37/A XXVII. GP

Eingebracht am 23.10.2019
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A n t r a g

der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Klaus Fürlinger,

Kolleginnen und Kollegen

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz geändert werden

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz geändert werden

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes

Das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz – ASVG, BGBl. Nr. 189/1955, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 84/2019, wird wie folgt geändert:

1. Im § 8 Abs. 1 Z 3 lit. e in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 100/2018 wird nach dem Wort „Dachverbandes“ der Ausdruck „sowie in den Widerspruchs-Ausschüssen nach § 367a Abs. 4, jeweils“ eingefügt.

2. Im § 227a Abs. 4 ASVG wird der Ausdruck "Abs. 5, 6 und 7" durch den Ausdruck "Abs. 5 und 6" ersetzt.

3. Im § 362 Abs. 3 wird der Ausdruck „eine Klage“ durch den Ausdruck „ein Widerspruch oder eine Klage“ und das Wort „Klagszurückziehung“ durch den Ausdruck „Widerspruchs- oder Klagszurückziehung“ ersetzt.

4. § 367a samt Überschrift lautet:

Widerspruch gegen Bescheide des Pensionsversicherungsträgers

§ 367a. (1) Gegen Bescheide der Pensionsversicherungsträger in Leistungssachen nach § 354 Z 1, 2 und 4 bis 6, nach § 292 und in den Fällen des § 362 sowie über Ansprüche auf Sonderunterstützung nach dem Sonderunterstützungsgesetz und über Ansprüche auf Sonderruhegeld nach dem Nachtschwerarbeitsgesetz (NSchG), BGBl. Nr. 473/1992, kann binnen drei Monaten nach Zustellung Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch hat den Bescheid zu bezeichnen, gegen den er sich richtet. Er bedarf der Schriftform und ist bei jenem Pensionsversicherungsträger einzubringen, der den Bescheid erlassen hat. Ein beim Gericht eingebrachter Widerspruch gilt als beim Pensionsversicherungsträger eingebracht und ist an diesen unverzüglich weiterzuleiten.

(2) Nach der Erhebung des Widerspruches ist die Leistungsverpflichtung, die dem bekämpften Bescheid entspricht, als vom Pensionsversicherungsträger unwiderruflich anerkannt anzusehen. In Leistungssachen nach § 354 Z 2 hat der rechtzeitig erhobene Widerspruch aufschiebende Wirkung.

(3) Der Pensionsversicherungsträger hat binnen sechs Monaten nach der Einbringung des Widerspruches mit Widerspruchsbescheid zu entscheiden. Dabei kann er, allenfalls auf Grund weiterer Ermittlungen, den Widerspruch als unzulässig oder verspätet zurückweisen oder den Bescheid im Sinne des Widerspruchsbegehrens ändern oder ergänzen. Widrigenfalls ist der Widerspruch einem Widerspruchs-Ausschuss nach Abs. 4 zur Beurteilung vorzulegen und unter Bedachtnahme auf diese Beurteilung zu entscheiden.

(4) Zur Beurteilung von Widersprüchen nach Abs. 3 dritter Satz werden bei den Pensionsversicherungsträgern Ausschüsse des Verwaltungsrates eingerichtet (Widerspruchs-Ausschüsse). Ein Widerspruchs-Ausschuss besteht aus je einem Vertreter/einer Vertreterin der Dienstnehmer/innen, einem Vertreter/einer Vertreterin der Dienstgeber/innen und, ohne Stimmrecht, einem/einer Bediensteten des Pensionsversicherungsträgers. In der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau ist mindestens ein Widerspruchs-Ausschuss einzurichten; in der Pensionsversicherungsanstalt ist bei jeder Landesstelle mindestens ein Widerspruchs-Ausschuss einzurichten. In Abhängigkeit von der Anzahl der erhobenen Widersprüche können weitere Widerspruchs-Ausschüsse durch den Verwaltungsrat des Pensionsversicherungsträgers eingerichtet werden. Die örtliche Zuständigkeit dieser Ausschüsse richtet sich grundsätzlich nach dem Wohnsitz der Widerspruch erhebenden Person.

