3760/A XXVII. GP

Eingebracht am 24.11.2023
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Antrag

der Abgeordneten Dr. Werner Saxinger, MSc, Ralph Schallmeiner,

Kollegen und Kolleginnen

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998, das Zahnärztekammergesetz und das Tierärztekammergesetz geändert werden

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998, das Zahnärztekammergesetz und das Tierärztekammergesetz geändert werden

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Ärztegesetzes 1998

Das Ärztegesetz 1998 (ÄrzteG 1998), BGBl. I Nr. 169/1998, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 108/2023, wird wie folgt geändert:

1. In § 117f wird nach Abs. 2 folgender Abs. 2a eingefügt:

„(2a) Zusätzlich zu Abs. 2 haben Kriminalpolizei, Staatsanwaltschaften und Gerichte gemäß den Bestimmungen der StPO ermittelte personenbezogene Daten, die im Rahmen der Verfahren gemäß § 117c Abs. 1 Z 6 iVm § 27 oder § 59 Abs. 1 Z 1 und 2 und Abs. 2 zur Prüfung der Erfordernisse gemäß § 4 Abs. 2 Z 2 oder 3 benötigt werden, nach Maßgabe des § 76 Abs. 4 StPO an die Präsidentin/den Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer auf deren/dessen Ersuchen zu übermitteln.“

2. In § 135 Abs. 1 entfällt die Wort- und Zeichenfolge „sowie alle Ärzte, die über eine Bewilligung gemäß den §§ 32 oder 33 verfügen, unabhängig davon, ob sie ihre ärztliche Tätigkeit freiberuflich oder im Rahmen eines Dienstverhältnisses ausüben,“.

3. § 140 Abs. 3 lautet:

„(3) Jede Disziplinarkommission besteht aus der/dem Vorsitzenden, die/der rechtskundig sein muss, sowie aus zwei ärztlichen Beisitzerinnen/Beisitzern. Für die/den Vorsitzenden sind gleichzeitig zwei rechtskundige Stellvertreterinnen/Stellvertreter, für die ärztlichen Beisitzerinnen/Beisitzer sind gleichzeitig vier Stellvertreterinnen/Stellvertreter zu bestellen. Die Bestellung ist durch den Vorstand der Österreichischen Ärztekammer vorzunehmen. Mitglieder des Vorstandes der Österreichischen Ärztekammer dürfen einer Disziplinarkommission nicht angehören.“

4. Im § 140 Abs. 5 wird der Punkt durch einen Bestrich ersetzt und folgende Wortfolge angefügt:

„wobei die diesbezüglichen Aufwendungen sowie jene der Protokollführung von dieser Landesärztekammer zu tragen sind.“

5. § 149 lautet:

§ 149. Die Staatsanwaltschaften, Gerichte und Verwaltungsbehörden sind verpflichtet, dem Disziplinarrat und der Disziplinaranwältin/dem Disziplinaranwalt über Ersuchen Akten zur Einsichtnahme zu übersenden.“

6. § 195e Abs. 2 lautet:

„(2) Der Genehmigung der/des für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesministerin/Bundesministers bedarf die Bestellung

           1. der/des Vorsitzenden und deren/dessen Stellvertreterinnen/Stellvertreter sowie der beiden ärztlichen Mitglieder der Disziplinarkommission und deren Stellvertreterinnen/Stellvertreter (§ 140 Abs. 3) sowie

           2. der Disziplinaranwältin/des Disziplinaranwalts und ihrer/seiner Stellvertreterinnen/Stellvertreter beim Disziplinarrat (§ 141).

Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Bestellung diesem Bundesgesetz nicht widerspricht.“

7. In § 250 wird die Datumsangabe „31. Dezember 2023“ durch „31. Juli 2024“ ersetzt.

8. In § 251 Abs. 1 wird die Ziffern- und Zeichenfolge „16/2020“ durch „69/2023“ ersetzt.

9. Nach § 252 werden folgende §§ 253 und 254 samt Überschriften angefügt:

„Schlussbestimmungen des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2023

§ 253. (1) Die Bestellung der/des Vorsitzenden und deren/dessen Stellvertreterinnen/Stellvertreter für die Funktionsperiode 2022 bis 2027 wird mit dem 1. Jänner 2024 aufgehoben. Bereits vor dem 1. Jänner 2024 anhängige Disziplinarverfahren sind durch die nach diesem Zeitpunkt zusammengesetzten Disziplinarkommissionen fortzuführen. § 160 Abs. 2 bleibt hiervon unberührt.

(2) Die erstmalige Bestellung der/des Vorsitzenden und deren Stellvertreterinnen/Stellvertretern gemäß § 140 Abs. 3 idF BGBl. I Nr. xx/2023 ist bis zum Ende der Funktionsperiode 2027 vorzunehmen.

