3498/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 05.07.2023
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ENTSCHLIESSUNGANTRAG

 

des Abgeordneten Mag. Gerald Hauser

und weiterer Abgeordneter

betreffend Nein zur Aushebelung der Menschrechte durch die Internationalen Gesundheitsvorschriften

 

 

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) arbeitet daran, ein international gültiges Abkommen zur Pandemieprävention, -vorbereitung und -reaktion (Pandemic prevention, preparedness and response accord)[1] und die Änderungen der internationalen Gesundheitsvorschriften (2005) der WHO durchzusetzen.

 

Am 1. Dezember 2021 hatten sich die 194 Mitglieder der WHO laut Europäischem Rat[2]  auf den Beginn des Prozesses der Ausarbeitung und Aushandlung eines Übereinkommens, einer Vereinbarung oder eines anderen internationalen Instruments im Rahmen der Satzung der Weltgesundheitsorganisation zur Stärkung der Pandemieprävention, -vorsorge und -reaktion geeinigt. Ein Verhandlungsgremium auf der Ebene der Regierungen wurde eingesetzt. Dieses Verhandlungsgremium wird der 76. Weltgesundheitsversammlung (WHA) im Jahr 2023 einen Fortschrittsbericht mit dem Ziel vorlegen, das Abkommen zur Pandemieprävention, -vorbereitung und -reaktion bis 2024 zu verabschieden. Der Europäische Rat hat einen Beschluss angenommen,[3] mit dem die Aufnahme von Verhandlungen über eine internationale Übereinkunft über Pandemieprävention, vorbereitung und reaktion genehmigt wurde. Mit diesem Beschluss wurde laut Europäischem Rat auch der Weg für Verhandlungen über ergänzende Änderungen der Internationalen Gesundheitsvorschriften WHO (2005) geebnet. Demnach ist ein Übereinkommen zur Pandemieprävention,
-vorsorge und -reaktion, eine Vereinbarung oder ein anderes internationales Instrument völkerrechtlich rechtsverbindlich.

 

Die Weltgesundheitsversammlung (World Health Assembly = WHA) ist das oberste Entscheidungsgremium der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und verabschiedet Beschlüsse und Resolutionen, die vom WHO-Exekutivrat (WHO Executive Board) und dem WHO-Generaldirektor empfohlen oder von (Gruppen) der WHO-Mitgliedstaaten während der Weltgesundheitsversammlung eingebracht werden.[4] Gemäß Artikel 60 Buchstabe b der Satzung der WHO kann die Weltgesundheitsversammlung (WHA) Beschlüsse mit der Mehrheit der anwesenden und abstimmenden Mitglieder der WHO fassen.[5]

Die WHA setzt sich aus Vertretern der 194 WHO-Mitgliedsstaaten zusammen. Derzeit befinden sich 27 Mitgliedstaaten in der Europäischen Union, daher werden nur maximal 27 Vertreter von Regierungen der Europäischen Union, die von den Völkern der EU demokratisch gewählt wurden, in der Weltgesundheitsversammlung an der Abstimmung zum Beschluss des internationalen Pandemieabkommens und der Änderungen der Internationalen Gesundheitsvorschriften WHO (2005) teilnehmen. 167 Vertreter der WHO-Mitgliedsstaaten von Regierungen, die von den Völkern der EU nicht demokratisch gewählt wurden, werden ebenfalls an der Abstimmung zum Beschluss des internationalen Pandemieabkommens und der Änderungen der Internationalen Gesundheitsvorschriften WHO (2005) teilnehmen.

 

Mit dem WHO-Dokument: „Article-by-Article Compilation of Proposed Amendments to the International Health Regulations (2005) submitted in accordance with decision WHA75(9) (2022)“[6] liegt die „Artikelweise Zusammenstellung der vorgeschlagenen Änderungen der Internationalen Gesundheitsvorschriften (2005), vorgelegt gemäß Beschluss WHA75(9) (2022)“ vor.

 

Mit den vorgeschlagenen Änderungen der Internationalen Gesundheitsvorschriften (2005) der WHO sollen die uneingeschränkte Achtung der Würde (Würde des Menschen), der Menschrechte und der Grundfreiheiten von Personen aus den Internationalen Gesundheitsvorschriften (2005) der WHO gestrichen werden, wie die Zusammenstellung der vorgeschlagenen Änderungen deutlich macht:

 

Ein Bild, das Text, Schrift, Screenshot, Reihe enthält.

Automatisch generierte Beschreibung

 

Die deutsche Übersetzung dieses höchst brisanten Änderungswunsches der WHO-Gesundheitsvorschriften lautet wie folgt:

 

Artikel 3 Grundsätze

 

1.    Die Durchführung dieser Regelungen erfolgt unter uneingeschränkter Achtung der Würde, der Menschenrechte und der Grundfreiheiten von Personen auf der Grundlage der Grundsätze der Gleichheit, der Inklusivität* und der Kohärenz sowie im Einklang mit den gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten der Vertragsstaaten und unter Berücksichtigung ihrer sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung.

