Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus und das Bundesgesetz über die Einrichtung des Fonds zur Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe in Österreich geändert werden

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Bundesgesetzes über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus

Das Bundesgesetz über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus, BGBl. Nr. 432/1995, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 94/2020, wird wie folgt geändert:

1. § 2 Abs. 4 lautet:

„(4) Der Fonds unterstützt

           1. Personen, die den Gedenkdienst als Zivildiener oder im Zuge des freiwilligen Sozialjahres gemäß Freiwilligengesetz absolvieren, im Ausmaß von höchstens 400 Euro pro Person und Monat;

           2. im Wege bestehender Institutionen (z.B. OeAD GmbH) oder einer neu zu gründender Organisationen Kinder und Jugendliche bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres, die an internationalen Austauschprogrammen zur Bewusstseinsbildung betreffend jüdisches Leben und betreffend die Gefahren des Antisemitismus teilnehmen.“

2. In § 2 werden nach Abs. 4 folgende Abs. 5 bis 7 angefügt:

„(5) Anträge gemäß Abs. 3 und 4 sind individuell auf der dafür seitens des Fonds einzurichtenden Internetplattform einzubringen. Die gemäß Abs. 3 geförderten Projektträger sind verpflichtet, dem Fonds nach Abschluss des geförderten Projekts über das Projekt und die Mittelverwendung schriftlich zu berichten. Die gemäß Abs. 4 geförderten Personen sind verpflichtet, über die Ausübung ihrer Tätigkeit und ihre dabei gewonnen Erfahrungen dem Fonds schriftlich zu berichten. Die Praxis des Fonds bei der Unterstützung von Projekten gemäß Abs. 3 und 4 ist jährlich zu evaluieren.

(6) Alle Entscheidungen über die Gewährung von einmaligen oder wiederkehrenden Geldleistungen sind gegenüber den Antragstellern und dem Kuratorium unter Bezugnahme auf gesetzliche Bestimmungen und auf die Bestimmungen der Richtlinien (Abs. 7) nachvollziehbar schriftlich zu begründen.

(7) Der Fonds erbringt einmalige oder wiederkehrende Geldleistungen. Nähere Vorschriften über die Leistungen werden in Richtlinien des Fonds erlassen.

(8) Um sicherzustellen, dass dem Fonds bei seiner Aufgabenwahrnehmung multi- und transdisziplinäre Zugänge ermöglicht werden, legt das Kuratorium auf Vorschlag des Beirates (§ 5a) inhaltliche Schwerpunkte für einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren in den Richtlinien gemäß Abs. 7 fest. Es hat in diesem Fall auch festzulegen, welcher Anteil der für die Unterstützung von Projekten zur Verfügung stehenden Mittel (Abs. 3) für die jeweiligen Schwerpunkte zu verwenden ist, wobei dieser Anteil mindestens 30% und maximal 50% der zur Verfügung stehenden Mittel zu betragen hat. Nähere Vorschriften über diese Evaluierung werden in den Richtlinien gemäß Abs. 7 erlassen.“

3. § 2a Abs. 1 Z 5 lautet:

         „5. die Dotierung der Stiftung Auschwitz-Birkenau und die Gewährleistung des Betriebs der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau (§ 2c). Die bisherige Ausstellung ist im Archiv der Parlamentsdirektion sachgerecht zu verwahren. Der Bund leistet dem Fonds die für die Erfüllung dieser Aufgaben erforderliche administrative Unterstützung;“

4. § 2a Abs. 1 Z 7 lautet:

         „7. in Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Organisationen und Einrichtungen, die im Bereich der Verbreitung von Wissen um den Nationalsozialismus, seine Nachgeschichte und Folgen und das Schicksal seiner Opfer sowie der Wahrung des Andenkens an die Opfer und der Präventionsarbeit gegen Antisemitismus, Antiziganismus, Rassismus und Homophobie tätig sind, sowie Einrichtungen des primären, sekundären und tertiären Bildungsbereiches unter Berücksichtigung der inhaltlichen Schwerpunktsetzung (§ 2 Abs. 8) die Förderung und Verbreitung von Wissen um den Nationalsozialismus, seine Folgen und das Schicksal seiner Opfer sowie die Wahrung des Andenkens an die Opfer, insbesondere durch

               a) die geordnete Erfassung der vom Nationalfonds und vom Allgemeinen Entschädigungsfonds erstellten Verfahrens- und Verfolgungsdokumentation;

               b) die Sammlung von lebensgeschichtlichen Zeugnissen von Opfern des Nationalsozialismus und ihren Familien;

                c) die Bereitstellung und Vermittlung von Informationen zu Nationalsozialismus und Entschädigungs- und Restitutionsmaßnahmen für die Öffentlichkeit und die Erleichterung des Zuganges zu den betreffenden Materialien;

               d) die Beantwortung von Anfragen in Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus und dessen Folgen in Österreich;“