(5) Ist die Versicherungspflicht, die Versicherungsberechtigung, der Beginn oder das Ende der Versicherung, die maßgebende Beitragsgrundlage oder die Angehörigeneigenschaft strittig, so ist das Widerspruchsverfahren auszusetzen, bis darüber im Verfahren in Verwaltungssachen rechtskräftig entschieden worden ist; die Frist nach Abs. 3 ist bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Verfahrens gehemmt. Ist zum Zeitpunkt der Aussetzung noch kein Verfahren in diesen Angelegenheiten anhängig, so hat der über den Widerspruch zu entscheidende Pensionsversicherungsträger dessen Einleitung zu beantragen; die rechtskräftige Entscheidung ist ihm unverzüglich zu übermitteln.

(6) Erst mit dem Vorliegen eines Widerspruchsbescheides oder dem Ablauf der Frist nach Abs. 3 ohne Erlassung eines Widerspruchsbescheides werden Leistungssachen nach § 354 Z 1, 2 und 4 bis 6, nach § 292 und Fälle des § 362 sowie Ansprüche auf Sonderunterstützung nach dem Sonderunterstützungsgesetz und Ansprüche auf Sonderruhegeld nach dem NSchG nach § 67 oder nach § 68 ASGG einklagbar.“

5. Im § 420 Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 100/2018 wird nach dem Wort „Verwaltungskörper“ der Ausdruck „und die Widerspruchs-Ausschüsse nach § 367a Abs. 4“ eingefügt.

6. Im § 420 Abs. 5 erster Satz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 100/2018 wird nach dem Wort „Verwaltungskörpers“ der Ausdruck „oder eines Widerspruchs-Ausschusses nach § 367a Abs. 4“ eingefügt.

7. Im § 420 Abs. 5 Z 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 100/2018 wird nach dem Wort „Verwaltungskörper“ der Ausdruck „sowie der Widerspruchs-Ausschüsse nach § 367a Abs. 4“ eingefügt.

8. Im § 420 Abs. 5 Z 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 100/2018 wird nach dem Ausdruck „soweit sie nicht unter Z 2 fallen,“ der Ausdruck „sowie die Mitglieder der Widerspruchs-Ausschüsse nach § 367a Abs. 4“ eingefügt.

9. Dem § 420 Abs. 8 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 100/2018 wird folgender Satz angefügt:

„Für Versicherungsvertreter/innen, die ausschließlich Mitglieder der Widerspruchs-Ausschüsse nach § 367a Abs. 4 sind, umfasst der Lehrplan lediglich die für die Ausübung ihrer Funktion erforderlichen Gegenstände.“

10. Die Überschrift zu § 421 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 100/2018 lautet:

Bestellung der Versicherungsvertreter/innen in den Verwaltungskörpern

11. Im § 421 Abs. 1 erster Satz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 100/2018 wird nach dem Ausdruck „Versicherungsvertreter/innen“ der Ausdruck „in den Verwaltungskörpern“ eingefügt.

12. Im § 422 Abs. 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 100/2018 wird der Klammerausdruck „(§ 421)“ durch den Ausdruck „nach § 421 oder nach § 434 Abs. 4 Z 3 zweiter Satz“ ersetzt.

13. Im § 423 Abs. 4 erster Satz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 100/2018 wird der Klammerausdruck „(§ 421)“ durch den Ausdruck „nach § 421 oder nach § 434 Abs. 4 Z 3 zweiter Satz“ ersetzt.

14. Im § 424 erster Satz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 100/2018 wird nach dem Ausdruck „Dachverbandes“ der Ausdruck „sowie die Mitglieder der Widerspruchs-Ausschüsse nach § 367a Abs. 4“ eingefügt.

15. § 425 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 100/2018 lautet:

§ 425. Die Amtsdauer der Verwaltungskörper und der Widerspruchs-Ausschüsse nach § 367a Abs. 4 währt jeweils fünf Jahre. Nach Ablauf der Amtsdauer hat der alte Verwaltungskörper oder der alte Widerspruchs-Ausschuss die Geschäfte so lange weiterzuführen, bis der neue Verwaltungskörper oder der neue Widerspruchs-Ausschuss zusammentritt. Die Zeit der Weiterführung der Geschäfte durch den alten Verwaltungskörper oder den alten Widerspruchs-Ausschuss zählt auf die fünfjährige Amtsdauer des neuen Verwaltungskörpers oder des neuen Widerspruchs-Ausschusses.“

16. § 434 Abs. 4 Z 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 100/2018 lautet:

