
2 Änderung des
Gesetzes über die Gleichbehandlungskommission und die
Gleichbehandlungsanwaltschaft
Artikel 1
Änderung des Gleichbehandlungsgesetzes
Das Gleichbehandlungsgesetz – GlBG, BGBl. I Nr. 66/2004, zuletzt
geändert durch das
Bundesgesetz BGBl. I Nr. 16/2020, wird wie folgt geändert:
1. Im Inhaltsverzeichnis wird die Überschrift „III. Teil
Gleichbehandlung ohne Unterschied des Geschlechts oder der ethnischen
Zugehörigkeit in sonstigen Bereichen“ durch „III. Teil Gleichbehandlung
ohne Unterschied des Geschlechts, der ethnischen Zugehörigkeit, der
Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung in
sonstigen Bereichen“ ersetzt.
2. Die Überschrift des III. Teiles lautet:
„Gleichbehandlung ohne Unterschied des Geschlechts, der ethnischen
Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der
sexuellen Orientierung in sonstigen Bereichen“
3. § 30 Abs. 1 lautet:
„(1) Für das Merkmal des Geschlechts, der ethnischen
Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der
sexuellen Orientierung gelten die Bestimmungen
dieses Abschnittes für Rechtsverhältnisse einschließlich deren
Anbahnung und Begründung und für die Inanspruchnahme oder
Geltendmachung von Leistungen außerhalb eines Rechtsverhältnisses
1. beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich Wohnraum,
2. beim Sozialschutz, einschließlich der sozialen Sicherheit und der Gesundheitsdienste,
3. bei sozialen Vergünstigungen,
4. bei der Bildung,
sofern dies in die unmittelbare Regelungskompetenz des Bundes fällt.“
4. § 30 Abs. 2 lautet:
„(2) Bezüglich des Merkmals Geschlecht gelten die Bestimmungen dieses Abschnitts nicht für Rechtsverhältnisse einschließlich deren Anbahnung und Begründung oder für die Inanspruchnahme oder Geltendmachung von Leistungen im Sinne des Abs. 1, die
1. in den Bereich des Privat- und Familienlebens fallen,
2. den Inhalt von Medien und Werbung betreffen.“
5. § 31 Abs. 1 lautet:
„(1) Ziel ist die gleichberechtigte Teilhabe aller am sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Leben und der Abbau von Diskriminierungen bisher benachteiligter Gruppen.“
6. § 31. Abs. 2 lautet:
„(2) Auf Grund des Geschlechts, insbesondere unter Bezugnahme auf den Familienstand oder den Umstand, ob jemand Kinder hat, oder unter Bezugnahme auf die Geschlechts-identität, den Geschlechtsausdruck oder auf Geschlechtsmerkmale, auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung darf niemand unmittelbar oder mittelbar beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich Wohnraum, diskriminiert werden. Diskriminierungen im Zusammenhang mit Schwangerschaft, Mutterschaft oder Elternschaft sind unmittelbare Diskriminierungen auf Grund des Geschlechts.“
7. § 31 Abs.3 lautet:
„(3) Auf Grund des Geschlechts, insbesondere unter Bezugnahme auf den Familienstand oder den Umstand, ob jemand Kinder hat, oder unter Bezugnahme auf die Geschlechtsidentität, den Geschlechtsausdruck oder auf Geschlechtsmerkmale, auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung darf darüber hinaus niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden
1. beim Sozialschutz, einschließlich der sozialen Sicherheit und der Gesundheitsdienste,
2. bei sozialen Vergünstigungen,
3. bei der Bildung.“
8. § 31 Abs. 4 lautet:
„(4) Abs. 2 und 3 berühren nicht die Vorschriften und die Bedingungen für die Einreise von Staatsangehörigen dritter Staaten oder staatenloser Personen oder deren Aufenthalt sowie eine Behandlung, die sich aus der Rechtsstellung von Angehörigen dritter Staaten oder staatenloser Personen ergibt.“
9. § 32 Abs. 2 lautet:
„(2) Eine mittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen eines Geschlechts, oder Personen, die einer ethnischen Gruppe angehören, oder Personen mit einer bestimmten Religion oder Weltanschauung, eines bestimmten Alters oder mit einer bestimmten sexuellen Orientierung, gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.“
10. § 32 Abs. 4 lautet:
„(4) Eine Diskriminierung liegt auch vor, wenn eine Person wegen
ihres Naheverhältnisses zu einer Person aufgrund von deren Geschlecht,
deren ethnischer Zugehörigkeit, deren Religion oder Weltanschauung, deren
Alter oder deren sexueller Orientierung diskriminiert wird.“
11. § 33 samt Überschrift lautet:
„Ausnahmebestimmungen“
§ 33. (1) Die Bereitstellung von Gütern oder Dienstleistungen,
einschließlich Wohnraum, der Zugang zu Sozialschutz, einschließlich
der sozialen Sicherheit und der Gesundheitsversorgung,
zu sozialen Vergünstigungen und zur Bildung ausschließlich oder
überwiegend für Personen eines Geschlechts, einer Religion oder
Weltanschauung, eines bestimmten Alters oder einer bestimmten sexuellen Orientierung
ist keine Diskriminierung, wenn dies durch ein rechtmäßiges Ziel
gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und
erforderlich sind. Eine Ungleichbehandlung in diesem Zusammenhang rechtfertigt
keine Diskriminierung aus einem anderen Grund.
