3589/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 20.09.2023
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

 

 

der Abgeordneten Julia Herr,

Genossinnen und Genossen

 

 

betreffend Mehr Jobs für mehr Kreislaufwirtschaft

 

In der EU entstehen jährlich mehr als 2,2 Milliarden Tonnen Abfall, in Österreich sind es 71,26 Millionen Tonnen. Das ist ein Problem für Menschen und Umwelt. Denn durch die große Menge an Abfällen entstehen viele CO2-Emmissionen, es gelangen schädliche Materialien in die Natur und wertvolle Ressourcen gehen verloren. Deswegen ist es wichtig, durch die Wiederverwendung und das Recycling von Produkten die Nutzung natürlicher Ressourcen zu verringern und zu bremsen. So kann die Zerstörung von Landschaften und Lebensräumen verringert werden und der biologische Verlust kann verlangsamt werden. Eine Kreislaufwirtschaft würde genau hier ansetzen und Produkte reparieren, recyceln und wiederverwenden statt – wie bei einer klassischen Linearwirtschaft – einfach „alte“ Produkte zu entsorgen und neue zu produzieren.

 

Mehr Kreislaufwirtschaft ist notwendig

 

Laut WIFO-Studie[1] zu den arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen im Hinblick auf die Ökologisierung der Wirtschaft gibt es in Österreich noch große Möglichkeiten im Bereich der Transformation hin zu einer Kreislaufwirtschaft. So hat Österreich einen hohen Verbrauch an Primärrohstoffen sowie ein großes Abfallaufkommen. Daraus lässt sich ableiten, dass die österreichische Wirtschaft noch viel Potenzial hat, was sogenannte „kreislaufwirtschaftlichen Instrumente“ betrifft, die vor dem Recycling stattfinden, nämlich beispielsweise Repair, Refurbish und ReUse. Neben dem riesigen Potenzial im Bereich Klimaschutz/Umweltschutz, hat die Umgestaltung unserer Wirtschaft in Richtung einer Kreislaufwirtschaft aber auch große Vorteile und Chancen für den Arbeitsmarkt.

 

Kreislaufwirtschaft als Chance für den Arbeitsmarkt

 

Laut der bereits erwähnten WIFO-Studie werden aufgrund der hohen Arbeitsintensität und der zuweilen limitierten Automatisierungsoptionen große Beschäftigungspotentiale für eine weitreichend kreislauforientierte und ressourcenschonende Wirtschaft angenommen. In der EU wird durch eine Annäherung an eine Kreislaufwirtschaft ein Netto-Zugewinn von etwa 700.000 Arbeitsplätzen und eine Erhöhung des BIP um fast 0,5% bis 2030 erwartet. Laut der bereits erwähnten WIFO-Studie werden die größten kreiswirtschaftlichen Beschäftigungspotentiale im Umfeld von ReUse (konkret auch und vor allem in Secondhand-Shops und Online-Plattformen) sowie von Reparatur gesehen. Angenommen wird, dass die potenziellen Beschäftigungszuwächse in diesem Bereich durch eine kreislaufwirtschaftliche Transformation sowohl niedrige als auch mittlere bis hohe Qualifikationsniveaus betreffen würden – eine große Chance also für den gesamten Arbeitsmarkt.

 

Aktive Arbeitsmarktpolitik

 

Doch das passiert nicht von allein – so kommt die Europäische Kommission zum Schluss, dass den öffentlichen Arbeitsverwaltungen – in Österreich wäre das das AMS – eine Schlüsselrolle bei der Erleichterung des Übergangs zu einer umweltfreundlicheren Wirtschaft zukommen wird. Es braucht also einen starken, aktiven Staat, um diese Potenziale voranzutreiben und auch voll auszuschöpfen.

 

Aus-, Um- und Weiterbildungsmöglichkeiten schaffen

 

Konkret muss hier an mehreren Ebenen angesetzt werden: Einerseits braucht es entsprechend ausgebildete Menschen, die diese zusätzlichen Jobs auch entsprechend ausüben können. Von Expertinnen und Experten wird erwartet, dass es mehr Reparatur- und Servicetechniker:innen, Recyclingtechniker:innen für Verwertungsbetriebe und Entsorgungsfachbetriebe, Kunststoffrecyclingtechniker:innen und Kompostfachleuten, aber auch Fachkräfte in Schneidereien, Elektrofachleute, (E-)Commerce-Fachkräfte und EDV-Fachleute für die Digitalisierung der Kreislaufwirtschaft brauchen wird. Um diesen steigenden Bedarf zu decken, braucht es gezielte Aus-, Weiter- und Umschulungsangebote. Kursangebote des AMS sollen darauf noch stärker umgestellt werden, zusätzlich könnte der Staat durch das Betreiben von überbetrieblichen Lehrwerkstätten bereits jetzt die Arbeitskräfte der Zukunft ausbilden.

