3653/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 19.10.2023
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Katharina Kucharowits,
Genossinnen und Genossen,
betreffend „Klickarbeiter:innen vor Ausbeutung schützen"
Künstliche Intelligenz (KI) ist in aller Munde. Darauf basierende Programme wie ChatGPT sind mittlerweile in der Gesellschaft angekommen. Es lohnt sich aber zu hinterfragen, welche Arbeitsleistungen hinter solchen Programmen stehen und unter welchen Bedingungen die in diesem Zusammenhang Beschäftigten diese erbringen. Der Erfolg von zB ChatGPT beruht nicht nur auf Codezeilen und Datenbanken, sondern im Wesentlichen auf repetitiver Arbeit von Menschen, die die dahinter stehenden Algorithmen mit Daten speisen, diese trainieren und unerwünschte/ungeeignete Inhalte ausscheiden. Bevor Millionen von Nutzer:innen ChatGPT und ähnliche KI-Anwendnungen nutzen konnten, haben Arbeiter:innen insbesondere in Niedriglohnländern des Globalen Südens wie z.B. Kenia unter prekären Bedingungen die Anwendung getestet und optimiert. Das ist deshalb möglich, da Arbeit im digitalen Raum keine physischen Grenzen kennt und jederzeit und überall gearbeitet werden kann wo ein Zugang zum Internet besteht. Oft werden diese Arbeiten über Internet-Plattformen organisiert und die so Beschäftigten (sogenannte Klickarbeiter:innen) für einzelne Microjobs minimalst bezahlt. Hinter dem Hype um KI und vielen anderen digitalen Geschäftsmodellen liegt somit auch eine Geschichte von (digitaler) Ausbeutung im Globalen Süden.
Als Beispiel dafür möge ein in diesem Umfeld aktive Dienstleistungsunternehmen Sama[1] dienen. Es hat seinen Hauptsitz in San Francisco, die Beschäftigten leben dagegen vorwiegend in Kenia, Uganda und Indien. Im Auftrag von OpenAI beschäftigte Sama z.B. seit November 2021 rund drei Dutzend Arbeiter:innen in Kenia. Ihre Aufgabe besteht darin, Textausschnitte auf schädliche Inhalte hin zu lesen und zu markieren. Diese Inhalte sind teils traumatisierend und ihr Stundenlohn lag bei zwei US-Dollar. Unter diesen Inhalten waren laut einer Recherche des Time Magazine Darstellungen von sexueller Gewalt, Suiziden und Tierquälerei. Die Arbeitskräfte müssen also Inhalte sichten und aussortieren, weil spätere ChatGPT-Nutzer:innen von ähnlichen Inhalten verschont werden sollen.[2] Das Outsourcing-Unternehmen Cloudfactory[3] arbeitet ähnlich. Es beschäftigt mehr als 7000 Klickarbeiter:innen denen umgerechnet 1,20 Euro in der Stunde bezahlt wird .[4]
Eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen von derartigen Klickarbeiter:innen, die typischerweise von zu Hause arbeiten, würde auf internationaler Ebene eine Ratifikation der des Übereinkommens 177[5] über Heimarbeit der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) bringen. Dieses stellt als wesentliches Grundprinzip klar, dass Heimarbeit im Sinne des Übereinkommens möglichst gleich behandelt wird wie die Arbeit von anderen Arbeitnehmer:innen. Damit wäre zumindest das nationale Schutzniveau zur Anwendung gebracht, dass Arbeitnehmer:innen in den jeweiligen Ländern zu Gute kommt. Das Übereinkommen 177 ist freilich bislang erst von 13 Staaten ratifiziert worden, obgleich es seit April 2020 in Geltung steht. Österreich ist auch eines jener Länder, die hier noch keine internationale Verpflichtung eingegangen sind. Es sollte daher das Übereinkommen 177 über Heimarbeit ratifizieren und auch andere Staaten dazu ermutigen diesem Beispiel zu folgen.
Aus diesen Gründen stellen die unterzeichneten Abgeordneten folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft sowie der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten, wird aufgefordert das Übereinkommen 177 der Internationalen Arbeitsorganisation über Heimarbeit zu ratifizieren und sich dafür einzusetzen, dass Österreich andere Staaten ermutigt, dieses Übereinkommen ebenfalls zu ratifizieren."
Zuweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales
[1] https://www.sama.com/de/, Zugriff am 13. September 2023
[2] https://netzpolitik.org/2023/globaler-sueden-preka-ere-klickarbeit-hinter-den-kulissen-von-chatgpt/, Zugriff am 13. September 2023
[3] https://info.cloudfactory.com/try7utm_medium=ppc&utm_source=adwords&utm_term=cloudfactory&utm_campaign=C_Core_AP_CC_EG_1&hsa_mt=p&hsa_cam=9223124344&hsa_tgt=kwd_396705674604&hsa_acc=5324129487&hsa_grp=93105164146&hsa_src=g&hsa_net=adwords&hsa_ad=527991591075&hsa_ver=3&hsa_kw=cloudfactory&gad=l&gclid=CjwKCAjwu4WoßhBkEiwAojNdXgaMHzR47Ulgr7xVPBFF3nwiK8NearulrOx8uz_1GfiM1EQVXQXaxhoC8MMQAvD_BwE, Zugriff am 13. September
[4] https ://www.tagesschau.de/wissen/technologie/ki-klickarbeiter-trainingsdaten-100.html, Zugriff am 13. September 2023
[5] (Deutscher) Text unter https://www.ilo.org/wcmsp5/groups/public/---ed_norm/---normes/documents/normativeinstrument/wcms_c177_de.htm, Zugriff am 13. Oktober 2023.