3663/A XXVII. GP

Eingebracht am 19.10.2023
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ANTRAG

 

der Abgeordneten KO Herbert Kickl, Christian Hafenecker, MA

und weiterer Abgeordneter

betreffend ein Bundesgesetz zur Abschaffung der ORF-Zwangssteuer, mit dem das Bundesgesetz über die Erhebung eines ORF-Beitrags 2024 (ORF-Beitrags-Gesetz 2024), BGBl. I Nr. 112/2023, aufgehoben wird.

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz zur Abschaffung der ORF-Zwangssteuer, mit dem das Bundesgesetz über die Erhebung eines ORF-Beitrags 2024 (ORF-Beitrags-Gesetz 2024), BGBl. I Nr. 112/2023, aufgehoben wird.

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Bundesgesetz über die Erhebung eines ORF-Beitrags 2024 (ORF-Beitrags-Gesetz 2024), BGBl. I Nr. 112/2023, tritt mit Ablauf des Tages der Kundmachung außer Kraft.

 

 

Begründung

 

 

Mit seiner Entscheidung G 215/2022[1] vom 5. Oktober 2023 hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) Bestimmungen des ORF-Gesetzes über die Bestellung und die Zusammensetzung des Stiftungsrats und des Publikumsrats als verfassungswidrig aufgehoben. Die Bestimmungen verstoßen gegen das in Art I Abs 2 des Bundesverfassungsgesetzes über die Unabhängigkeit des Rundfunks (BVG Rundfunk) verankerte Gebot der Unabhängigkeit und pluralistischen Zusammensetzung dieser Organe.

 

Dennoch sollen nunmehr die Österreicher einen in relevanten Teilen verfassungswidrigen ORF ab 1. Jänner 2024 mit einer Zwangssteuer finanzieren. Die notwendige Transformation des öffentlich-rechtlichen Senders von einem durchpolitisierten Rundfunk, hin zu einem verschlankten Grundfunk, wird weiter verschleppt. Stattdessen werden alle Österreicher zwangsweise verpflichtet, monatlich für den ORF zu bezahlen, ganz egal, ob man ein Empfangsgerät besitzt, oder nicht. Die Haushaltabgabe bedeutet, dass bis zu 700.000 Haushalte zusätzlich zur Kasse gebeten werden. Denn statt 3,3 Millionen GIS-Zahlern sind dann 4,02 Millionen Menschen in Österreich verpflichtet, eine ORF-Zwangssteuer zu entrichten. Gerade die Jugend, die in der Regel über ein niedrigeres Haushaltseinkommen verfügt, wird von diesen Plänen massiv getroffen, konsumiert diese doch durchschnittlich wenig bis gar keine ORF-Programme, muss aber mitten in der Teuerungswelle zusätzliche Mehrbelastungen stemmen.

 

Damit entpuppt sich auch das Argument einer „für alle billigeren Alternative zur GIS-Gebühr“ als reiner Marketing-Gag. Die Haushaltsabgabe spült dem ORF nämlich weitere Millionen ins Budget: Werden für 2023 noch Einnahmen in der Höhe von 676,2 Millionen Euro aus der GIS erwartet, erweitert sich der Kreis der Bezahler ab 2024 auf vier Millionen Haushalte. Die neue Abgabe soll – bundeslandabhängig – bis zu 24,50 Euro monatlich ausmachen, rund 16,70 Euro davon fließen an den ORF. Das macht rund 800 Millionen Euro für den ORF. Ein Plus von satten 18 Prozent!