5. In § 2a Abs. 1 Z 9 wird der Punkt durch einen Strichpunkt ersetzt und nach Z 9 folgende Z 10 und 11 eingefügt:

      „10. die Förderung des laufenden Informationsaustausches und der Zusammenarbeit nationaler und internationaler Organisationen und Einrichtungen, die im Bereich der Verbreitung von Wissen um den Nationalsozialismus, seine Nachgeschichte und Folgen und das Schicksal seiner Opfer sowie der Wahrung des Andenkens an die Opfer und der Präventionsarbeit gegen Antisemitismus, Antiziganismus, Rassismus und Homophobie tätig sind, insbesondere durch Zurverfügungstellung einer entsprechenden Plattform;

        11. die Entgegennahme der Berichte von Teilnehmenden des Gedenkdienstes im Sinne des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 27/2012, in der jeweils geltenden Fassung, die im Bericht gemäß § 4 Abs. 7 zu berücksichtigen sind;“

6. Dem § 2a werden folgende Abs. 5 bis 7 angefügt:

„(5) Die Dokumentationen gemäß Abs. 1 Z 7 lit. a und b sind nach Möglichkeit in digitaler Form zu führen. Für wissenschaftliche oder historische Forschungszwecke kann im Einzelfall eine Nutzung gewährt werden, wenn

           1. ein öffentliches Interesse an der Untersuchung besteht, das die schutzwürdigen Interessen der betroffenen Personen überwiegt, und

           2. gewährleistet ist, dass die personenbezogenen Daten beim Verantwortlichen der Untersuchung nur von Personen mit einschlägigen Fachkenntnissen und Forschungserfahrungen verarbeitet werden, die hinsichtlich des Gegenstandes der Untersuchung einer gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht unterliegen oder deren diesbezügliche Verlässlichkeit sonst glaubhaft ist.

(6) Die Archivierung der Dokumentationen gemäß Abs. 1 Z 7 lit. a und b hat in Zusammenarbeit mit dem Archiv der Parlamentsdirektion zu erfolgen.

(7) Zur Information der Öffentlichkeit über die Wahrnehmung seiner Aufgaben hat der Fonds jährlich eine Konferenz abzuhalten, zu der alle im Bundesgebiet tätigen Organisationen und Einrichtungen einzuladen sind, die im Bereich der Verbreitung von Wissen um den Nationalsozialismus, seine Nachgeschichte und Folgen und das Schicksal seiner Opfer sowie der Wahrung des Andenkens an die Opfer und der Präventionsarbeit gegen Antisemitismus, Antiziganismus, Rassismus und Homophobie tätig sind.“

7. Nach § 2e Abs. 6 wird folgender Abs. 7 eingefügt und der bisherige Abs. 7 erhält die Absatzbezeichnung „(8)“:

„(7) Im Rahmen des Festaktes gemäß Abs. 6 erster Satz kann der Vorsitzende des Kuratoriums auf Vorschlag der Simon-Wiesenthal-Preis-Jury

           1. natürliche Personen für ihr besonderes zivilgesellschaftliches Engagement gegen Antisemitismus und für die Aufklärung über den Nationalsozialismus sowie

           2. Zeitzeugen des nationalsozialistischen Terrorregimes

in besonderer Form würdigen.“

8.In § 2e Abs. 8 wird nach der Wortfolge „aller Preisträger des Simon-Wiesenthal-Preises“ die Wortfolge „sowie aller gemäß Abs. 7 gewürdigten Personen“ eingefügt.

9. § 3 Abs. 1 lautet:

§ 3. (1) Organe des Fonds sind das Kuratorium (§ 4), das Komitee (§ 5), der wissenschaftlich- künstlerische Beirat (§ 5a) und der Vorstand (§ 6).“

10. § 5a lautet:

§ 5a. (1) Zur fachlichen Unterstützung und Beratung des Komitees sowie zur Erarbeitung inhaltlicher Schwerpunkte (§ 2 Abs. 8) wird der wissenschaftlich-künstlerische Beirat eingerichtet. Der Beirat und seine Mitglieder sind bei ihrer Tätigkeit unabhängig und weisungsfrei.