Inkrafttretensbestimmung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2023

§ 254. § 117f Abs. 2a, § 135 Abs. 1, § 140 Abs. 3 und 5, §§ 149 und 195e Abs. 2, §§ 250 und 251 Abs. 1 sowie § 253 treten mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.“

Artikel 2

Änderung des Zahnärztekammergesetzes

Das Zahnärztekammergesetz (ZÄKG), BGBl. I Nr. 154/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 18/2023, wird wie folgt geändert:

1. § 19 Abs. 1 Z 3 lautet:

         „3. disziplinäre Verfolgung von Verletzungen der zahnärztlichen Berufspflichten und von Beeinträchtigungen des Ansehens der Zahnärzteschaft durch Zahnärzte/Zahnärztinnen einschließlich der Führung eines Disziplinarregisters;“

2. Am Ende des § 22 Z 6 wird der Punkt durch einen Beistrich ersetzt und folgende Z 7 angefügt:

         „7. der Disziplinarrat.“

3. In § 55 Abs. 1 Z 1 wird vor der Wortfolge „den Patienten/Patientinnen“ die Wortfolge „der Gemeinschaft,“ eingefügt.

4. In § 61 Abs. 4 wird folgender Satz angefügt:

„Sie endet mit der Neubestellung der Disziplinarorgane.“

5. In § 62 Abs. 2 Z 1 wird die Wortfolge „auf Vorschlag des Bundesausschusses der Österreichischen Zahnärztekammer vom/von der Bundesminister/Bundesministerin für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz“ durch die Wortfolge „vom Bundesausschuss der Österreichischen Zahnärztekammer“ ersetzt.

6. In § 62 Abs. 3 entfallen im 1. Satz die Wortfolge „auf Vorschlag des Bundesausschusses der Österreichischen Zahnärztekammer vom/von der Bundesminister/Bundesministerin für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz“ sowie der 2. Satz.

7. § 109 Abs. 6 Z 1 lautet:

         „1. der Mitglieder des Disziplinarrats und deren Stellvertreter/Stellvertreterinnen (§ 62) und“

8. Dem § 126 werden folgende Abs. 18 und 19 angefügt:

„(18) § 19 Abs. 1 Z 3, § 22 Z 6 und 7, § 55 Abs. 1 Z 1, § 61 Abs. 4, § 62 Abs. 2 Z 1 und Abs. 3 sowie § 109 Abs. 6 Z 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/202x treten mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.

(19) Die Mitglieder des Disziplinarrats, die vor Inkrafttreten der Novelle BGBl. I Nr. xx/202x bestellt worden sind, behalten für die laufende Funktionsperiode ihre Funktion.“

Artikel 3

Änderung des Tierärztekammergesetzes

Das Tierärztekammergesetz (TÄKamG), BGBl. I Nr. 86/2012, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 171/2021, wird wie folgt geändert:

1. § 66 Abs. 5 lautet:

„(5) Die bzw. der Vorsitzende sowie deren bzw. dessen Stellvertreterin bzw. Stellvertreter werden auf Vorschlag der Bundesministerin bzw. des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz und die übrigen Mitglieder auf Vorschlag der Abteilungsausschüsse vom Vorstand der Tierärztekammer bestellt.“

2. § 80 Abs. 3 lautet:

„(3) Wird die bzw. der Beschuldigte freigesprochen, das Erkenntnis von einem Landesverwaltungsgericht oder Gerichtshof des öffentlichen Rechts aufgehoben oder sind die Verfahrenskosten uneinbringlich, so hat sie die Tierärztekammer endgültig zu tragen.“

3. Dem § 86 wird folgender Abs. 8 angefügt:

„(8) § 66 Abs. 5 und § 80 Abs. 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/202x treten mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.“

 

Begründung

I. Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte:

Der Entwurf der gegenständlichen Sammelnovelle wurde vor dem Hintergrund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) vom 16.03.2023, G 237/2022 ua, erarbeitet. Darin hob der VfGH jene Passagen des § 140 Abs. 3 Ärztegesetz 1998 2013 (ÄrzteG 1998), BGBl. I Nr. 169/1998 idF BGBl. I Nr. 140/2003 als verfassungswidrig auf, welche die Bestellung des Vorsitzenden der Disziplinarkommission (§ 140 Abs. 3 erster Satz leg.cit) und dessen Stellvertreter (§ 140 Abs. 3 zweiter Satz) durch den (damaligen) Bundesminister für Gesundheit und Frauen auf Vorschlag der Österreichischen Ärztekammer sowie die Verpflichtung zur Herstellung des Einvernehmens mit dem Bundesminister für Justiz (§ 140 Abs. 3 dritter Satz leg.cit) vorsahen. Begründet wurde dies damit, dass die Mitwirkung eines Bundesministers an der Bestellung eines Mitglieds der Disziplinarkommission, ebenso wie die Kreation eines Organs der Selbstverwaltung, etwa durch die Entsendung eines Mitglieds in eine Kommission, Art. 120c Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930, widerspricht.

Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 30. September 2024 in Kraft. Mit diesem Entwurf soll eine den verfassungsrechtlichen Vorgaben Rechnung tragende Neuregelung über die Bestellung der Mitglieder der Disziplinarkommission getroffen werden. Daneben kommt es zu Anpassungen im ÄrzteG 1998 hinsichtlich Datenübermittlung an die Präsidentin/den Präsidenten der ÖÄK und Disziplinarrat sowie Disziplinaranwältin/Disziplinaranwalt.