         „3. Entsendung von Versicherungsvertreter/inne/n aus ihrer Mitte in die Widerspruchs-Ausschüsse nach § 367a Abs. 4. In Landesstellen der Pensionsversicherungsanstalt, bei denen der Verwaltungsrat mehr als drei Widerspruchs-Ausschüsse einrichtet, haben die Landesstellenausschüsse weitere Personen in die Widerspruchs-Ausschüsse nach § 367a Abs. 4 zu entsenden. Dabei haben die Gruppe der Dienstnehmer/innen sowie die Gruppe der Dienstgeber/innen des jeweiligen Landesstellenausschusses - jede im Einvernehmen mit ihrer entsendeberechtigten Stelle nach § 421 Abs. 1 - pro zu errichtenden Widerspruchs-Ausschuss je eine weitere Person, die den Anforderungen nach § 420 Abs. 2, 3 und 6 entspricht, vorzuschlagen.“

17. Nach § 730 wird folgender § 731 samt Überschrift angefügt:

Schlussbestimmungen zu Art. 1 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2019

§ 731. (1) Die §§ 362 Abs. 3 und 367a samt Überschrift in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2019 treten mit 1. Jänner 2020 in Kraft.

(2) § 718 Abs. 7a ist auf Versicherungsvertreter/innen der Widerspruchs-Ausschüsse nach § 367a Abs. 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2019 sinngemäß anzuwenden.“

Artikel 2

Änderung des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes

Das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz – GSVG, BGBl. Nr. 560/1978, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 84/2019, wird wie folgt geändert:

1. Im § 116a Abs. 4 wird der Ausdruck "Abs. 5, 6 und 7" durch den Ausdruck "Abs. 5 und 6" ersetzt. 

2. Nach § 377 wird folgender § 378 samt Überschrift angefügt:

Schlussbestimmungen zu Art. 2 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2019

§ 378. Der § 116a Abs 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2019 tritt mit 1. Jänner 2020 in Kraft.“

Artikel 3

Änderung des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes

Das Bauern-Sozialversicherungsgesetz – BSVG, BGBl. Nr. 559/1978, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 84/2019, wird wie folgt geändert:

1. Im § 107a Abs. 4 wird der Ausdruck "Abs. 5, 6 und 7" durch den Ausdruck "Abs. 5 und 6" ersetzt. 

2. Nach § 370 wird folgender § 371 samt Überschrift angefügt:

Schlussbestimmungen zu Art. 3 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2019

§ 371. Der §107a Abs. 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2019 tritt mit 1. Jänner 2020 in Kraft.“

Artikel 4

Änderung des Arbeits- und Sozialgerichtsgesetzes

Das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz – ASGG, BGBl. Nr. 104/1985, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 44/2016, wird wie folgt geändert:

1. Im § 28 wird der Punkt am Ende der Z 2 durch das Wort „oder“ ersetzt und folgende Z 3 wird angefügt:

         „3. Vertreter der Dienstnehmer oder Vertreter der Dienstgeber in einem Widerspruchs-Ausschuss nach § 367a ASVG gewesen sein, wenn diesem die streitgegenständliche Sache nach § 367a Abs. 3 ASVG zur Beurteilung vorgelegt worden ist.“

2. Im § 67 Abs. 1 Z 2 wird das Wort „oder“ am Ende der lit. b durch einen Punkt ersetzt.

3. § 67 Abs. 1 Z 3 wird aufgehoben.

4. Im § 67 wird nach Abs. 1 folgender Abs. 1a eingefügt:

„(1a) Abweichend von Abs. 1 darf in einer Leistungssache nach den §§ 354 Z 1, 2 und 4 bis 6 sowie 292 ASVG und über Ansprüche auf Sonderunterstützung nach dem Sonderunterstützungsgesetz, BGBl. Nr. 642/1973, sowie über Ansprüche auf Sonderruhegeld nach dem Nachtschwerarbeitsgesetz, BGBl. Nr. 473/1992, von der versicherten Person eine Klage nur dann erhoben werden, wenn der Pensionsversicherungsträger

           1. den Bescheid nicht innerhalb von sechs Monaten erlassen hat,

                a) nach dem Eingang des Antrages auf Erlassung des Bescheides, wenn ein solcher nur auf ausdrückliches Verlangen zu erlassen ist (§ 367 Abs. 1 Z 2 ASVG);

               b) sonst nach dem Eingang des Antrages auf Zuerkennung der Leistung bzw. auf Feststellung von Versicherungszeiten in der Pensionsversicherung;

