3567/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 20.09.2023
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Entschließungsantrag
der Abgeordneten Ing. Reinhold Einwallner, Christian Oxonitsch, Petra Wimmer,
Genossinnen und Genossen
betreffend Kinder besser schützen – Betroffene besser unterstützen
Vor sechs Monaten, am 25. Jänner 2023, stellte die Bundesregierung nach mehreren schrecklichen Missbrauchsfällen sowie dem Fall Teichtmeister ein Paket mit Maßnahmen für den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Gewalt mit dem Fokus auf sexuelle Gewalt vor und kündigte eine Reihe von Maßnahmen an, die Kinder künftig besser von sexuellem Missbrauch und Gewalt schützen sollten. Diese politische Ansage erfolgte unter großer öffentlicher Aufmerksamkeit und sah unter anderem die Erhöhung vor Strafen für Missbrauchsdarstellungen von Kindern und Jugendlichen, ein Tätigkeitsverbot für Straftäterinnen und Straftäter, die Implementierung von Kinderschutzkonzepten in allen Schulen, eine österreichweit Kinderschutz-Kampagne, Verbesserungen im Zusammenhang mit Cyberermittlungen im Zusammenhang mit Online-Kindesmissbrauch sowie Ausbau der Präventionsmaßnahmen, insbesondere die Stärkung der Familienberatungsstellen und Nachbetreuung der Opfer von sexuellem Missbrauch vor.
Ein halbes Jahr später, im September 2023, sind die Maßnahmen – wie so viele andere Ankündigungen der Bundesregierung – noch immer nicht umgesetzt.
Wie sehr die Zeit drängt, zeigt eine Statistik des Bundeskriminalamts[1], wonach im Jahr 2022 eine erneute Zunahme der Anzeigen wegen Online-Kindesmissbrauchs in Österreich festgestellt wurde. Waren es 2017 noch 733 Anzeigen aufgrund Missbrauchsdarstellungen Minderjähriger (§ 207a StGB), wurden 2022 insgesamt 2.061 angezeigte Fälle registriert. Das Dunkelfeld der Kriminalität ist weitaus größer und die Tendenz ist steigend. Drei Viertel aller Fälle von sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen geschehen im privaten Umfeld[2], was mit der Zunahme von Fällen häuslicher Gewalt korreliert[3]. Auch im Internet werden jeden Tag Rechte von Kindern und Jugendlichen auf Schutz vor sexuellem Missbrauch und Ausbeutung verletzt.
Trotz dieser schrecklichen Zahlen kommt die Regierung auch bei dem so brennenden Thema Kindeschutz einfach nicht in die Gänge. Das Zögern der Bundesregierung ist umso unbegreiflicher als das Österreichische Bundesverfassungsrecht im Art. 5 BVG über die Rechte von Kindern ganz klar vorgibt: „Jedes Kind hat das Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, die Zufügung seelischen Leids, sexueller Missbrauch und andere Misshandlungen sind verboten. Jedes Kind hat das Recht auf Schutz vor wirtschaftlicher und sexueller Ausbeutung.“
Zum aktuellen Zeitpunkt ist die Österreichische Regierungspolitik jedoch meilenweit davon entfernt, Kindern den ihnen zustehenden verfassungsgesetzlichen Schutz zu sichern. Auch die von Expert:innen dringend eingeforderten weitergehenden Maßnahmen zum Schutz von Kindern vor Gewalt und sexueller Ausbeutung werden weiterhin ignoriert. Kinder und Jugendliche sind in Österreich somit noch immer nicht besser geschützt. Betroffene sind noch immer nicht besser unterstützt.
Dabei geht Kinderschutz uns alle an! Unser Ziel muss es sein, künftig wesentlich stärker den Blickwinkel der Betroffenen einzunehmen und Kinder in allen Bereichen effektiv zu schützen. Der Kampf gegen sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche ist schließlich eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Dazu braucht es:
· Starke Prävention - Sensibilisierung dort, wo Kinder sind
· Vernetzte und gut ausgestattete Institutionen – Zusammenarbeit überall dort, wo es um Kinder geht
· Digitaler Raum – Freiheit und Sicherheit, dort wo sich Kinder im Netz aufhalten
· Bundesweiter Kinderschutz – Klare Regelungen in einem Bundes-Kinderschutzgesetz
Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
"Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend Vorschläge für ein umfassendes Bundes-Kinderschutzgesetz zuzuleiten sowie nachstehende Maßnahmen umzusetzen:
Starke Prävention - Sensibilisierung dort, wo Kinder sind
· Verpflichtende Kinderschutzkonzepte, für alle Institutionen, Vereine und Einrichtungen, die mit Kindern arbeiten (incl. anonymer Anlaufstellen) sowie für den gesamten elementarpädagogischen Bereich;
· Verpflichtende Kinderschutzworkshops für Kinder in Schulen und Kindergärten, mindestens ein Mal pro Jahr;
· Pflicht-Ausbildung und Sensibilisierung in Sachen Kinderschutz für alle Pädagog:innen, Polizist:innen, Richter:innen und weitere Berufsgruppen sowie Kinderschutzteams mit entsprechenden Ressourcen in allen pädagogischen Einrichtungen;
· Präventionsprogramme, wie „Keine Täter werden“[4], um potentielle Täter:innen im Auge zu behalten.
Erfolgreiche Kooperation - Vernetzte und gut ausgestattete Institutionen dort, wo es um Kinder geht
· Einrichtung eines permanenten Krisenstabes bestehend aus Rechts-, Kriminal-, und Gewaltschutz- und Opferschutzexpert:innen und Ministerien, der für ein Ineinanderwirken sorgt und auf bestehendes Knowhow zurückgreift;
· Basisfinanzierung für Gewalt- und Opferschutzeinrichtungen;
· Flächendeckender Ausbau von Gewaltschutzambulanzen;
· Kinder- und Jugendhilfe besser ausstatten und weiterentwickeln.
Digitaler Raum – Freiheit und Sicherheit, dort wo sich Kinder im Netz aufhalten
· Mehr Personal in der Justiz und Polizei sowie bessere Ausstattung und Expert:innen für Aufklärung von Online‑Kindesmissbrauch im Büro für „Sittlichkeit und Kinderpornografie“ im Bundeskriminalamt sowie;
· Höhere Strafen für Online-Kindesmissbrauch: In Österreich gilt für den Besitz von „Bildern von Kindesmissbrauch“ eine Höchststrafe von 2 Jahren, bei Verbreitung sind es 3 Jahre. In Deutschland sind die Höchststrafen für dieselben Straftaten mit 5 bzw. 10 Jahren Strafe deutlich höher;
· Kampf gegen Online-Missbrauch auf internationaler Ebene durch stärkere Kooperation zwischen Behörden und Institutionen (Polizei, Justiz) ausbauen.“
Zuweisungsvorschlag: Ausschuss für innere Angelegenheiten
[1] https://bundeskriminalamt.at/501/files/2023/PKS_Broschuere_2022.pdf
[2] https://beauftragte-missbrauch.de/fileadmin/Content/pdf/Zahlen_und_Fakten/Fact_Sheet_Zahlen_und_Fakten_zu_sexuellem_Kindesmissbrauch_UBSKM.pdf
[3] Gewaltschutzzentrum Wien Tätigkeitsbericht 2022
[4] https://www.kein-taeter-werden.de/