 

Arbeitsplätze schaffen

 

In vielen Bereichen – von Elektrogeräten bis hin zu Textilien – gibt es große Möglichkeiten zur Wiederverwendung, Reparatur, Recycling oder Refurbishing. Die Möglichkeiten sind jedoch bei weitem nicht ausgeschöpft. Deswegen kann der Staat genau hier ansetzen. Durch Beschäftigungsprogramme und öffentliche Organisation von kreislaufwirtschaftlichen Projekten, wie das Betreiben von Werkstätten oder Sortier- und Sammelstationen können nachhaltige Arbeitsplätze in ganz Österreich geschaffen werden. Bestehende Projekte und Betriebe können gezielt gefördert und unterstützt werden und so die Beschäftigung in diesen Bereichen zu steigern. Gerade sozialökonomische Betriebe sind in dem Bereich Vorreiter. Spanien beispielsweise hat ein Gesetz verabschiedet das ein Verbot der Zerstörung von nicht verderblichen, unverkauften Waren, einschließlich Textilien, elektrischer und elektronischer Produkte und Spielzeug vorsieht. Laut dem Gesetzt soll die Hälfte der öffentlichen Ausschreibungen für die Sammlung, den Transport und die Behandlung von ReUse-Produkten an Sozialunternehmen, die für die Behandlung von Abfällen zugelassen sind, vergeben werden. So können Jobs geschaffen werden. Auch in Frankreich sind ähnliche Maßnahmen für Langzeitarbeitslose geplant. Um abzuschätzen, wie viele zusätzliche Arbeitsplätze möglich wären, gehen Schätzungen der WIFO-Studie zufolge von einem Potenzial von 70 Arbeitsplätze pro 1.000 metrischen Tonnen ReUsefähiger Abfälle aus.

 

Rechtliche Grundlagen schaffen

 

Für eine effektive Kreislaufwirtschaft braucht es aber vor allem auch die entsprechenden rechtlichen Grundlagen. Allein die Planungs- und Ausschreibungsphase von Produkten, aber auch Gebäuden hat wesentlichen Einfluss auf deren Potential. Das soll gesetzlich klar festgelegt werden, gerade bei Ausschreibungen und Anschaffungen des Bundes. Denn die Möglichkeit für Recycling, Trennbarkeit und Wiederverwendbarkeit von Materialien sind ein wesentlicher Hebel für die Kreislaufwirtschaft. Darüber hinaus braucht es ein Vernichtungsverbot von nicht verderblichen, unverkauften Waren und klare gesetzliche Bestimmungen, wie diese Waren dann wieder aufbereitet werden können. Zusätzlich sollen mehr Anreize zur Reparatur geschaffen werden, angelehnt an den Reparaturbonus. So hat Frankreich beispielsweise einen Bonus geschaffen für die Reparatur von Kleidung und Schuhen. Darüber hinaus braucht es national, aber auch EU-weit strengere Produkt-Design-Richtlinien, damit die Qualität der Produkte und die Möglichkeit deren Reparatur bzw. der Wiederverwendbarkeit auch entsprechend sichergestellt werden kann. Mit den richtigen Maßnahmen können gute Jobs geschaffen und gleichzeitig wichtige Schritte im Kampf gegen die Klimakrise gesetzt werden.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

Entschließungsantrag

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

"Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie und der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft, wird aufgefordert, Maßnahmen für mehr Jobs im Bereich der Kreislaufwirtschaft zu setzen:

-       Erstens sollen zusätzliche Aus-, Weiter- und Umbildungsmöglichkeiten geschaffen werden, um die den Bedarf an Arbeitskräfte für diesen Bereich entsprechend zu decken;

-       Zweitens soll der Staat aktiv Arbeitsplätze in dem Bereich schaffen. Das geht von der Förderung von sozialökonomischen Projekten, bis hin zu Beschäftigungsprogrammen in den Kommunen, wo Arbeitslose oder Menschen, die von der Transformation der Wirtschaft betroffen sind, gute und nachhaltige Jobs bekommen können;

-       Drittens müssen die gesetzlichen Grundlagen verbessert werden, um eine effektive Kreislaufwirtschaft zu ermöglichen. Dabei sollen verschiedenste Bereiche abgedeckt werden: von Kriterien bei Ausschreibungen und Anschaffungen, einem umfassenden Vernichtungsverbot für intakte Waren, bis hin zu Produkt-Design-Richtlinien.“

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Umweltausschuss vorgeschlagen.



[1] https://www.wifo.ac.at/news/oekojobs_gegen_arbeitslosigkeit