3491/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 05.07.2023
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Entschließungsantrag
der Abgeordneten Mario Lindner, Ing. Reinhold Einwallner,
Genossinnen und Genossen
betreffend Schaffung einer niederschwelligen Meldestelle gegen LGBTIQ‑feindliche Hassverbrechen
Seit Beginn der polizeilichen Erhebungen von gruppenspezifischen Hassverbrechen im Herbst 2020 zeichnet sich ein massiver Anstieg dieser „Hate Crime“ in Österreich an. In allen statistisch erfassten Sozialkategorien steigerten sich die Anzeigen wegen möglicher Hassverbrechen im Jahr 2021, teilweise sogar deutlich: Wurden im Zeitraum des Pilotberichts von November 2020 bis April 2021 noch 2.401 Hassverbrechen in Österreich erfasst, so waren es im Zuge des gesamten Jahres 2021 bereits 6.619. Besonders dramatisch zeichnet sich diese Entwicklung im Bereich der LGBTIQ‑Community ab: Aufgrund der sexuellen Orientierung wurden im Jahr 2021 insgesamt 376 Hate Crime angezeigt, inbegriffen sind darin 224 Opfer von Gewaltdelikten. Personen, die aufgrund ihrer Geschlechtsidentität Opfer von trans*feindlichen Verbrechen wurden, können bisher leider nicht eigens ausgewertet werden. Die Dunkelziffer ist dabei aber, wie alle Expert*innen versichern, um ein Vielfaches höher als jene Hate Crime, die tatsächlich angezeigt werden.
Da in Österreich die statistische Erhebung von Hassverbrechen erst eine vergleichsweise kurze Zeit zum Einsatz kommt, lohnt sich der Blick nach Deutschland: „Auf 80 bis 90 Prozent schätzt Sebastian Stipp, eine von zwei Ansprechpersonen der Berliner Polizei für queere Menschen, das Dunkelfeld. Viele Fälle werden z.B. nicht bei der Polizei angezeigt (…). Viele Betroffene scheuen immer noch den Weg zur Polizei. Die Behörden müssen daher bei der Bekämpfung homophober und transfeindlicher Gewalt verstärkt mit LSBTI-Organisationen zusammenarbeiten. Innerhalb der Polizeibehörden und Staatsanwaltschaften sollen dazu Ansprechpersonen bestellt werden, wie dies in einigen Städten erfolgreich praktiziert wird.“[1]
LGBTIQ-feindliche Hassverbrechen sind aber bei weitem nicht immer nur Akte von Gewalt: Insbesondere Fälle von Vandalismus gegen Symbole der LGBTIQ-Community nehmen, wie zahlreiche Medienberichte zeigen, in ganz Österreich zu. Versenkte Regenbogenbänke, verbrannte PRIDE-Fahnen an Schulen, abgesägte Fahnenmasten vor Gemeindeämtern oder wiederholt beschmierte Regenbogen-Schutzwege – all diese Vorkommnisse finden nicht nur ihren Weg in die Medien, sondern verfolgen ganz bewusst das Ziel der Einschüchterung und Bedrohung queerer Menschen. Auch beim Runden Tisch gegen Hassverbrechen, der im Juni 2023 auf Basis eines Entschließungsantrages des Nationalrats von den Bundesministerien für Justiz und Inneres ausgerichtet wurde, waren genau diese Angriffe auf die LGBTIQ-Community Thema: Gefordert wurde deshalb im Rahmen dieser Veranstaltung von
Expert*innen‑Seite zum wiederholten Male die Einrichtung niederschwelliger Meldeformen, die es Vereinen, Institutionen, aber insbesondere auch Einzelpersonen erlauben, Hassverbrechen – egal ob es sich um Vandalismus oder offen gezeigte LGBTIQ-Feindlichkeit handelt – zu melden. Während es solche Stellen in anderen Ländern längst gibt und die dortigen Einrichtungen nicht nur bei der Erfassung von Hassverbrechen und der Verringerung der Dunkelziffer helfen, hat Österreich noch massiven Aufholbedarf. Vor allem könnte eine solche Meldestelle aber, ähnliche der Meldestelle gegen Hass im Netz, auch mithelfen, Opfer von potenziellen Hassverbrechen zu unterstützen, Abklärungen oder auch den Kontakt zu Behörden wie der Polizei vorzunehmen und andere Programme (z.B. psychosoziale Prozessbegleitung) zugänglicher zu machen. Darüber hinaus würde eine niederschwellige Meldestelle für LGBTIQ-Feindlichkeit auch die vielen ehrenamtlichen Vereine und Organisationen, die solche Aufgaben bisher mit Müh und Not übernehmen müssen, entlasten.
Mit der Einrichtung einer solchen Meldestelle hat Österreich die Chance, nicht nur endlich eine langjährige Expert*innen-Forderung umzusetzen, sondern auch ein zentrales Unterstützungsangebot für LGBTIQ-Personen im ganzen Land zu schaffen!
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Justiz, der Bundesminister für Inneres und die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt, werden aufgefordert, unter Einbindung von einschlägigen Expert*innen und zivilgesellschaftlichen Interessensvertretungen ein Konzept für die Einrichtung einer niederschwelligen Meldestelle für LGBTIQ-Feindlichkeit zu erarbeiten und dem Parlament noch im Jahr 2023 entsprechende Vorlagen zur Schaffung einer solchen Einrichtung zum Beschluss vorzulegen.“
Zuweisung: Ausschuss für innere Angelegenheiten