(2) Dem Beirat gehören an:

           1. eine vom Präsidenten der Österreichischen Akademie der Wissenschaften entsandte fachkundige Person;

           2. zwei Personen mit wissenschaftlicher oder wissenschaftlich-künstlerischer Reputation auf dem Gebiet der Zeitgeschichte, der Museumspädagogik oder der (Fach-)Didaktik, die von der Österreichischen Universitätenkonferenz entsandt werden;

           3. eine vom Österreichischen Nationalkomitee des International Council of Museums entsandte Person;

           4. drei weitere fachkundige Personen, die auf Vorschlag des Komitees vom Kuratorium bestellt werden.

(3) Die Mitglieder des Beirates sind vom Kuratorium für die Dauer von fünf Jahren zu bestellen; sie bleiben bis zur Bestellung neuer Mitglieder im Amt. Eine einmalige Wiederbestellung ist zulässig. Die Mitglieder des Kuratoriums (§ 4) und des Komitees (§ 5) können nicht Mitglieder des Beirates sein. Mitglieder des Beirates dürfen auch nicht Mitglieder der Bundesregierung, Staatssekretärinnen und Staatssekretäre, Mitglieder einer Landesregierung, Mitglieder des Nationalrats, des Bundesrats oder eines sonstigen allgemeinen Vertretungskörpers und Funktionäre einer politischen Partei sein; dies gilt auch für Personen, die eine dieser Funktionen in den letzten vier Jahren ausgeübt haben.

(4) Der Beirat wählt aus seiner Mitte einen Vorsitzenden und einen Stellvertreter. Zur konstituierenden Sitzung des Beirates lädt der Vorsitzende des Komitees; dieser leitet die Sitzung bis zur Wahl des Vorsitzenden des Beirates.

(5) Die Einberufung des Beirates hat nach Bedarf zu erfolgen, wobei der Beirat zumindest vierteljährlich Zusammentritt.

(6) Der Beirat legt nach seiner konstituierenden Sitzung seine Geschäftsordnung fest, die insbesondere die Einberufung, den Ablauf, die mögliche Teilnahme Dritter und die Protokollierung von Sitzungen zu regeln hat. Der Beirat ist bei Anwesenheit von zumindest fünf Mitgliedern beschlussfähig und entscheidet mit Zweidrittelmehrheit; eine Stimmenthaltung ist nicht zulässig.

(7) Der Vorsitzende des Komitees kann an den Sitzungen des Beirates mit beratender Stimme teilnehmen.

(8) Die Tätigkeit als Mitglied des Beirates ist ehrenamtlich. Die Mitglieder haben Anspruch auf Reise- und Nächtigungskosten sowie Barauslagen unter sinngemäßer Anwendung der Reisegebührenvorschrift 1955, BGBl. Nr. 133/1955, in der jeweils geltenden Fassung.“

(9) Der Beirat berät das Komitee betreffend die Auswahl der Projekte (§ 2 Abs. 3). Dazu nimmt er alle auf der seitens des Fonds eingerichteten Internetplattform eingebrachten Anträge auf Förderung entgegen und legt nach Prüfung derselben dem Komitee einen Vorschlag für die Beschlussfassung gemäß Abs. 2 vor. Das Komitee ist an die Vorschläge des Beirates nicht gebunden.

(10) Der Beirat erarbeitet Vorschläge für eine inhaltliche Schwerpunktsetzung (§ 2 Abs. 7), die im Wege des Vorsitzenden des Kuratoriums an das Kuratorium zur Beschlussfassung weiterleitet werden.

11. § 6 lautet:

§ 6. (1) Der Vorstand dient der Unterstützung des Vorsitzenden des Kuratoriums bei der Verwaltung des Fonds und bereitet die Beschlüsse und Entscheidungen des Kuratoriums und des Komitees vor.