           2. darüber bereits mit Widerspruchsbescheid nach § 367a ASVG entschieden hat oder

           3. den Widerspruchsbescheid nach § 367a ASVG nicht innerhalb von sechs Monaten nach Einlangen des Widerspruches erlassen hat.“

5. Im § 68 Abs. 1 erster Satz wird das Wort „Versicherungsträger“ durch das Wort „Unfallversicherungsträger“ ersetzt.

6. Im § 68 wird nach Abs. 1 folgender Abs. 1a eingefügt:

„(1a) Hat der Pensionsversicherungsträger in den Fällen des § 362 ASVG den Antrag mit Bescheid nach § 367a ASVG zurückgewiesen und vermag der Versicherte dem Gericht eine wesentliche Änderung des zuletzt festgestellten Gesundheitszustandes glaubhaft zu machen, so hat es das gerichtliche Verfahren ohne Rücksicht auf den § 67 Abs. 1a Z 1 durchzuführen und in der Sache selbst zu entscheiden. Der § 67 Abs. 2 ist sinngemäß anzuwenden.“

7. Dem § 98 wird folgender Abs. 31 angefügt:

„(31) Die §§ 28 Z 2 und 3, 67 Abs. 1 Z 2 und Abs. 1a sowie 68Abs. 1 und 1a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2019 treten mit 1. Jänner 2020 in Kraft; § 67 Abs. 1 Z 3 tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2019 außer Kraft.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zuweisungsvorschlag: Budgetausschuss


 

Begründung

Allgemeiner Teil

Bei den Pensionsversicherungsträgern nach dem ASVG soll das bereits in § 367a ASVG vorgesehene Widerspruchsverfahren auf weitere Leistungssachen nach § 354 ASVG bzw. nach § 292 ASVG (Ausgleichszulagen), auf die Fälle des § 362 ASVG (Zurückweisung von Leistungsanträgen) und auf Leistungssachen nach dem Sonderunterstützungs- und dem Nachtschwerarbeitsgesetz ausgedehnt werden.

Diese Ausdehnung verfolgt nachstehende Ziele:

           1. Erhöhte Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Entscheidungen der Pensionsversicherungsträger durch eine erweiterte Partizipation der Versicherten;

           2. Hebung bzw. Sicherung der Entscheidungsqualität der Pensionsversicherungsträger durch eine weitere interne Bescheidkontrolle;

           3. Entlastung der Gerichte.

Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des ASVG):

Zu Z 1 (§ 8 Abs. 1 Z 3 lit. e ASVG):

Die Unfallversicherung für Versicherungsvertreter/innen in den Verwaltungskörpern der Versicherungsträger bei Ausübung ihrer Funktion soll auf Versicherungsvertreter/innen erstreckt werden, die in den Widerspruchs-Ausschüssen nach § 367a Abs. 4 ASVG tätig sind.

Zu Z 2 (§ 227a Abs.4 ASVG):

Die Bestimmung verweist  auf Abs. 7, der jedoch aufgehoben wurde.

Zu Z 3 (§ 362 Abs. 3 ASVG):

Die Wartefrist-Regelung für den Fall der Zurückziehung einer Klage im Leistungsverfahren soll gleichermaßen für Fälle der Zurückziehung eines Widerspruches nach § 367a ASVG gelten.

Zu Z 4 (§ 367a ASVG):

Künftig sollen mit Widerspruch vor der Pensionsversicherungsanstalt oder der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau bekämpft werden können:

- Bescheide in Leistungssachen nach § 354 Z 1, 2 und 4 bis 6 ASVG (betreffend Ansprüche auf Versicherungsleistungen, Rückersatz zu Unrecht empfangener Leistungen, Feststellung von Versicherungs- und Schwerarbeitszeiten, Feststellung der Invalidität oder Berufsunfähigkeit, Feststellung der Kontoerstgutschrift oder einer Ergänzungsgutschrift oder eines Nachtragsabzuges, Feststellung des Anspruches auf Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation),

- Ausgleichszulagenbescheide (vgl. § 292 ASVG),

- zurückweisende Bescheide nach § 362 ASVG (bei neuerlicher Einbringung eines Leistungsantrages) und Bescheide über Ansprüche auf Sonderunterstützung und auf Sonderruhegeld.

