Eingebracht am 18.10.2023
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Fiona
Fiedler, Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen
betreffend Umsetzung
der UN-BRK-Handlungsempfehlungen im Bildungsbereich
Österreich hat die
UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) 2008 ratifiziert und sich - unter
Erfüllungsvorbehalt - zu deren Umsetzung verpflichtet (1). Am 22. und 23.
August eine Staatenprüfung Österreichs vor den Vereinten Nationen in
Genf statt, bei der deutlich wurde, wie sehr Österreich bei der Umsetzung
der UN-BRK in Verzug ist. Im Anschluss an die zwei Ausschusstage wurden Abschlussbemerkungen
der UN veröffentlicht, in dem sowohl die positiven wie auch die negativen
Aspekte beleuchtet werden. Der Abschlussbericht zeigt, dass Probleme die
positiven Aspekte bei weitem überwiegen. Insbesondere im Bildungsbereich
wird Österreich stark kritisiert, hier wird sogar explizit von
Rückschritten gesprochen. Der Ausschuss sei über folgende
Umstände "ernsthaft besorgt" über (2):
- die Rückschritte im Bereich der
inklusiven Bildung, die zum Teil auf die Beendigung inklusiver
Schulpolitik, die Priorisierung segregierter Schulen gegenüber
inklusiven Schulen im Bildungsreformgesetz 2017, die gravierenden
Kapazitätsengpässe im Bereich der inklusiven Kindergarten- und
Elementarpädagogik sowie auf fehlende Finanzmittel und den Nichttransfer
von Ressourcen aus dem segregierten Schulsystem hin zur inklusiven Bildung
zurückzuführen sind, mit der Folge, dass Schülerinnen und
Schüler mit Behinderungen vermehrt in segregierten Schulen
eingeschrieben werden, auch auf Kindergartenebene;
- den Mangel an geschultem Personal im Bereich
der inklusiven Bildung aufgrund von Kürzungen auf der Primar- und
Sekundarschulebene und die unzureichende behinderungsspezifische
Ausbildung und Einstellung von Lehrkräften;
- das Fehlen angemessener Vorkehrungen im
Bildungswesen, wie beispielsweise persönliche Assistenz- und
Unterstützungsangebote für Schulkinder und Studierende mit
Behinderungen, insbesondere im Sekundar- und Tertiärbereich, und
über den Ausschluss von Menschen mit psychosozialen und/oder intellektuellen
Behinderungen von solchen Angeboten;
- die äußerst komplexen und
langwierigen Verwaltungsverfahren für den Zugang zur inklusiven
Bildung;
- die Nichtzulassung von Kindern mit
Behinderungen zu außerschulischen pädagogischen
Betreuungsdiensten, wie beispielsweise ergänzende
Betreuungseinrichtungen, und deren mangelnde Barrierefreiheit;
- das Fehlen eines festgeschriebenen,
einklagbaren Rechtsanspruchs von Kindern mit Behinderungen ab 14 Jahren
auf den Besuch einer inklusiven Sekundarschule;
- das Fehlen der Österreichischen
Gebärdensprache in den Schulprogrammen, sowohl als
Kommunikationsmittel im Unterricht als auch als Unterrichtsfach;
- den Mangel an umfassenden Daten zur Bildung
von Kindern mit Behinderungen, aufgeschlüsselt nach Geschlecht,
Alter, Bildungsniveau, Region und Art der Beeinträchtigung, und den
Mangel an umfassenden Daten zu den finanziellen, organisatorischen,
pädagogischen und politischen Maßnahmen, die zur Verwirklichung
des Ziels der inklusiven Bildung im Einklang mit dem Übereinkommen ergriffen
wurden.
An diese Kritik anschließend empfiehlt
der Fachausschuss Österreich für den Bereich inklusive Bildung unter
anderem (2):
- den Ausbau des segregierten
Schulsystems unverzüglich zu beenden und dieses Schulsystem auslaufen
zu lassen, Ressourcen, einschließlich Finanzmitteln, von der
segregierten Bildung in die inklusive Bildung zu leiten, eine bundesweite
Strategie für inklusive Bildung zu entwickeln, die alle
Bildungssysteme auf allen Bildungsstufen, einschließlich derjenigen
der Länder und Gemeinden, umfasst, bildungspolitische Regelungen und
Leitlinien für inklusive Bildung festzulegen, auch auf Ebene der
Länder und Gemeinden, und in enger Konsultation mit Organisationen
von Menschen mit Behinderungen und unter ihrer wirksamen Beteiligung
harmonisierte inklusive Lehrpläne zu erarbeiten und sie mit aller
gebotenen Schnelligkeit umzusetzen;
- die Ausbildung von Lehrkräften im
Bereich der inklusiven Bildung neu zu gestalten und auszubauen;
- angemessene Vorkehrungen,
einschließlich persönlicher Assistenz, für Schulkinder und
Studierende mit Behinderungen auf allen Bildungsebenen zu treffen;
- die Verwaltungsverfahren für den Zugang
zur inklusiven Bildung vollständig barrierefrei, durchschaubar und
zügig zu gestalten;
- Maßnahmen auf allen föderalen
Ebenen, einschließlich der Gemeinden, zu treffen, um den Zugang
aller Kinder mit Behinderungen zu außerschulischen
pädagogischen Betreuungsdiensten, wie beispielsweise ergänzenden
Betreuungseinrichtungen, zu gewährleisten;
- die Österreichische
Gebärdensprache im Bildungswesen anzuerkennen und sie wirksam als
Kommunikationsmittel in der Schule und als Unterrichtsfach einzusetzen;
- umfassende Daten zur inklusiven und nicht
inklusiven Bildung aller Kinder mit Behinderungen, aufgeschlüsselt
nach Geschlecht, Alter, Bildungsniveau, Region und Art der
Beeinträchtigung, und zu den finanziellen, organisatorischen,
pädagogischen und politischen Maßnahmen, die zur Verwirklichung
des Ziels der inklusiven.
Da es sich bei dem Bericht des Fachausschusses
um verbindliche Empfehlungen handelt (3), hat Österreich bis zur
nächsten Staatenprüfung 2030 Zeit, diese umzusetzen.
- https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20006062
- https://www.sozialministerium.at/Themen/Soziales/Menschen-mit-Behinderungen/UN-Behindertenrechtskonvention.html
- https://www.behindertenrat.at/staatenpruefung-2023/
Die unterfertigten
Abgeordneten stellen daher folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
Der Nationalrat wolle beschließen:
"Die Bundesregierung, insbesondere der
Bundesminister für Bildung‚ Wissenschaft und Forschung, wird
aufgefordert, einen den Zuständigkeiten des BMBWF entsprechenden
verbindlichen Stufenplan zur Umsetzung der Handlungsempfehlungen des
UN-Fachausschusses zu Artikel 24 der UN-BRK zu entwickeln und dem Nationalrat
ehestmöglich vorzulegen."
In formeller Hinsicht
wird die Zuweisung an den Unterrichtsausschuss vorgeschlagen.