 

Dieses Geld fließt in Manager-Millionen, satte Luxus-Pensionen, teure „Golden-Handshakes“ und kostspielige Landesstudios. Und die noch verbliebenen ORF-Zuschauer erhalten nicht das, was ihnen für ihr Geld eigentlich zustehen würde, nämlich:

·         Objektive Berichterstattung statt Regierungspropaganda und Bevormundung

·         Qualitätsvolle Sendungen statt Serien-Wiederholungen in Dauerschleife

·         Ehrliche Information statt Corona-Propaganda und Impflobbyismus

·         Korrektes Deutsch statt Genderwahn

·         Echte Unterhaltung statt steuergeldfinanzierter Staatskünstler

 

Die notwenige Motivation zu Reformen und Objektivität entsteht beim ORF durch die geplante Haushaltsabgabe an keiner Stelle. Wenn jeder Österreicher ohnehin zwangsweise für den ORF bezahlen muss, hat man in den gut dotierten Chefetagen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks keinerlei Grund für eine faire und vor allem konkurrenzfähige Berichterstattung zu sorgen, die auch der verfassungsmäßig verankerten Unparteilichkeit gerecht wird.

 

Gerade weil Millionen Österreicher einer ungewissen Zukunft in Zeiten von Teuerung, Krieg und Inflation entgegenblicken, darf es unter keinen Umständen zu einer weiteren Steuer-Mehrbelastung für die Bürger in Form einer Haushaltsabgabe kommen.

 

 

Erwägungen des VfGH im Detail 

 

Nach dem Bundesverfassungsgesetz vom 10. Juli 1974 über die Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunks (BVG Rundfunk) ist es Aufgabe des Gesetzgebers, nähere Bestimmungen für den Rundfunk und seine Organisation festzulegen. Diese Bestimmungen müssen insbesondere vier Punkte gewährleisten: Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, die Berücksichtigung der Meinungsvielfalt, die Ausgewogenheit der Programme sowie die Unabhängigkeit der Personen und Organe (Art. I Abs. 2 BVG Rundfunk).

 

Daraus folgt für den VfGH: Die Bestellung und Zusammensetzung des ORF Stiftungs- und Publikumsrats muss so geregelt sein, dass keinem staatlichen Organ ein einseitiger Einfluss auf die Zusammensetzung dieser kollegialen Leitungsorgane des ORF zukommt, der ihre Unabhängigkeit gefährden kann. Auch ist sicherzustellen, dass unterschiedliche Interessen und Sichtweisen in die Willensbildung einfließen (Pluralismus) und sachfremde Interessen die Entscheidungsfindung nicht dominieren können.

 

I.             Gründe für die Aufhebung von Bestimmungen betreffend den Stiftungsrat 

 

Übermäßiger Einfluss der Bundesregierung: Neben sechs Vertretern auf Vorschlag der im Nationalrat vertretenen Parteien bestellt die Bundesregierung weitere neun Mitglieder des Stiftungsrats, ohne auf Vorschläge Bedacht nehmen zu müssen (§ 20 Abs. 1 Satz 1 Z 3 ORF-Gesetz). Bei diesen Mitgliedern handelt es sich um eine relativ große Gruppe, die ein deutliches Übergewicht zu den vom (gesellschaftlich repräsentativ zusammengesetzten und staatsfernen) Publikumsrat bestellten sechs Mitgliedern hat. Das verstößt gegen die Verfassungsgebote der Unabhängigkeit und des Pluralismus bei der Bestellung und Zusammensetzung der Leitungsorgane des ORF.

 

Vorzeitige Abberufungsmöglichkeit: Die Mitglieder des Stiftungsrats werden grundsätzlich für die Dauer von vier Jahren bestellt. Die je neun von der Bundesregierung und den Ländern bestellten sowie die sechs vom Publikumsrat bestellten Mitglieder des Stiftungsrats können nach Bildung einer neuen Bundes- oder Landesregierung bzw. nach einer Neukonstituierung des Publikumsrats abberufen werden. Dies widerspricht dem verfassungsrechtlichen Gebot der Unabhängigkeit. Keine Bedenken bestehen gegen die Möglichkeit einer vorzeitigen Abberufung der sechs Parteienvertreter und der fünf Belegschaftsvertreter im Stiftungsrat.