(2) Eine Ungleichbehandlung bei der Bereitstellung von Gütern oder Dienstleistungen, einschließlich Wohnraum, sowie beim Zugang zur Bildung auf Grund der Religion oder Weltanschauung ist weiters dann keine Diskriminierung, wenn sie objektiv und angemessen sowie durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich sind. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Religion oder Weltanschauung einer Person für die Gewährung der Bereitstellung von Gütern oder Dienstleistungen, einschließlich Wohnraum, sowie für den Zugang zur Bildung eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte Anforderung angesichts des Ethos der Organisation oder der Religion oder Weltanschauung des Anbieters / der Anbieterin des Gutes oder der Leistung darstellt.
(3) Eine
Ungleichbehandlung auf Grund des Alters ist weiters dann keine Diskriminierung,
wenn sie objektiv und angemessen sowie durch ein rechtmäßiges Ziel
sachlich gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung dieses Zieles
angemessen und erforderlich sind. Dies gilt insbesondere bei der Festsetzung
eines Höchst- oder Mindestalters für die Inanspruchnahme von
Gütern oder Dienstleistungen.
(4) Eine unterschiedliche Behandlung aufgrund des Alters bei der Inanspruchnahme von privaten Versicherungen ist nur zulässig, wenn diese auf anerkannten Prinzipien risikoadäquater Kalkulationen beruht, insbesondere versicherungsmathematisch ermittelten Risikobewertung unter Heranziehung statistischer Erhebungen. Die den vorgenommenen Kalkulationen zugrunde gelegte Datenbasis ist auf der Webseite des Österreichischen Versicherungsverbandes zu veröffentlichen.
(5) Eine Preisfestsetzung, die auf das Höchst- oder Mindestalter Bezug nimmt, stellt dann keine Diskriminierung dar, wenn sie objektiv und angemessen ist sowie durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich sind.“
12. § 35 Abs. 3
lautet:
„(3)
Eine Diskriminierung liegt auch vor, wenn eine Person wegen ihres
Naheverhältnisses zu einer Person aufgrund von deren Geschlecht, deren
ethnischer Zugehörigkeit, deren Religion oder Weltanschauung, deren Alter
oder deren sexueller Orientierung, belästigt oder sexuell belästigt wird.“
13. § 36a samt Überschrift lautet:
„Gebot der diskriminierungsfreien Gestaltung von Werbung
Niemand darf selbst oder durch Dritte Werbung in diskriminierender Weise gestalten, inserieren oder sonst öffentlich publizieren. Als diskriminierend ist Werbung anzusehen, die in Bezug auf die in § 31 Abs 3 geschützten Gründe herabsetzend ist oder eine Beeinträchtigung der Würde darstellt.“
14. § 37 Abs. 1 lautet:
„(1) Wer Wohnraum entgegen den Bestimmungen des § 36 in diskriminierender Weise inseriert, ist auf Antrag eines/einer Interessenten/Interessentin, des/der Anwalts/Anwältin für die Gleichbehandlung ohne Unterschied des Geschlechts, der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung in sonstigen Bereichen oder des/der Regionalanwalts/Regionalanwältin beim ersten Verstoß von der Bezirksverwaltungsbehörde zu ermahnen und bei weiteren Verstößen mit Geldstrafe bis 360 Euro zu bestrafen.“
15. Im § 37 Abs. 2 wird nach der Wortfolge „des Geschlechts“
das Wort „oder“ durch einen
Beistrich ersetzt sowie nach der Wortfolge „der ethnischen
Zugehörigkeit“ die Wortfolge „der Religion oder
Weltanschauung, des Alters, der sexuellen Orientierung,
Geschlechtsidentität, Geschlechtsausdruck oder Geschlechtsmerkmalen oder
der sexuellen Orientierung“ eingefügt.
