3636/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 18.10.2023
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen
betreffend Sicherstellung einer einheitlichen österreichischen Haltung zu Sportsanktionen
Nach dem völkerrechtswidrigen Angriff auf die Ukraine wurden russische Athlet:innen, Nationalteams und Vereine von internationalen Sportereignissen ausgeschlossen. So durfte die Eishockeynation Russland nicht an den Weltmeisterschaften teilnehmen, das russische Fußballnationalteam ist von Europa- und Weltmeisterschaftsqualifikationen verbannt, und russische Fußballvereine sind nicht bei Champions- Europa- oder Conference-League Spielen dabei.
Mit Fortdauer der Aggression begannen die Positionen der einzelnen Sportverbände aber – wohl auch aus finanziellen Erwägungen – zu divergieren. Mit der Argumentation, dass Sport nicht politisiert werde dürfe, lassen manche Sportarten russische Sportler:innen wieder zu, zumeist unter bestimmten Auflagen, wie etwa unter neutraler oder olympischer Flagge und ohne Abspielen der russischen Hymne. Auch das Olympische Komitee sucht nach Wegen, Russland wieder Zutritt zu gewähren.
Das Argument des politikfreien Sports geht leider an der Realität vorbei. Autokratische Regime politisieren Sport andauernd. In Sowjetzeiten etwa wurden Erfolge in Sportveranstaltungen als Beleg für die Überlegenheit des kommunistischen Systems dargestellt und "Amateursportler:innen" erhielten Anstellungen bei Militäreinheiten, durften sich aber vollberuflicher dem Training widmen. Großveranstaltungen im Land, wie Weltmeisterschaften oder Olympische Spiele, wurde in den letzten Jahren von Russland wie auch China zur Inszenierung der Machthaber missbraucht. Die Spiele im Berlin des Nationalsozialismus sind und bleiben Lehrbuchbeispiele für die propagandistische Nutzung einer politischen Ideologie. Wenn die freie Welt die Politisierung des Sports aus noblen Gründen ablehnt, gewährt sie den Autokraten damit nur das Monopol auf die Politisierung.
Sportsanktionen sind aus vielen Gründen ein wichtiger Teil des Gesamtsanktionspakets gegen Russland. Erstens ist in einem Land, das die Medien fast vollständig kontrolliert, der Ausschluss von Sportgroßveranstaltungen, die eine breite Masse von Menschen traditionell interessiert, von der Staatspropaganda nicht wegzureden. Da im Sowjetregime Erfolge bei Sportveranstaltungen als Regimelegitimierung verkauft wurden, ist dieser Ausschluss auch für das Putin-Regime schmerzhaft.
Zweitens: Die Trennung von Athlet:innen und dem Regime ist nicht möglich. Gerade in Russland sind viele Sportler:innen aus historischen Gründen in Militärteams engagiert. Dazu kommt, dass der russische Staat Druck auf seine Subjekte ausübt. Ob die russische Fechterin (unter neutraler Flagge antretend) bei der Weltmeisterschaft dieses Jahres aus persönlicher Überzeugung die Disqualifizierung ihrer siegreichen ukrainischen Gegnerin Olha Harlan angestrebt hat, oder vom Verband dazu gedrängt wurde, ist nicht zu eruieren. Klar ist, dass eine ukrainische Athletin dazu gezwungen worden wäre, einer Russin die Hand zu reichen, die sich auf Sozialen Medien mit russischen Soldaten ablichten ließ als gäbe es in der Ukraine weder einen völkerrechtswidrigen Krieg noch massive russischen Menschenrechtsverletzungen. Klar ist auch, dass der Fechtverband sich durch die Aktionen Russlands bzw. der russischen Fechterin instrumentalisieren ließ.
Die österreichische Bundesregierung versteht die Sinnhaftigkeit von Sportsanktionen und hat sich auch für diese ausgesprochen. Allerdings werden Zulassung oder Ausschluss in internationalen Verbänden der einzelnen Sportarten beschlossen, in denen österreichische Verbände Mitsprache- und Stimmrecht haben. So besteht der internationale Leichtathletikverband auf den Ausschluss Russlands (für die WM in Budapest wurden Athlet:innen aus 202 Ländern gemeldet, Russland und Belarus blieben ausgeschlossen), während der Fechtverband Russ:innen wieder zugelassen hat – unter Auflagen, die den Eklat um den Ausschluss der ukrainischen Olympiasiegerin, Welt- und Europameisterin nicht verhindert haben.
Während österreichische Sportverbände nicht der Weisung der Bundesregierung unterliegen, werden sie doch von dieser mit österreichischem Steuergeld gefördert. Diese Sportförderungen werden regelmäßig an Bedingungen geknüpft. Der Bundesminister für Sport, Vizekanzler Werner Kogler, plant einen good governance Sportkatalog zur Objektivierung und Regelung von Sportförderungen. Im Zuge dieses Katalogs wäre es sinnvoll und – für einen Staat wie Österreich, der sich in seiner Außenpolitik der internationalen Friedensarbeit verschrieben hat – zu erwarten, dass Förderungen an die Befolgung österreichischer Politik gegenüber kriegführender oder menschenrechtsverletzender Staaten geknüpft werden. Verbände, die in ihrem Stimmverhalten die Prinzipien der österreichischen Sanktionspolitik nicht mittragen, sollten nicht mit Steuergeld subventioniert werden.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Der Nationalrat wolle beschließen:
"Die Bundesregierung,
insbesondere der Vizekanzler und Bundesminister für Kunst‚
Kultur‚ öffentlichen Dienst und Sport, wird aufgefordert, das
Stimmverhalten österreichischer Sportverbände bezüglich der
Aufrechterhaltung der Sportsanktionen gegenüber der Russischen
Föderation als Kriterium für Förderungen heranzuziehen und
Verbänden, die der österreichischen Sanktionspolitik nicht folgen,
keine Fördermittel zukommen zu lassen."
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Sportausschuss vorgeschlagen.