3732/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 23.11.2023
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag.a Selma Yildirim,

Genossinnen und Genossen,

betreffend Hass im Netz gegen Politiker:innen und Journalist:innen

Personen des öffentlichen Lebens stehen naturgemäß besonders im Licht der Öffentlichkeit. Damit verbunden sind zunehmend Drohungen, Angriffe, Beleidigungen, Hasspostings auf Social Media und in Onlineforen. Ganz besonders trifft das Frauen und hier Journalist:innen sowie Politiker:innen.

Im Jahr 2021 führte das Momentum-Institut in Kooperation mit Ingrid Brodnig eine Umfrage unter den weiblichen Nationalratsabgeordneten durch. Das Ergebnis: „Wer als Frau in die Spitzenpolitik geht, hat relativ hohe Chancen, auch basierend auf dem Geschlecht abgewertet, in Wort und Bild diskreditiert zu werden.“[1]

Frauenfeindlicher, sexualisierter Hass stellt für viele Politikerinnen ein Problem dar[2], schreibt auch die Kleine Zeitung zu dieser Umfrage:

73 Prozent der Politikerinnen sagten, sie erlebten „sexualisierten/frauenfeindlichen Hass“ als Abgeordnete. Diese 73 Prozent geben an, solche Nachrichten über das Internet zu bekommen, zum Beispiel via E-Mail, Twitter, Facebook- Messenger. 36 Prozent sagten, dass sie derartige sexualisierte/frauenfeindliche Nachrichten auch analog bekommen – zum Beispiel als Brief ins Büro oder nachhause.

Dagegen vorzugehen ist nicht immer einfach. Im Gegenteil. „Um gegen Hass im Netz vorzugehen, braucht man mitunter einen langen Atem“, schreibt der Standard am 16. November 2023 unter dem Titel „Der steinige Weg, nicht mehr öffentlich .schlampiges Weib‘ genannt zu werden“.[3]

Im konkreten Fall war ein monatelanger, aufwändiger Rechtsstreit die Folge. Der Beschuldigte wurde schließlich erstinstanzlich (nicht rechtskräftig) von einem Zivilgericht verurteilt und muss nun 5000,- Euro Schadenersatz zahlen.

Die Anwältin sagt dazu:

„Es war bisher ein sehr aufwendiges Verfahren“. Verschiedene Verfahren liefen parallel. Ein Sicherungsverfahren, ein Exekutionsverfahren, ein medienrechtliches Verfahren, „allein zu verstehen, was gerade alles läuft, ist für Betroffene schwer“. (...)

„Bei dem Hassbekämpfungsgesetz ist es vor allem darum gegangen, dass man möglichst rasch Ansprüche durchsetzen kann“. Langwierig, zeit- und kostenintensiv wird es aber, wenn die Gegenseite den Aufträgen einfach nicht nachkommt. Allein die Vorfinanzierung sei bei Fällen von Hass im Netz oft sehr hoch, und selbst wenn man vor Gericht erfolgreich ist, deckt der zugesprochene Kostenersatz meistens nicht den tatsächlichen Aufwand, vorausgesetzt der Gegner ist überhaupt zahlungskräftig. Der zugesprochene Schadenersatz werde daher im Regelfall zur Abdeckung der Kosten benötigt. Es gehe bei diesen Fällen zunächst vor allem um die Beurteilung dessen, den Sachverhalt, also das, was passiert ist, zu dokumentieren – und das sei sehr aufwendig. „Auf Social Media passiert auf vielen Plattformen gleichzeitig etwas“, so die Medienanwältin. Alles zu erfassen und den gesamten Shitstorm zu beobachten, das erfordere eine intensive Medienbeobachtung. Und dafür gibt es keinen Kostenersatz.

Das ist nur ein Beispiel von vielen.

Statistiken aus anderen europäischen Ländern sowie Befragungen von EU- Abgeordneten bringen ähnlich dramatische Zahlen. Die Befragungen zeigen außerdem, dass Frauen mitunter aus Angst vor Hass im Netz ihr Verhalten ändern und bestimmte Äußerungen nicht mehr treffen oder posten bzw. sich in Debatten zurückhalten.[4]

Den Frauenhass im Netz zu stoppen, entschieden gegen diese Form der Gewalt gegen Frauen vorzugehen und betroffene Frauen bestmöglich zu unterstützen, muss daher zentrales Anliegen sein.

Die Unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere die Justizministerin, wird aufgefordert: Um Politiker:innen und Journalist:innen bestmöglich vor Gewalt und Hass im Netz zu schützen, ist eine Koordinationsstelle zu schaffen, die sie rasch und bestmöglich beim Vorgehen gegen derartige Angriffe unterstützt und berät, die juristische Vertretung koordinieren bzw. vermitteln kann und sicherstellt, dass diesen Frauen nicht aus finanziellen Gründen eine juristische Vorgehensweise dagegen verunmöglicht wird.

 

 

 

Zuweisungsvorschlag: Justizausschuss



[1] Vgl.: befragung_momentum-brodnig_hassnachrichten_politikerinnen.pdf (momentum-institut.at)

[2] Vgl.: Bilanz nach Umfrage | "Blade Sau": Der Hass gegen Politikerinnen und was er bewirkt (kleinezeitung.at)

[3] Vgl.: https://www.derstandard.at/story/3000000195436/der-steinige-weg-nicht-mehr-oeffentlich-schlampiges-weib-genannt-zu-werden

[4] Vgl.: befragung momentum-brodnig hassnachrichten politikerinnen.pdf (momentum-institut.at);

EU-Gesetz: Stoppt den Frauenhass im Internet! — HateAid