Nicht erfasst vom ausgeweiteten Widerspruchsverfahren unter Beteiligung der Selbstverwaltung sind hingegen Angelegenheiten des übertragenen Wirkungsbereiches (wie das Pflegegeld nach dem BPGG, die Heimopferrente nach dem HOG und die Kriegsgefangenenentschädigung nach dem KGEG).

Der Widerspruch muss nach § 367a Abs. 1 ASVG keinen begründeten Entscheidungsantrag enthalten, da das sozialgerichtliche Verfahren ebenso keine qualifizierten Anforderungen an die Bestimmtheit des Klagebegehrens vorsieht (vgl. § 82 ASGG).

Im ersten Satz des § 367a Abs. 2 ASVG wird normiert, dass auch im Widerspruchsverfahren ein Verschlechterungsverbot wie im sozialgerichtlichen Verfahren gilt (vgl. § 71 Abs. 2 erster Halbsatz ASGG).

Nach § 360b ASVG ist § 64 Abs. 1 AVG, der die aufschiebende Wirkung eines Rechtsmittels im Verwaltungsverfahren regelt, von der Anwendung in Leistungssachen nach dem ASVG ausgenommen. Die Erhebung eines Widerspruches hat daher grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung, womit eine allenfalls bereits im bekämpften Bescheid anerkannte Leistungsverpflichtung vom Pensionsversicherungsträger weiterhin zu erfüllen ist.

In Angelegenheiten, in denen es sich um die Feststellung der Verpflichtung zum Rückersatz einer zu Unrecht empfangenen Versicherungsleistung nach§ 354 Z 2 ASVG handelt, bedarf es jedoch zum Schutz der Widerspruch erhebenden Person einer aufschiebenden Wirkung. Daher soll diese aufschiebende Wirkung explizit im zweiten Satz des § 367a Abs. 2 ASVG eingeräumt werden.

Die Entscheidungsfrist der Pensionsversicherungsträger bei Widersprüchen beträgt auf Grund der Massenhaftigkeit des Verfahrens sechs Monate (§ 367a Abs. 3 ASVG).

Bei den allfälligen weiteren Ermittlungen kann auch ein neues Vorbringen berücksichtigt werden, zumal das Verwaltungsverfahren kein Neuerungsverbot kennt (vgl. Grabenwarter/Fister, Verwaltungsverfahrensrecht und Verwaltungsgerichtsbarkeit, 2016, Seite 126 mit Verweisungen auf VfSlg. 14.965/1997 und 14.997/1997 sowie VwGH 30.8.2007, GZ 2007/21/0292).

Nach § 367a Abs. 4 ASVG besteht ein Widerspruchs-Ausschuss aus je einem Vertreter/einer Vertreterin der Dienstnehmer/innen, einem Vertreter/einer Vertreterin der Dienstgeber/innen und - ohne Stimmrecht - einem eine/einer (rechtskundigen) Bediensteten des Pensionsversicherungsträgers.

Bei der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau ist mindestens ein Widerspruchs-Ausschuss einzurichten.

Bei der Pensionsversicherungsanstalt ist mindestens ein Widerspruchs-Ausschuss in jeder Landesstelle einzurichten. Sollte nach der Anzahl der erhobenen Widersprüche der Bedarf gegeben sein, so ist die Anzahl der Widerspruchs-Ausschüsse für die jeweilige Landesstelle zu erhöhen.

Mit den sechs Versicherungsvertreter/inne/n der Landesstellenausschüsse der Pensionsversicherungsanstalt können pro Landesstelle bis zu drei Widerspruchs-Ausschüsse eingerichtet werden (vgl. § 434 Abs. 4 Z 3 in Verbindung mit § 429 Z 3 ASVG).

Mit diesen personellen Kapazitäten ist damit zu rechnen, dass eine zeitgerechte und qualitativ hochwertige Erledigung von bis zu 2 100 Widersprüchen pro Jahr und pro Landesstelle sichergestellt werden kann.

Ab einer Fallzahl von mehr als 2 100 Widersprüchen pro Jahr in einer Landesstelle der Pensionsversicherungsanstalt kann ein vierter, ab einer Fallzahl von mehr als 2 800 kann ein fünfter, ab jeder weiteren Fallzahl von mehr als zusätzlich 700 Widersprüchen kann ein weiterer Ausschuss eingerichtet werden.

