3638/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 18.10.2023
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer,  Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Verbindliche Tilgungspläne im Rahmen einer verfassungsrechtlich verankerten Schuldenbremse

Österreichs gesamtstaatlicher Schuldenstand hat sich seit dem Jahr 2020 aufgrund der Covid- und Teuerungskrise und die Koste-es-was-es-wolle Politik der Bundesregierung in Rekordhöhen geschraubt. Mit ihren zum Teil wenig treffsicheren Maßnahmen für Unternehmen und Haushalte hat die Regierung in den letzten Jahren nicht nur Steuergeld mit der Gießkanne verteilt, sondern auch die Inflation zusätzlich angeheizt. Ergebnis dieser Förder-Bonanza ist der Anstieg der gesamtstaatlichen Verschuldung Österreichs von 280,5 Mrd.EUR im Vorkrisenjahr 2019 auf einen bisherigen Höchststand von 363,5 Mrd. EUR im Jahr 2023 - und auf prognostiziert fast 400 Mrd. EUR im Jahr 2026.(1) In Kombination mit dem veränderten Zinsumfeld führt das zu einer Verdoppelung von Österreichs Zinszahlungen 2023 auf rd. 8,7 Mrd. (von 4,3 Mrd. EUR 2022) und werden in den kommenden Budgetjahren bei deutlich über 8 Mrd. EUR bleiben. Im Vergleich: Für Bildung sind im Bundesbudget 2023 11,2 Mrd. EUR vorgesehen.(2)

Die Milliarden, die Österreich derzeit für die Bedienung seiner Schulden ausgibt, fehlen uns für wichtigen Zukunftsausgaben bei Bildung, Kinderbetreuung, Forschung, und Investitionen in die Energiewende. Auch der Spielraum für die dringend notwendige weitere Entlastung der Steuerzahler:innen und eine Senkung der auch im internationalen Vergleich hohen Abgabenquote schrumpft damit. Es ist daher wichtig, die während Krisensituationen aufgebauten Schulden wieder verlässlich abzubauen und rasch wieder zu einem nachhaltigen Budgetpfad zurückzukehren. Über den Konjunkturzyklus ausgeglichene Budgets und niedrige Schuldenquoten schaffen den notwendigen fiskalischen Spielraum für zukünftige Krisen und budgetäre Herausforderungen, wie die tickende demographische Zeitbombe. In der Verfassung festgeschriebene Fiskalregeln führen zu mehr Krisenresilienz und Wachstum. (3)


 

Warum es eine Schuldenbremse in Verfassungsrang braucht

Im Rahmen der Covid-Krise wurde durch die Aktivierung der sogenannten Allgemeinen Ausweichklausel die Regeln für den Fiskalpolitischen Rahmen der EU vorübergehend aufgeweicht, damit die EU Mitgliedstaaten während der Covid-Krise effektiver fiskalpolitisch agieren konnten, also umfangreiche Hilfs- und Ausgabenprogramme aufsetzten konnten und sich höher verschulden konnten als im budgetären "Normalbetrieb". Ab 2024 wird zu den Europäischen Fiskalregeln zurückgekehrt. Aktuell arbeiten Europäische Kommission und EU Mitgliedstaaten zudem an neuen, modernisierten EU Fiskalregen, die mit 2024 in Kraft treten sollen.

Im bestehenden EU-Fiskalrahmen (Fiskalpakt) führten die Mitgliedstaaten Schuldenbremsen ein (die EK empfahl, diese möglichst in Verfassungsrang zu heben), die die jährliche Neuverschuldung  - über ein maximal erlaubtes strukturelles Haushaltsdefizit - limitieren sollen. Ebenso vorgesehen ist eine Regelung, mit der im Krisenfall die in der Schuldenbremse vorgesehenen Ziel- und Grenzwerte überschritten werden dürfen, also mehr Schulden gemacht werden können.(4)

Während in Österreich die Schuldenbremse einfachgesetzlich mit dem Stabilitätspakt 2012 (Art 4), bzw §2 Abs 4 BHG 2013 für den Bund umgesetzt wurde, wurde in Deutschland die Schuldenbremse im Grundgesetz verfassungsrechtlich verankert (Art 115 GG). Dort wurde auch die Ausnahmeregelung im Falle von Naturkatastrophen und Notfällen verankert: "Im Falle von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen, können diese Kreditobergrenzen auf Grund eines Beschlusses der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages überschritten werden. Der Beschluss ist mit einem Tilgungsplan zu verbinden." Eine vergleichbare Regelung findet sich auch im Österreichischen Stabilitätspakt (Art 4 Abs 4).

Die verfassungsrechtliche Verankerung von Schuldenbremse und begleitender Ausnahmeregelung in Deutschland hat ganz offensichtlich für mehr Verbindlichkeit gesorgt: So hielt Deutschland sich während der Covid-Krise an das im Grundgesetz vorgesehen Vorgehen im Krisenfall und beschloss zeitgleich mit den Covid-Schulden auch Tilgungspläne, die in zukünftigen Budgets berücksichtigt werden müssen. In Österreich hingegen wurden keine Tilgungs- bzw. Rückführungspläne beschlossen. Eine entsprechende Diskussion in Parlament und Öffentlichkeit, wie man die in den Jahren 2020-22 aufgebauten Schulden abgebaut werden sollen und welche Folgen das für zukünftige Budgets haben wird, blieb die türkis-grüne Bundesregierung - im Gegensatz zur Deutschen Regierung - somit bis heute schuldig.

Neuregelung der EU Fiskalregeln nutzen, um Schuldenbremse in Verfassung festzuschreiben

Die anstehende Neuregelung der EU Fiskalregeln bietet die Möglichkeit, auf nationalstaatlicher Ebene für verbindlichere Fiskalregeln zu sorgen. Insbesondere sollte die Schuldenbremse in der Verfassung verankert werden und die Rückführung von Schulden, die einer außergewöhnlichen Notlage - auch im Fall der Außerkraftssetzung der Europäischen Fiskalregeln - geschuldet sind, durch das Vorlegen von Tilgungsplänen nach Deutschem Vorbild verbindlicher gemacht werden.

 

 

Quellen:

  1.  https://www.statistik.at/statistiken/volkswirtschaft-und-oeffentliche-finanzen/oeffentliche-finanzen/maastricht-indikatoren/oeffentlicher-schuldenstand
  2. Budgetbericht 2023
  3.  https://www.ifo.de/publikationen/2020/monographie-autorenschaft/fiskalregeln-und-wirtschaftswachstum
  4. https://www.europarl.europa.eu/factsheets/de/sheet/89/der-eu-rahmen-fur-die-fiskalpolitik

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert,

  1. dem Nationalrat ein Verfassungsgesetz zuzuleiten, das eine Schuldenbremse im Verfassungsrang für alle Gebietskörperschaften etabliert, mit dem Ziel, ein ausgeglichenes Budget über den Konjunkturzyklus sicherzustellen,
  2. die Rückführung von Schulden, die einer außergewöhnlichen Notlage - auch im Fall der Außerkraftssetzung der Europäischen Fiskalregeln - geschuldet sind, durch das Vorlegen von Tilgungsplänen nach Deutschem Vorbild verbindlicher zu machen"

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Budgetausschuss vorgeschlagen.