3534/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 07.07.2023
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Entschließungsantrag
der Abgeordneten Elisabeth Pfurtscheller, Meri Disoski, Kolleginnen und Kollegen
betreffend Informationskampagne betreffend Gewalt an Frauen
Heuer wurden bereits 16 Frauen von Männern ermordet. Das Institut für Konfliktforschung untersuchte im Auftrag des Frauenministeriums, Innenministeriums und Justizministeriums die Frauenmorde zwischen 2010 und 2020. Die Untersuchungen bestanden aus einem quantitativen und qualitativen Teil. Der quantitative Teil umfasst die Analyse der Daten zu § 75 StGB (Mord) aus der „Polizeilichen Kriminalstatistik“ vom 1. Jänner 2010 bis 31. Dezember 2020. Der qualitative Teil beinhaltet die wissenschaftliche Analyse der fallbezogenen Justizakten zu § 75 StGB (Mord) inkl. Tätertypologie vom 1. Jänner 2016 bis 31. Dezember 2020.
Von 2010 bis 2020 wurden 334 vollendete Morde und 459 versuchte Morde, insgesamt also 793 Morde oder Mordversuche, an Frauen und Mädchen in die Polizeiliche Anzeigenstatistik aufgenommen.
Die Studienautorinnen differenzieren zwischen Frauenmord und Femizid. Während der Begriff „Frauenmord“ jeden Mord an einer Frau bzw. einem Mädchen umfasst, meint der Begriff “Femizid nur jene Frauenmorde, die einen geschlechtsspezifischen Hintergrund haben.
Vom 1. Jänner 2016 bis 31. Dezember 2020 wurden insgesamt 137 vollendete Frauenmorde (Frauen und Mädchen) analysiert, wovon 100 als Femizid qualifiziert wurden. 9 von 10 Frauenmorden (113 Männer, 9 Frauen, 2 unbekannt) und alle Femizide wurden von männlichen Tätern begangen.
Mehr als die Hälfte der Frauenmorde (74 = 54%) bzw. rund drei Viertel der Femizide (74 = 74 %) waren Partnerschaftsmorde – sie erfolgten also durch den aktuellen oder früheren männlichen Partner. Rund drei Viertel dieser Partnerschaftsmorde erfolgten durch den aktuellen Partner (= 57), ca. ein Viertel durch einen früheren Partner (= 17). Bei 21 Partnerschaftsmorden war Gewalt aktenkundig.
Mehr als 80% der Frauenmorde (110 = 80,3%) bzw. mehr als 90% der Femizide (93 = 93%) erfolgten durch den bzw. die (Ex)Partner oder Familienangehörige. Die Opfer lebten mehrheitlich mit der späteren Täterperson zusammen.
Bei Tätern wurden häufig Hochrisikoindikatoren festgestellt, so etwa mangelnde Ressourcen, kein stabiles soziales Netzwerk, mangelnde Konfliktfähigkeit, psychische Krankheiten, Suchtkrankheiten sowie patriarchale Denkweise. Männer von 30 bis 39 Jahren bildeten die am stärksten vertretene Altersgruppe bei den Tätern (26 = 23% bei Frauenmorden und 22 = 23,7% bei Femiziden), während ihr Bevölkerungsanteil nur rund 14% ausmacht.
Nur vier der 74 Opfer von Partnerschaftsmorden hatten vor der Gewalttat die Unterstützung einer Opferschutzeinrichtung in Anspruch genommen.
Die Bundesregierung hat in den letzten Jahren den Fokus stark auf Gewaltschutz gelegt. Das Budget der Frauen- und Mädchenberatungsstellen wurde um 33% im Vergleich zu 2019 erhöht. Ebenso werden neue Frauenberatungsstellen für sexuelle Gewalt gefördert und somit Flächendeckung erreicht, die Gewaltschutzzentren und Interventionsstellen ausfinanziert. Aktuell werden in Zusammenarbeit mit den Bundesländern neue Schutz- und Übergangswohnungen (insg. 180 Plätze für von Gewalt betroffene Frauen und deren Kinder) geschaffen, um nur die wichtigsten Maßnahmen zu nennen.
Die Bundesregierung veranstaltet mittlerweile jährlich zusammen mit anderen Stakeholdern im Rahmen der Initiative „16 Tage gegen Gewalt an Frauen und Mädchen“ den Gewaltschutzgipfel. Die Veranstaltung dient einerseits der Vernetzung der einzelnen Ressorts gemeinsam mit weiteren im Prozess involvierten wichtigen Institutionen wie Opferschutzeinrichtungen und NGO’s, um den Kampf gegen Gewalt weiter auszubauen und zu verbessern. Andererseits wird hierdurch ein sichtbares Zeichen gesetzt und die Ernsthaftigkeit hinter Gewalt gegen Frauen und Mädchen betont.
Dabei wurden durch die Bundesregierung im Rahmen des Gewaltschutzpaketes 2019 wichtige weitere Maßnahmen umgesetzt. Mit der Verhängung eines Betretungsverbotes ergeht seit 01.01.2020 automatisch ein Annäherungsverbot an die gefährdete Peron einher. Zusätzlich wird seit 01.01.2022 ein vorläufiges Waffenverbot gegen die gefährdende Person durch die Polizei ausgesprochen.
Die sicherheitspolizeilichen Fallkonferenzen konnten sich seit der Wiedereinführung fast vervierfachen. Dadurch erfahren hochgefährdete Personen einen erhöhten Schutz.
Die polizeilichen Präventionsbediensteten wurden in den vergangenen Jahren mehr als verdoppelt. 1200 besonders geschulte Exekutivbedienstete, aufgeteilt auf alle Polizeiinspektionen in ganz Österreich, stehen als Ansprechpartner für gefährdete Personen zur Seite.
In Bezug auf Gewaltschutz wurden mehrere Kampagnen ins Leben gerufen. Darunter fällt auch die Kassabon-Initiative, um einen möglichst hohen Anteil an Personen in der Bevölkerung zu erreichen. Das BMI stellt auf der öffentlich zugänglichen Homepage eine allgemeine Aufklärungsinformation unter dem Namen „Sicher zu Hause“ zur Verfügung. Trotz all dieser Bemühungen zeigte die gestern, am 05.06.23, veröffentlichte Studie, dass viele Frauen und Mädchen nicht wissen wo sie abseits der Polizei Hilfe bekommen und dass diese Hilfsangebote mehrsprachig, niederschwellig und kostenlos zur Verfügung stehen. Dementsprechend gilt es in diesem Bereich nachzuschärfen.
Klar ist, dass jeder Frauenmord einer zu viel ist und Politik und Gesellschaft alles tun müssen, dass wir Frauen und Mädchen vor Gewalt schützen.
Wir haben in Österreich ein breites Netz an Opferschutz- und Gewaltschutzeinrichtungen darunter:
Dieses Netz ist aber nur so gut, wie es auch angenommen wird. Daher müssen wir weiter daran arbeiten, die bestehenden Angebote noch bekannter zu machen, damit jede Frau und jedes Mädchen weiß, wohin sie sich im Falle einer Gewaltsituation wenden kann und Hilfe erfährt.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, im Zuge einer breiten und niederschwelligen Informationskampagne gezielt Frauen und Mädchen über die bestehenden Angebote zu informieren und aufzuklären. Insbesondere sollen die Informationen auch in einfacher Sprache ausgearbeitet werden, um möglichst viele betroffene Frauen und Mädchen zu erreichen.“
Zuweisungsvorschlag: Gleichbehandlungsausschuss