3571/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 20.09.2023
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen
betreffend WKO-Zwangsbeiträge direkt einheben
Bei den Skandalen rund um die Verschwendung von
Kammerbeiträgen betont der Wirtschaftsminister als Aufsichtsbehörde
stets die Selbstverwaltung der Wirtschaftskammern. Beim Eintreiben der Gelder
nimmt man aber gern die Dienste des Finanzministeriums in Anspruch. Wenn schon
Selbstverwaltung dann voll – die Wirtschaftskammern sollte mit gutem
Beispiel vorangehen und die eigenen Abgaben in die Hand nehmen.
Wenig ruhmreiche Nachrichten im Umgang mit ihrem Geld mussten die gesetzlich verpflichteten Beitragszahler:innen in den letzten Jahren von den Wirtschaftskammern lesen. Von Kurzurlauben von Kammerfunktionären, Mitgliedschaften in Yachtclubs, Selbsterhöhung der Zulagen durch Kammerpräsidenten, Sonderpensionen für Spitzenfunktionäre bis hin Parteienförderung in Rekordhöhe und vieles mehr (1). Auf mehrfache Anfrage hin lehnte das zuständige Kontrollorgan – Bundesminister Kocher – stets ab, Maßnahmen zu setzen, um einen effizienten Einsatz der Gelder sicherzustellen und damit auch Missbrauch endlich zu verhindern. Stattdessen verwies der Wirtschaftsminister stets auf die Selbstverwaltung der Wirtschaftskammern.
Während beim Ausgeben der Gelder der Zwangsmitglieder innerhalb der Wirtschaftskammern nahezu grenzenlose Narrenfreiheit besteht, überlässt die Kammer die lästige Aufgabe des Geldeintreibens lieber anderen. Gemäß § 126 Absatz 2 Wirtschaftskammergesetz stellen Kammerumlagen „Abgaben im Sinne der Bundesabgabenordnung dar“ und unterliegen daher den gleichen Verfahrensvorschriften. Die Wirtschaftskammer handelt hier keinesfalls selbst, sondern hat dabei eine starke Unterstützung: den österreichischen Finanzminister. Die Finanzverwaltung muss also das Geld einsammeln und dann an die Kammer weiterleiten.
Es wäre nicht Österreich und die Wirtschaftskammer, wenn das im Detail nicht noch komplizierter wäre. Es gibt nämlich drei sogenannte Umlagen (2).
Die Kammerumlagen soll der Finanzierung der Wirtschaftskammer dienen: Diese sind Selbstbemessungsabgaben, müssen also - wie erwähnt - selbst berechnet und viermal im Jahr an das Finanzamt abgeführt werden.
Dazu gibt es noch die Grundumlage, die der Finanzierung der Fachgruppen und Fachverbände dienen soll: Die Grundumlage muss jedes Unternehmen - im Unterschied zu den zwei vorherigen - direkt an die jeweilige Fachorganisation in der jeweiligen Kammer übermitteln. Die Höhe variiert sehr stark zwischen Fachgruppen und Bundesländern. So mussten im Jahr 2022 Unternehmen im Lebensmittelgewerbe in Niederösterreich maximal 2.100 EUR, in Salzburg 4.500 EUR oder im Burgenland rund 19.000 EUR zahlen. Ein Gastronomiegewerbe muss man pro Betriebsstätte 137 EUR in der Steiermark zahlen, aber in Niederösterreich 99 EUR. (3) Die Höhe wird der jeweiligen Organisation auf Landesebene festgelegt. Laut WKO ergeben sich die Unterschiede daraus, dass die Höhe dem Bedarfsdeckungsprinzip folgt. In Wahrheit dürfen unterschiedliche Befindlichkeiten und der Zufall bei der Höhe dieser weiteren Zwangsabgabe eher eine Rolle spielen.
Die Wirtschaftskammern haben wegen der Konstruktion des Umlagesystems besonders von der Krise und der hohen Inflation profitiert - die Einnahmen sprudeln (4). Ein näherer Blick auf die Berechnungsgrundlage zeigt deutlich, dass jede Branche von höheren Zahlungen betroffen war. Wenn die Aufwendungen für eingekaufte Lieferungen oder andere Leistungen durch die hohen Energiekosten steigen, erhöht sich also die Kammerumlage 1 und damit auch die Einnahmen der Wirtschaftskammern. Immer höhere Beitragszahlungen drohen ebenfalls über die Kammerumlage 2, was mitarbeiterintensive Branchen besonders belasten wird. Die durch die hohen Energiepreise gestiegene Inflation wird über die KV-Abschlüsse letztlich die Lohnkosten erhöhen, weshalb auch die Kammerumlage 2 zusätzliches Geld in die prallen Kassen der Wirtschaftskammern spülen wird. Berechnungen der Agenda Austria zeigen auf, dass die Kammerumlagen sogar schneller wachsen als die Inflation.

Selbstverwaltung ernst nehmen: Zwangsbeiträge selbst einheben!
Die Wirtschaftskammern pochen stets auf ihre Selbstverwaltung, dann sollen sie das auch ernst nehmen und ihre Zwangsbeiträge selbst direkt einheben. Die Grundumlagen heben die Fachorganisationen der Kammer bereits jetzt selbst ein. Das ist natürlich auch für KU1 und KU2 möglich. Diese Vorgangsweise wird den Mitgliedern sichtbar machen, wie viel ihre Mitgliedschaft tatsächlich kostet. Wenn die Unternehmen in Österreich schon zur Mitgliedschaft gezwungen werden, sollte es auch möglich sein, dass diese Zwangsmitglieder ihre Beiträge regelmäßig an ihre Kammer abführen, wie der Besitzer eines TV-Geräts seine GIS-Gebühr regelmäßig abführt.
Quellen:
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Der Nationalrat wolle beschließen:
"Die Bundesregierung,
insbesondere der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft, wird
aufgefordert, einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der die Selbstverwaltung der
Wirtschaftskammern auch für die Einhebung der Kammerumlagen umsetzt. Die
Kammerumlagen 1 und 2 soll nicht mehr das Finanzamt, sondern die Kammer selbst
einheben."
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Wirtschaft‚ Industrie und Energie vorgeschlagen.