3517/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 06.07.2023
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Peter Schmiedlechner
und weiterer Abgeordneter
betreffend Rechnungshof: Lebensmittelversorgung ist nicht gesichert
Die Prüfer des Rechnungshofes zeigen im Bericht „Lebensmittel – Versorgungssicherheit“[1] auf, dass sich Österreich dringend besser auf Krisen im Bereich Ernährungssicherheit vorbereiten muss. Insbesondere mit dem seit 1987 in ÖVP-Hand befindlichen Landwirtschaftsministerium geht der Rechnungshof im ersten Satz des Resümees schonungslos ins Gericht:
Das Landwirtschaftsministerium hatte sich nicht optimal auf die Sicherstellung der Lebensmittelversorgung – insbesondere in Krisenfällen – vorbereitet.
Österreich gilt zwar vermeintlich als Land mit hoher Ernährungssicherheit, der Rechnungshof bemängelt jedoch, dass diese weder nachhaltig abgesichert noch krisenfest ist und es daher dringend Maßnahmen zu ergreifen gilt. Bereits im Jahr 2018 reichten die Bodenressourcen nicht für eine gänzliche Eigenversorgung Österreichs aus.
Intransparenz
Die inländische landwirtschaftliche Produktion sowie die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln ist von vielfältigen Faktoren aus unterschiedlichen Themen- und Politikbereichen beeinflusst, die komplex zusammenwirken. Veränderungen bei einem oder bei mehreren Faktoren können zu Risiken für die Ernährungssicherheit werden. Der Rechnungshof bemängelt, dass es in Österreich keine umfassende Berichterstattung mit einer Abschätzung über künftige Entwicklungen zur Ernährungssicherheit gibt, wie das etwa in der Schweiz der Fall ist.
Drohender Wassermangel
Wasservorkommen sind eine wesentliche Grundlage, etwa für die Trinkwasserversorgung, die Landwirtschaft und die Energiegewinnung. Der jährliche Wasserverbrauch liegt in Österreich bei rund 753 Millionen Kubikmeter Wasser. Dieser könnte sich bis 2050 auf bis zu 850 Millionen Kubikmeter erhöhen. Die verfügbaren Grundwasserressourcen drohen von derzeit 5,1 Milliarden auf 3,9 Milliarden Kubikmeter zu schwinden. In diesem Zusammenhang weist der Rechnungshof darauf hin, dass es für den Sektor Landwirtschaft keine ausreichenden Daten über Wasserentnahmen gibt, unter anderem weil Wasserzähler bei landwirtschaftlichen Bewässerungsanlagen mitunter fehlen. Es liegen hier nur unvollständige Informationen über den tatsächlichen Wasserbedarf vor. Im Jahr 2018 wurde der Bewilligungszeitraum für Wasserentnahmen für die Bewässerung von maximal 12 auf maximal 25 Jahre mehr als verdoppelt. Dies trägt dem absehbaren Anstieg des Wasserverbrauchs nicht Rechnung. Der Bewilligungszeitraum sollte neu bewertet und gegebenenfalls verkürzt werden. Der Rechnungshof gibt auch zu bedenken, dass allfällige Ressourcenkonflikte über einen derart langen Zeitraum nicht vorhersehbar sind. Eine Befristung sollte eine bedarfsgerechte Verteilung sicherstellen.
Landwirtschaftliche Nutzfläche schwindet
Bereits
2002 setzte sich die damalige Bundesregierung das Ziel, Raum als knappes,
absolut nicht vermehrbares Gut zu schützen und das Ausmaß des
Bodenverbrauchs zu vermindern. Der Zuwachs dauerhaft versiegelter Flächen
sollte bis zum Jahr 2010 auf 2,5 Hektar pro Tag, also 9,13 Quadratkilometer pro
Jahr, reduziert werden. Laut Regierungsprogramm 2020–2024 soll dieses
Ziel nun bis 2030 erreicht werden. Tatsächlich wurden im Jahr 2020 noch 42
Quadratkilometer an Fläche verbraucht.
Das Forschungsprojekt „Bodenbedarf für die Ernährungssicherung
in Österreich“, beauftragt vom Landwirtschaftsministerium, kam schon
2018 zum Schluss, dass die Bodenressourcen in Österreich nicht für
die gänzliche Selbstversorgung ausreichen. Das zeigt den dringenden
Handlungsbedarf, landwirtschaftlich nutzbare Fläche zu erhalten. Der
fortschreitende Bodenverbrauch hat sowohl ökologisch als auch
wirtschaftlich negative Folgen. Um eine österreichweit einheitliche
Vorgangsweise beim Schutz der wichtigsten landwirtschaftlichen
Produktionsflächen sicherzustellen, wäre eine Rahmenkompetenz des
Bundes zur Raumordnung zweckmäßig. Der Rechnungshof empfiehlt dem
Landwirtschaftsministerium, eine sachgerechte verfassungsrechtliche Grundlage
für eine Raumordnungsrahmenkompetenz des Bundes zu erarbeiten und
voranzutreiben. Voranzutreiben wäre auch eine österreichweit
harmonisierte Datenbasis und ein bundesweit einheitliches Monitoringsystem zur
Bestimmung der Flächeninanspruchnahme und -versiegelung.
Blindflug im Krisenfall
Ein
Blackout, der Ausfall der Versorgung mit fossilen Brennstoffen oder ein
überregionaler Ernteausfall zählen zu den Szenarien, die
weitreichende Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit in Österreich
haben könnten. Doch Österreich ist nicht ausreichend auf
überregionale und plötzlich auftretende Schadensereignisse
vorbereitet: Eine aktuelle Risikoanalyse und konkrete Notfallpläne
für unterschiedliche Krisenszenarien fehlten. Zudem greift die rechtliche
Grundlage für die Lebensmittelversorgung im Krisenfall erst, wenn eine
Krise vorliegt.
Der Rechnungshof empfiehlt: Maßnahmen zur Vorbereitung auf
Krisenfälle wären vorzusehen. Dazu gehört etwa die
Möglichkeit, Daten entlang der gesamten Lebensmittelkette für Zwecke
der Krisenvorsorge zu erheben und zu verarbeiten. Das
Landwirtschaftsministerium sollte einen ausreichenden Überblick über
den Markt und die Lebensmittelversorgung – in Normalzeiten, bei drohenden
Marktstörungen und in Krisen – haben.
Niemand will verantwortlich sein
Im Krisenfall wären für die Bereiche Lebensmittel, Wirtschaftsgüter und Energie drei unterschiedliche Ministerien für Lenkungsmaßnahmen zuständig: das Landwirtschaftsministerium, das Wirtschaftsministerium und das Klimaschutzministerium. Es fehlen verbindliche Vorgaben für eine ressortübergreifende Abstimmung, um Zielkonflikte von Maßnahmen zu vermeiden. Der Rechnungshof hält bei krisenbedingten Lenkungsmaßnahmen eine verbindliche Abstimmung zwischen den handelnden Ressorts für wichtig.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft, wird vor dem Hintergrund der Empfehlungen des Rechnungshofes aufgefordert, Maßnahmen zu setzen, mit denen die Lebensmittelversorgung nachhaltig gesichert und krisenfest wird.“
In formeller Hinsicht wird ersucht diesen Antrag dem Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft zuzuweisen.