3473/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 14.06.2023
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Georg Strasser, Clemens Stammler, Kolleginnen und Kollegen

betreffend „Sichtbarmachung der sozialen und psychischen Herausforderungen für österreichische Bäuerinnen und Bauern und einem Bekenntnis zur Unterstützung, u.a. durch Weiterführung und Ausbau des bäuerlichen Sorgentelefons.

BEGRÜNDUNG

Landwirtschaftliche Betriebsführung ist nicht die romantisierte Idylle wie sie oft dargestellt wird, sondern erfordert harte Arbeit, die Körper und Psyche belastet. Darüber hinaus stellen die Betriebsführung unternehmerische Anforderungen und Risiken dar, die oft weder Krankenstand noch Urlaubsansprüche ermöglichen. Dazu kommen oftmals Zukunftsängste, Geldsorgen, Nachfolgeprobleme, Probleme in der Partnerschaft oder Vereinsamung, die zu einer großen seelischen Belastung führen können.

Das Zusammenleben mehrerer Generationen am Bauernhof birgt oftmals große Schwierigkeiten und Konfliktpotential. Auch die ständig steigenden Anforderungen der Gesellschaft bzw. der Konsumentinnen und Konsumenten an die Landwirtschaft und neue Technologien können insbesondere älteren Bäuerinnen und Bauern zusetzen. Verstärkt wird dies durch den Preisdruck auf die Landwirtschaft, der zu einer existenzbedrohenden wirtschaftlichen Situation führen kann. Somit sind gerade gesellschaftlicher Druck, Preisdruck und hohe Qualitätsansprüche zu immer niedrigeren Preisen weitere Treiber für die Sorgen der Bäuerinnen und Bauern und Mit-Auslöser von Burn-out in der Landwirtschaft, quer durch alle Produktionssparten.

Bäuerinnen und Bauern leiden zum Teil jahrelang an Überforderung.  Gerade dort, wo Menschen mit Nutztieren arbeiten, ist es jedoch besonders wichtig, auf die psychische Gesundheit zu achten und für ausreichend Erholung zu sorgen, die jeder Mensch braucht um gut arbeitsfähig zu sein.

Unzureichende Infrastruktur zur psychologischen Unterstützung und ein mögliches Schamgefühl gegenüber der kassenärztlichen Inanspruchnahme haben zur Einrichtung des bäuerlichen Sorgentelefons vor mehr als 10 Jahren geführt.

Das bäuerliche Sorgentelefon ist eine niederschwellige erste Anlaufstelle bei kleinen und großen Problemen. Psychosozial geschulte Ansprechpartnerinnen und -partner hören nicht nur zu, geben kompetent Auskunft und zeigen Lösungsmöglichkeiten auf, sondern können aufgrund ihres eigenen bäuerlichen Hintergrundes die oft schwierigen Situationen, Ängste und Nöte der Anrufenden gut nachvollziehen.

Im Jahr 2022 haben 875 Bäuerinnen und Bauern dieses Service in Anspruch genommen, davon waren 72 Prozent Frauen und 28 Prozent Männer. Insgesamt konnten seit Bestehen des bäuerlichen Sorgentelefons über 10.000 psychosoziale Beratungen geleistet werden. Das Projekt Lebensqualität Bauernhof umfasst neben dem bäuerlichen Sorgentelefon zusätzlich Schulungen und Workshops, sowie persönliche psychosoziale Beratung.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung - insbesondere der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft - wird ersucht, dafür zu sorgen, dass:

·         Der Betrieb des Bäuerlichen Sorgentelefons nicht nur aufrecht bleibt, sondern – auch unter Inanspruchnahme von Fördermitteln im Rahmen der neuen Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union (GAP) - noch weiter ausgebaut und verstärkt beworben wird. Ein Ausbau könnte z.B. eine Erweiterung der Erreichbarkeitszeiten oder Personalaufstockungen umfassen.

·         Die Psychosoziale Beratung in den Landwirtschaftskammern unter Beibehaltung des hohen Qualitätsstandards erhalten bleibt beziehungsweise ausgebaut wird, und die persönlichen Beratungsangebote im Rahmen von „Lebensqualität Bauernhof“ in allen Bundesländern fixer Bestandteil des Angebots werden. Diese soll als Beratungsleistung innerhalb der land- und forstwirtschaftlichen Betriebsberatung in der Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik auch eine langfristig gesicherte Finanzierung erhalten.

·         Die Bildungsangebote wie Kurse, Seminare und Vorträge weiterhin ein fester Bestandteil von „Lebensqualität Bauernhof“ bleiben und auch das Onlineangebot ausgebaut wird.

·         Bildungsangebote von Lebensqualität Bauernhof auch für andere in Kontakt mit Bäuerinnen und Bauern stehende AkteurInnen angeboten werden, um das Erkennen, Einordnen und Ansprechen von psychosozialen Problemen zu fördern und auf weiterführende Hilfe und Unterstützung zu verweisen.

·         Eine Studie in Auftrag gegeben wird über die Arbeitsbelastung und weitere Ursachen für psychische Belastungen und Erkrankungen in der Landwirtschaft, unter Berücksichtigung einer Geschlechterperspektive in Erhebung und Auswertung.“

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft vorgeschlagen.