 

*In einem Miteinander, in dem keine Person ausgeschlossen wird.

 

Mit dem „Beschluss (EU) 2022/451 des Rates vom 03. März 2022[7], kundgemacht im „Amtsblatt der Europäischen Union“ vom 21.03.2022[8] hat der Europäische Rat die Europäische Kommission zur Aufnahme von Verhandlungen im Namen der Europäischen Union über eine internationale Übereinkunft über Pandemieprävention, -vorsorge und -reaktion sowie über ergänzende Änderungen der Internationalen Gesundheitsvorschriften (2005) ermächtigt, die mit dem „Artikel 3 Grundsätze“ im WHO Dokument: „Artikelweise Zusammenstellung der vorgeschlagenen Änderungen der Internationalen Gesundheitsvorschriften (2005), vorgelegt gemäß Beschluss WHA75(9) (2022)“ die Streichung der uneingeschränkten Achtung der Würde, der Menschenrechte und der Grundfreiheiten von Personen aus den Internationalen Gesundheitsvorschriften (2005) vorschlagen. Laut Europäischem Rat ist ein Übereinkommen zur Pandemieprävention, -vorsorge und -reaktion, eine Vereinbarung oder ein anderes internationales Instrument völkerrechtlich rechtsverbindlich.

 

Weder der Europäische Rat noch die Europäische Kommission haben, soweit bekannt, Protest gegen die von der WHO angestrebten Änderungen der Internationalen Gesundheitsvorschriften (2005) eingelegt oder Schritte unternommen, um dieses Vorhaben der WHO sofort zu stoppen.

 

Der Bundeskanzler der Republik Österreich unterstützt als Mitglied des Europäischen Rates somit die Verhandlungen der Europäischen Kommission mit Bezug auf die Vorschläge der WHO zur Streichung der uneingeschränkten Achtung der Würde, der Menschenrechte und der Grundfreiheiten von Personen aus den Internationalen Gesundheitsvorschriften (2005).

 

Gesundheitsminister Johannes Rauch hat in seiner Beantwortung (Nr. 13158/AB)[9] der parlamentarischen Anfrage Nr. 13568/J[10] folgendes zu der beabsichtigten Streichung der untereingeschränkten Achtung der Würde, der Menschenrechte und der Grundfreiheiten von Personen geschrieben

 

Der Änderungsvorschlag, auf den in der parlamentarischen Anfrage Bezug genommen wird, wurde von Indien eingebracht. Dieses Konvolut an Änderungsvorschlägen stellt lediglich eine Zusammenstellung der von WHO-Mitgliedstaaten eingereichten Vorschläge und somit nur die Ausgangsbasis für die Verhandlungen im Rahmen der WGIHR dar.

 

Ein klares Bekenntnis zur weiteren uneingeschränkten Achtung der Würde der Menschen, der Menschenrechte und der Grundfreiheiten von Personen war der Anfragebeantwortung jedoch nicht zu entnehmen.

 

 

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

 

Entschließungsantrag

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, ausdrücklich festzuhalten, dass die Menschenwürde unantastbar ist und dass die Menschenrechte und die Grundfreiheiten von Personen weder von unserer Regierung noch von anderen Institutionen aufgehoben werden dürfen.“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Gesundheitsausschuss vorgeschlagen.



[1] Pandemic prevention, preparedness and response accord, https://www.who.int/news-room/questions-and-answers/item/pandemic-prevention--preparedness-and-response-accord

[2] Weltgesundheitsversammlung für Aufnahme von Verhandlungen zu Übereinkommen zur Pandemiebekämpfung, https://www.consilium.europa.eu/de/policies/coronavirus/pandemic-treaty/

[3] Rat gibt grünes Licht für die Aufnahme von Verhandlungen über einen internationalen Pandemievertrag, https://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2022/03/03/council-gives-green-light-to-start-negotiations-on-international-pandemic-treaty/

[4] EU: BRIEFING Requested by the ENVI committee, https://www.europarl.europa.eu/RegData/etudes/IDAN/2022/703362/IPOL_IDA(2022)703362_EN.pdf

[5] BESCHLUSS (EU) 2022/830 DES RATES vom 20. Mai 2022 über den im Namen der Europäischen Union auf der 75. Tagung der Weltgesundheitsversammlung zu bestimmten Änderungen der Internationalen Gesundheitsvorschriften (2005) zu vertretenden Standpunkt, https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:32022D0830&from=EN, https://www.parlament.gv.at/PAKT/EU/XXVII/EU/10/01/EU_100159/imfname_11150183.pdf

 

[6] https://apps.who.int/gb/wgihr/pdf_files/wgihr1/WGIHR_Compilation-en.pdf (abgerufen am 04.07.2023)

 

[7] Dokument 32022D0451, https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?uri=CELEX%3A32022D0451  (abgerufen am 04.07.2023)

[8] https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32022D0451&from=DE  (abgerufen am 04.07.2023)

[9] https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/AB/13158

[10] https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/J/13568