Bei der erstmaligen Errichtung der Widerspruchs-Ausschüsse ist die Anzahl der sozialgerichtlichen Verfahren in Leistungssachen nach § 367a Abs. 1 ASVG im jeweiligen Bundesland aus dem Kalenderjahr 2018, erhöht um 10%, zur Ermittlung des Bedarfes heranzuziehen. In den folgenden Jahren ist die Anzahl der im jeweiligen Vorjahr im jeweiligen Bundesland erhobenen Widersprüche für die Bedarfsermittlung heranzuziehen. Wird auf Grund eines erhöhten Bedarfes ein weiterer Widerspruchs-Ausschuss eingerichtet, so bleibt dieser – unabhängig von einem sich verändernden Bedarf – bis zum Ende der Amtsdauer nach § 425 ASVG bestehen.

Beispiel: In einer Landesstelle der Pensionsversicherungsanstalt werden zum 1. Jänner 2020 drei Widerspruchs-Ausschüsse eingerichtet. Auf Grund des erhöhten Bedarfes im Kalenderjahr 2020 wird mit Wirkung vom 1. Jänner 2021 ein vierter Widerspruchs-Ausschuss eingerichtet. Im Kalenderjahr 2022 sinkt der Bedarf wieder unter die relevante Grenze. Der vierte Widerspruchs-Ausschuss bleibt dennoch bis zum Ende der Amtsdauer der anderen Widerspruchs-Ausschüsse am 31. Dezember 2024 bestehen.

Die für die Widerspruchs-Ausschüsse erforderlichen Vertreter/innen der Dienstnehmer/innen und der Dienstgeber/innen sind nach § 434 Abs. 4 Z 3 ASVG zu entsenden. Die Auswahl des/der verantwortlichen Bediensteten des Versicherungsträgers obliegt dem Büro.

§ 30 Abs. 1 der Verordnung der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz, mit der eine Mustergeschäftsordnung für den Verwaltungsrat erlassen wird, BGBl. II Nr. 85/2019, ermächtigt den Verwaltungsrat zur Errichtung von Ausschüssen zu seiner Unterstützung bei der Durchführung der ihm gesetzlich übertragenen Aufgaben am Sitz der Hauptstelle. Die Widerspruchs-Ausschüsse des § 367a Abs. 4 ASVG sind keine Ausschüsse im Sinne des § 30 Abs. 1 der Mustergeschäftsordnung für den Verwaltungsrat.

Die örtliche Zuständigkeit der Widerspruchs-Ausschüsse richtet sich grundsätzlich nach dem Wohnsitz der Widerspruch erhebenden Person. In begründeten Fällen kann von diesem Grundsatz abgewichen werden.

Zu den Z 5 bis 9 und 17 (§§ 420 Abs. 1, 5 und 8 sowie 728 Abs. 2 ASVG):

Nach § 420 ASVG in der derzeit geltenden Fassung sind Versicherungsvertreter/innen Mitglieder von Verwaltungskörpern; Widerspruchs-Ausschüsse sind jedoch nach § 419 ASVG keine Verwaltungskörper.

Die Einfügung der „Widerspruchs-Ausschüsse nach § 367a Abs. 4“ ist notwendig, da nach § 434 Abs. 4 Z 3 ASVG weitere Personen von den Landesstellenausschüssen der Pensionsversicherungsanstalt in Widerspruchs-Ausschüsse entsendet werden können, die bis dahin keinem Verwaltungskörper angehört haben und erst durch ihre Entsendung zu Versicherungsvertreter/inne/n werden.

Durch eine Ergänzung des § 420 Abs. 5 ASVG wird festgelegt, dass die Mitglieder der Widerspruchs-Ausschüsse Anspruch auf Ersatz der Reise- und Aufenthaltskosten sowie auf Sitzungsgeld haben.

Bezüglich der nach § 420 Abs. 8 ASVG erforderlichen Eignungsprüfung wird festgelegt, dass für Versicherungsvertreter/innen, die nur Mitglieder eines Widerspruchs-Ausschusses sind, der Lehrplan auf die für diese Funktion nötigen Gegenstände einzuschränken ist. Versicherungsvertreter/innen, die vor dem 1. Jänner 2022 bestellt werden, haben diese Eignungsprüfung bis längstens 31. Dezember 2021 abzulegen.