(2) Der Vorstand besteht aus zwei Mitgliedern. Diese haben über die notwendigen Kenntnisse auf dem Gebiet des Nationalsozialismus und dessen Nachgeschichte, über die notwendigen kaufmännischen Kenntnisse und über ausreichende Leitungserfahrung zu verfügen und werden vom Präsidenten des Nationalrates nach Durchführung einer öffentlichen Ausschreibung und nach Beratung in der Präsidialkonferenz des Nationalrates für fünf Jahre bestellt. Wiederbestellungen sind zulässig. § 20 BDG 1979 ist sinngemäß anzuwenden.

(3) Mitglieder des Vorstandes dürfen nicht Mitglieder der Bundesregierung, Staatssekretärinnen und Staatssekretäre, Mitglieder einer Landesregierung, Mitglieder des Nationalrats, des Bundesrats oder eines sonstigen allgemeinen Vertretungskörpers und Funktionäre einer politischen Partei sein. Dies gilt auch für Personen, die eine dieser Funktionen in den letzten vier Jahren ausgeübt haben.

(4) Die Vorstandsmitglieder haben ihre Aufgaben mit der Sorgfalt ordentlicher Unternehmer sparsam, wirtschaftlich und zweckmäßig zu erfüllen.

(5) Die Mitglieder des Vorstandes können nur gemeinsam tätig werden und haben bei der Erfüllung der Aufgaben des Vorstandes einvernehmlich vorzugehen. Der Vorstand hat die interne Aufgabenverteilung mittels Geschäftseinteilung festzulegen.

(6) Der Vorstand erstellt eine Geschäftseinteilung für den Fonds, die vom Vorsitzenden des Kuratoriums zu genehmigen und dem Kuratorium vor Beschlussfassung zur Kenntnis zu bringen ist.

(7) Der Vorstand hat quartalsweise den Mitgliedern des Kuratoriums und den Mitgliedern des Beirats im Wege des jeweiligen Vorsitzenden im Vorhinein über alle geplanten und im Nachhinein über alle durchgeführten Maßnahmen schriftlich zu berichten. Diese Berichte sind auf geeignete Weise zu veröffentlichen. Den Kuratoriumsmitgliedern ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Darüber hinaus können Kuratoriumsmitglieder Vorschläge betreffend Maßnahmen dem Vorstand übermitteln.

(8) Der Vorstand hat auch die Aufgabe, die Verbindung zwischen Österreich und den im Ausland lebenden Opfern des Nationalsozialismus und ihren Nachkommen zu pflegen.“

12. In § 8 wird nach Abs. 6 folgender Abs. 7 angefügt:

„(7) § 2 Abs. 4 bis 7; § 2a Abs. 1 Z 5, 7, 10 und 11; § 2a Abs. 5 bis 7; § 2e 7 und 8; § 3 Abs. 1; § 5a sowie § 6 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2023 treten mit 1. Jänner 2024 in Kraft. § 2a Abs. 1 Z 5 tritt am 1. Dezember 2026 in Kraft. Der bzw. die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes ernannte Generalsekretär bzw. Generalsekretärin gilt gemäß § 6 Abs. 2 für fünf Jahre als Vorstandmitglied bestellt. Ab dem 1. Jänner 2024 vermindert oder erhöht sich der Betrag gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 in jenem Maß, in dem sich der von der Bundesanstalt ‚Statistik Österreich‘ verlautbarte Verbraucherpreisindex 2010 oder der an seine Stelle tretende Index des Vorjahres verändert.“

Artikel 2

Änderung des Bundesgesetzes über die Einrichtung des Fonds zur Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe in Österreich

Das Bundesgesetz über die Einrichtung des Fonds zur Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe in Österreich, BGBl. I Nr. 99/2010, wird wie folgt geändert:

1. In § 1 Abs. 1 entfällt die Wortfolge „in den nächsten 20 Jahren“.

2. In § 3 Abs. 2 erster Satz wird die Wortfolge „in gleicher Höhe wie die Zuwendungen des Bundes“ durch die Wortfolge „mindestens in Höhe eines Viertels der Zuwendungen des Bundes“ ersetzt.

3. § 4 Abs. 1 lautet:

§ 4. (1) Organe des Fonds sind das Kuratorium und der Vorstand des Nationalfonds sowie der Beirat gemäß § 5.“

4. In § 6 Abs. 1 wird die Zahl „20“ durch die Zahl „40“ ersetzt.

5. Nach § 6 wird folgender § 7 samt Überschrift angefügt:

„Inkrafttreten

§ 7. § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 2 erster Satz, § 4 Abs. 1 und § 6 Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2023 treten mit 1. Jänner 2024 in Kraft.“