 

Mangelnder Pluralismus: Die von der Bundesregierung und vom Publikumsrat zu bestellenden Mitglieder des Stiftungsrats müssen hohen persönlichen und fachlichen Anforderungen genügen, die sie in unterschiedlichen Bereichen erworben haben. Das ORF-Gesetz enthält aber keine Vorkehrungen dafür, wie sich diese Vielfaltsanforderungen innerhalb der von der Bundesregierung und dem Publikumsrat zu bestellenden Mitglieder widerspiegeln sollen. Damit ist aber der Entscheidungsspielraum, welche Personen die Bundesregierung und der Publikumsrat bestellen, zu weit gezogen, weil der im Hinblick auf die verfassungsrechtlichen Vorgaben bedeutsame Pluralismusaspekt in der Zusammensetzung des Stiftungsrats leerlaufen kann. Das verstößt gegen Art I Abs 1 BVG Rundfunk. 

 

II.            Gründe für die Aufhebung von Bestimmungen betreffend den Publikumsrat 

 

Übermäßiger Einfluss des Bundeskanzlers: Der derzeit insgesamt 30-köpfige Publikumsrat besteht erstens aus 13 Mitgliedern von im ORF-Gesetz unmittelbar genannten Organisationen (u.a. Sozialpartner, Kammern der freien Berufe, Kirchen). Zweitens hat der Bundeskanzler (derzeit die Medienministerin) für weitere 17 Mitglieder Dreiervorschläge von Einrichtungen bzw. Organisationen einzuholen, die für 14 Bereiche (Gruppen) wie Hochschulen, Kunst, oder ältere Menschen repräsentativ sind (§ 28 Abs. 4 ORF-Gesetz). Diesen 17 vom Bundeskanzler zu bestellenden Mitgliedern des Publikumsrats kommt ein deutliches Übergewicht gegenüber den 13 übrigen, von repräsentativen Einrichtungen unmittelbar zu bestellenden Mitgliedern zu. Dies entspricht nicht der Unabhängigkeitsanforderung aus dem BVG Rundfunk: Der Gesetzgeber muss die Regelung so austarieren, dass die unmittelbar von repräsentativen Einrichtungen bestellten Mitglieder zumindest im selben Ausmaß im Publikumsrat vertreten sind wie die vom Bundeskanzler (bzw. von der Medienministerin) in Auswahl aus Vorschlägen bestellten Mitglieder.

 

Zu weiter Spielraum des Bundeskanzlers: Der Bundeskanzler (bzw. derzeit die Medienministerin) bestellt 17 Mitglieder des Publikumsrats aufgrund von Dreiervorschlägen von Organisationen, die für im ORF-Gesetz näher genannte Bereiche bzw. Gruppen (z.B. Bildung, Kunst, Sport, Jugend, ältere Menschen, Volksgruppen, Umweltschutz) repräsentativ sind. Der Bundeskanzler ist jedoch an keine Vorgaben gebunden, wie viele solche Organisationen er aus einem Bereich bzw. für eine Gruppe als repräsentativ auswählt und zur Erstattung von Vorschlägen auffordert. Er ist auch nicht gebunden, aus welchen Dreiervorschlägen er dann auswählt und wie die 17 Mitglieder auf die 14 im Gesetz genannten gesellschaftlichen Bereiche bzw. Gruppen zu verteilen sind. Damit ist die Auswahl dieser 17 Mitglieder des Publikumsrats so weitgehend in das Belieben des Bundeskanzlers (bzw. der Medienministerien) gestellt, dass die verfassungsrechtlichen Gebote der Unabhängigkeit und pluralistischen Zusammensetzung dieses Leitungsorgans des ORF verletzt sind.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird beantragt diesen Antrag dem Verfassungsausschuss zuzuweisen.



[1] https://www.vfgh.gv.at/downloads/VfGH-Erkenntnis_G_215_2022_vom_5._Oktober_2023.pdf