Zu den Z 10 bis 14 (§§ 421 bis 424 ASVG):

Die Regelungen über die Bestellung und Enthebung der Versicherungsvertreter/innen sowie ihre Pflichten und Haftung, das Recht zur Amtsausübung und die Ablehnung des Amtes sollen an die Bestellung der Versicherungsvertreter/innen in die Widerspruchs-Ausschüsse nach § 434 Abs. 4 Z 3 ASVG angepasst bzw. um diesen Personenkreis ergänzt werden.

Zu Z 15 (§ 425 ASVG):

Werden während laufender Amtsdauer auf Grund eines erhöhten Bedarfes nach § 367a Abs. 4 vierter Satz ASVG weitere Widerspruchs-Ausschüsse eingerichtet, so richtet sich deren Amtsdauer nach jener der bestehenden Widerspruchs-Ausschüsse.

Beispiel: In einer Landesstelle der Pensionsversicherungsanstalt werden zum 1. Jänner 2020 drei Widerspruchs-Ausschüsse eingerichtet. Auf Grund des erhöhten Bedarfes wird mit Wirkung ab 1. Jänner 2022 ein vierter Widerspruchs-Ausschuss eingerichtet. Die Amtsdauer aller vier Widerspruchs-Ausschüsse endet zum 31. Dezember 2024.

Zu Z 16 (§ 434 Abs. 4 Z 3 ASVG):

Jeder Landesstellenausschuss der Pensionsversicherungsanstalt besteht aus drei Vertreter/inne/n der Dienstnehmer/innen und drei Vertreter/inne/n der Dienstgeber/innen. Sollten weitere Versicherungsvertreter/innen benötigt werden, um bei einer Landesstelle eingerichtete Widerspruchs-Ausschüsse zu beschicken, so hat der jeweilige Landesstellenausschuss unter Bedachtnahme auf die Dienstnehmer/innen- und Dienstgeber/innen-Zugehörigkeit weitere Personen zu entsenden. Der Vorschlag für diese weiteren Personen erfolgt jeweils von der Gruppe der Dienstnehmer/innen bzw. der Gruppe der Dienstgeber/innen. Dabei ist ein Einvernehmen der jeweiligen Gruppe mit der diese entsendenden öffentlich-rechtlichen Interessenvertretung der Dienstnehmer/innen und der Dienstgeber/innen nach § 421 Abs. 1 ASVG – das heißt mit der Bundesarbeitskammer und der Wirtschaftskammer Österreich – herzustellen. Mit der Entsendung in einen Widerspruchs-Ausschuss werden diese Personen zu Versicherungsvertreter/inne/n im Sinne des § 420 Abs. 1 ASVG.

In Bestimmungen des ASVG, in denen von Versicherungsvertreter/inne/n die Rede ist, ohne dass eine Einschränkung auf Versicherungsvertreter/innen „in den Verwaltungskörpern“ vorgenommen wird, sind jene weiteren Versicherungsvertreter/innen des § 434 Abs. 4 Z 3 ASVG mitumfasst. So sind diese weiteren Versicherungsvertreter/innen beispielsweise ebenfalls nach § 431 ASVG anzugeloben.

§ 421 Abs. 8 ASVG findet – im Gegensatz zu den anderen Absätzen dieses Paragraphen – Anwendung auf die Entsendung sowohl von Mitgliedern des jeweiligen Landesstellenausschusses als auch von weiteren Versicherungsvertreter/inne/n in den Widerspruchs-Ausschuss.

Zu Artikel 2 (Änderung des GSVG):

Die Bestimmung verweist  auf Abs. 7, der jedoch aufgehoben wurde.

Zu Artikel 3 (Änderung des BSVG):

Die Bestimmung verweist  auf Abs. 7, der jedoch aufgehoben wurde.

Zu Artikel 4 (Änderung des ASGG):

Die Ausdehnung des Widerspruchsverfahrens nach § 367a ASVG auf weitere Leistungssachen nach § 354 ASVG bzw. nach § 292 ASVG, auf die Fälle des § 362 ASVG und auf Leistungssachen nach dem Sonderunterstützungs- und dem Nachtschwerarbeitsgesetz macht Anpassungen im Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz (ASGG) erforderlich.

Vor allem ist in diesem Zusammenhang zu regeln, dass eine Klagserhebung in diesen Angelegenheiten nur dann zulässig ist, wenn zuvor mit Widerspruchsbescheid nach § 367a ASVG entschieden wurde oder eine solche Entscheidung bei erhobenem Widerspruch nicht binnen sechs Monaten gefällt wurde (vgl. § 67 Abs. 1a ASGG).