16. § 40a samt Überschrift lautet:
„2. Abschnitt
Grundsätze für die Regelung der Gleichbehandlung ohne Unterschied des Geschlechts, der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung in sonstigen Bereichen
Für die Regelung der Gleichbehandlung ohne Unterschied des Geschlechts, der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung in sonstigen Bereichen, soweit dies in die Grundsatzgesetzgebungskompetenz des Bundesfällt, werden die folgenden Grundsätze aufgestellt:
Geltungsbereich
§ 40a: Die Bestimmungen dieses Abschnitts gelten für Rechtsverhältnisse einschließlich deren Anbahnung und Begründung und für die Inanspruchnahme oder Geltendmachung von Leistungen außerhalb eines Rechtsverhältnisses
1. beim Sozialschutz, einschließlich der sozialen Sicherheit und der Gesundheitsversorgung,
2. bei sozialen Vergünstigungen,
3. bei der Bildung
4. beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich von Wohnraum,
sofern dies in die Grundsatzgesetzgebungskompetenz des Bundes fällt.“
17. IV. Teil – Grundsätze für die Regelung der Gleichbehandlung im Arbeitsleben in der Land‑ und Forstwirtschaft: entfällt
18. § 60 entfällt
19. § 63 Abs. 11
lautet:
„(11) Das Inhaltsverzeichnis, die Überschrift des III. Teiles,
§ 30 Abs. 1, Abs. 2, § 31 Abs. 1, und Abs. 3, §
32 Abs. 2 und 4, § 33 samt Überschrift, § 35 Abs. 3, §
36a, § 37 Abs. 1 und 2, § 37a und § 40a samt
Überschrift in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2023
treten mit …… 2023 in Kraft.“
Artikel 2
Änderung des Bundesgesetzes über die Gleichbehandlungskommission und
die Gleichbehandlungsanwaltschaft
Das
Bundesgesetz über die Gleichbehandlungskommission und die
Gleichbehandlungs-anwaltschaft – GBK/GAW-Gesetz, BGBl. Nr. 108/1979,
zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 107/2013, wird wie
folgt geändert:
1. § 1 Abs. 2 Z 3 lautet:
„3. Senat III für die Gleichbehandlung ohne Unterschied des
Geschlechts, der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder
Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung, in sonstigen
Bereichen (Teil III, 1. Abschnitt GlBG).“
2. Im § 3 Abs. 2 Z 1 lit. c wird statt der Wortfolge
„oder der ethnischen Zugehörigkeit“ die Wortfolge „der
ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters
oder der sexuellen Orientierung“ eingefügt.
3.
§ 21 wird folgender Abs. 14 angefügt:
„(14) § 1 Abs. 2 Z 3 und § 3 Abs. 2 Z 1 lit. c in der Fassung
des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2023 treten mit ….. 2023
in Kraft.“
Zuweisungsvorschlag: Gleichbehandlungsausschuss
Begründung
„Derzeit gibt es keinen gesetzlichen Schutz, wenn Personen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen auf Grund ihrer sexuellen Orientierung, des Alters, der Religion und Weltanschauung benachteiligt oder belästigt und so in ihrer Würde verletzt werden. Auch beim Sozialschutz, bei sozialen Vergünstigungen und bei der Bildung bietet das GlBG keinen Schutz vor Diskriminierung auf Grund der sexuellen Orientierung, des Alters, der Religion und Weltanschauung. Beim Zugang zu Bildung und zu sozialen Vergünstigungen besteht zudem auch eine Lücke beim Schutz vor Diskriminierung aufgrund des Geschlechts. Immer wieder werden bei der Gleichbehandlungsanwaltschaft Fälle dokumentiert: Ein schwules Paar wurde vom Kellner in einem Lokal als „schwule Sau“ beschimpft. Eine Mieterin schildert, dass ihr Vermieter den vorgeschlagenen Nachmieter explizit ablehnt, weil er einen „Moslem“ nicht in der Wohnung haben will. Ältere Menschen beklagen, dass ihnen teurere Medikamente vorenthalten werden. Bei der Bildung konnte die GAW etwa in folgenden Fällen nicht unterstützen: Frau C macht sich Sorgen um ihre Tochter, deren Lehrer ihr (und ihren Mitschülerinnen) nur zu gerne zu verstehen gibt, dass Mädchen für Naturwissenschaften nicht geeignet sind. Ein Schüler bekommt von seinem Lehrer Nachrichten, in denen er explizit nach seinem Sexualverhalten gefragt wird. Ein Schüler wird aufgrund seines muslimischen Glaubens beleidigt und ausgegrenzt. Für die Betroffenen ist es nicht nachvollziehbar, in so wichtigen Lebensbereichen keinen Schutz durch das GlBG und somit auch durch die GAW zu erhalten.
Diese Schutzlücke ist auch dadurch unverständlich, weil bereits alle Landes-Antidiskriminierungsgesetze im Gegensatz zum GlBG den umfassenden Schutz beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die sich im Landeskompetenzbereich befinden, vorsehen, wie etwa beim Zugang zu Sportveranstaltungen. Wenn also z. B. homosexuelle Personen im Zusammenhang mit einer Sportveranstaltung diskriminiert werden, gibt es einen Diskriminierungsschutz. Ob man im Einzelfall vor einer Diskriminierung geschützt ist, hängt in Österreich letztendlich von der jeweiligen bundesverfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung (!) ab.“1)
1) Gesammelte Forderungen der Gleichbehandlungsanwaltschaft Verbesserter Diskriminierungsschutz, höhere Wirksamkeit & Rechtssicherheit