3495/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 05.07.2023
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mario Lindner, Mag.a Selma Yildirim,

Genossinnen und Genossen

betreffend anwaltliche Vertretung und psychosoziale Unterstützung (Prozessbegleitung) für Opfer von Hate Crime

Die Einrichtung der Prozessbegleitung seit 2008 war ein wichtiger Schritt, um den fairen Zugang zum Justizsystem und bestmögliche Unterstützung von Opfern unabhängig von der Einkommens- und Vermögenssituation der jeweils Betroffenen zu garantieren. Während die Prozessbegleitung ursprünglich vor allem für Sexualdelikte, sowie Fälle von Gewalt und gefährlicher Drohung beschränkt war, wurde ihr Anwendungsbereich durch das Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetz mit 1. Jänner 2021 ausgeweitet. Anwaltliche Vertretung und psychosoziale Unterstützung stehen damit auch den Opfern von übler Nachrede und Beleidigung bzw. von Verleumdung und dem Vorwurf von Vorstrafen in „nicht besonders schweren Fällen“ zur Verfügung – solange diese im Bereich der Telekommunikation oder unter Verwendung eines Computers geschehen. Prozessbegleitung gibt es darüber hinaus auch dort, wo gegen Medieninhaber*innen Entschädigung verlangt wird. Außerhalb dieser Bereiche, also im analogen Leben, wird auch weiterhin nur in „besonders schweren Fällen“ Prozessbegleitung für Opfer ermöglicht.

Gerade angesichts der Ausweitung des Angebots der Prozessbegleitung in den letzten Jahren und der lauten Forderung, dass ihr Anwendungsbereich auch auf das analoge Leben ausgeweitet wird, stellt sich die Frage, wie durch dieses Mittel insbesondere der gerechte Zugang von marginalisierten Gruppen zum Justizsystem bestmöglich unterstützt werden kann. Gerade Opfer von Hassverbrechen werden durch fehlende Ressourcen und mangelndes Vertrauen in die Wirksamkeit des Rechtsstaates oft daran gehindert, ihr Recht aktiv durchzusetzen. Gleichzeitig sind vor allem diese Gruppen besonders oft von jenen Tatbeständen betroffen, die durch das Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetz zwar im digitalen Raum einen Anspruch auf Prozessbegleitung garantieren, im analogen Leben jedoch nicht!

Der Anstieg von Hassverbrechen, also Formen von vorurteilsmotivierten und gruppenspezifischen Verbrechen, seit dem Beginn der behördlichen Erfassung 2020 zeigt deutlich, dass in diesem Bereich großer Handlungsbedarf besteht. Vergleichsstudien aus anderen europäischen Ländern unterlegen dabei, dass die Dunkelziffer von nicht zur Anzeige kommenden Hate Crime noch deutlich höher liegen dürfte, als die 6.619 angezeigten Hassverbrechen im Jahr 2021. Die Ausweitung der Prozessbegleitung auf alle Formen von Hate Crime würde daher einen wichtigen Beitrag leisten, um das Vertrauen betroffener Gruppen in den Rechtsstaat und die Durchsetzbarkeit ihrer Rechte zu fördern.

 

Im Zuge des Runden Tisches zu LGBTIQ-feindlicher Hasskriminalität im Juni 2023, der von den Bundesministerien für Justiz und Inneres gemäß der Entschließung des Nationalrat 2668/A(E) XXVII. GP abgehalten wurde, kündigte die Bundesministerin für Justiz im Gespräch mit Expert*innen und NGOs an, die Leistungen der Prozessbegleitung auch auf Opfer dieser Form von vorurteilsmotivierter Kriminalität auszuweiten. Konkrete Schritte zur Umsetzung wurden jedoch noch nicht präsentiert. Darüber hinaus bleibt es angesichts der Ankündigungen fraglich, ob eine mögliche Ausweitung auch den Opfern von Hassverbrechen aus Gründen der anderen polizeilich erfassten Sozialkategorien zur Verfügung steht.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

 

Entschließungsantrag

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Justiz, wird aufgefordert, dem Nationalrat rasch einen Gesetzesentwurf zur Ausweitung des Anspruchs auf Prozessbegleitung für die Opfer von vorurteilsmotivierten, gruppenspezifischen Hassverbrechen auch bei Verbrechen im analogen Raum, zur Beschlussfassung vorzulegen.“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zuweisung: Justizausschuss