Auch wenn durch das gegenständliche VfGH-Erkenntnis die Regelungen über die Bestellung der Disziplinarorgane der Österreichischen Zahnärztekammer und der Österreichischen Tierärztekammer nicht betroffen sind, wurden diese im Hinblick auf die im VfGH-Erkenntnis dargelegten Grundsätze geprüft und entsprechender Anpassungsbedarf erkannt. Daher erfolgt im Rahmen der vorliegenden Sammelnovelle eine Anpassung des Zahnärztekammergesetzes und des Tierärztekammergesetzes.

Verhältnismäßigkeitsprüfung:

Durch die vorgeschlagenen Regelungen wird der Zugang zu den und die Ausübung des ärztlichen Berufes gegenüber den bestehenden Regelungen nicht beschränkt, sodass keine Verhältnismäßigkeitsprüfung gemäß dem Verhältnismäßigkeitsprüfungs-Gesetz, BGBl. I Nr. 67/2021, in Umsetzung der Richtlinie (EU) 2018/958, durchzuführen ist.

Kompetenzgrundlage:

Die Novelle stützt sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 8 B-VG („Einrichtungen beruflicher Vertretungen, soweit sie sich auf das ganze Bundesgebiet erstrecken“), Art. 10 Abs. 1 Z 12 B-VG („Gesundheitswesen“) sowie auf Art. 11 Abs. 1 Z 2 B-VG („berufliche Vertretungen, soweit sie nicht unter Art. 10 fallen“).

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.

II. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung der Ärztegesetzes 1998)

Zu Artikel 1 Z 1 (§ 117f Abs. 2a ÄrzteG 1998):

Die Regelung des Abs. 2a nach dem Vorbild des § 24 Abs. 3 des Disziplinarstatuts für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, BGBl. Nr. 474/1990 in der Fassung des BGBl. I Nr. 71/2022, wie auch bereits in § 62 Abs. 4a ÄrzteG 1998 umgesetzt, dient aufgrund jüngster Vollziehungserfahrungen der Schaffung einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage für die Übermittlung von (Auszügen aus den) Akten der Kriminalpolizei, Staatsanwaltschaften und Gerichte an die Präsidentin/den Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer. Ziel ist die Sicherstellung einer ausreichenden Grundlage für die Beurteilung des Vorliegens der gesundheitlichen Eignung oder Vertrauenswürdigkeit iSd § 4 Abs. 2 Z 2 und 3 ÄrzteG 1998 als Erfordernisse zur Berufsausübung sowohl bei der Eintragung in die Ärzteliste (§ 27 ÄrzteG 1998), als auch im Anlassfall bei bereits aufrechter Berufsberechtigung (§ 59 Abs. 1 Z 1 und 2 und Abs. 2 ÄrzteG 1998) im Rahmen diesbezüglicher Verfahren.

Hierzu sei angemerkt, dass laut Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 22.04.1997, 96/11/0366) insbesondere bei Vorliegen strafbarer Handlungen bei der Ausübung des ärztlichen Berufes, aber auch bei sonstigen Straftaten, sofern sich darin ein Charakter manifestiert, der auch in Zukunft die Begehung strafbarer Handlungen bei der Ausübung des ärztlichen Berufes erwarten lässt, zu prüfen ist, ob diese geeignet sind, die Vertrauenswürdigkeit eines Arztes zu erschüttern. Das Vorliegen der gesundheitlichen Eignung und Vertrauenswürdigkeit einer Ärztin/eines Arztes ist zur Wahrung des Wohles der Kranken und zum Schutz der Gesundheit durch gewissenhafte Betreuung und Behandlung als öffentliche Interessen zwingend.

Die Einholung von Akten wird insofern für die Verfahren zur Prüfung der Vertrauenswürdigkeit und der gesundheitlichen Eignung als unerlässlich angesehen, zumal eine Beurteilung des Sachverhaltes allein aufgrund der in § 117f Abs. 2 ÄrzteG 1998 erwähnten Verständigungen der Staatsanwaltschaften über Beginn und Beendigung von Ermittlungsverfahren, der Strafgerichte über die Verhängung und Aufhebung der Untersuchungshaft und die das Verfahren abschließende Entscheidung (zum Teil oft nur als gekürzte Urteilsausfertigung) nicht möglich ist.

Zu Artikel 1 Z 2 (§ 135 Abs. 1 ÄrzteG 1998):

Es handelt sich um eine redaktionelle Anpassung, da §§ 32 und 33 mit BGBl. I Nr.  82/2014 aufgehoben wurden.

Zu Artikel 1 Z 3, 4 und 6 (§§ 140 Abs. 3 und 5 und 195e Abs. 2 ÄrzteG 1998):

Aufgrund des Erkenntnisses des VfGH vom 16.03.2023, G 237/2022 ua, ist eine Neuregelung der Bestellung der/des Vorsitzenden der Disziplinarkommission und deren/dessen Stellvertreterinnen/Stellvertreter notwendig. Nachdem die Mitwirkung des Bundesministers für Gesundheit an der Bestellung verfassungswidrig ist, wird, in Anlehnung an die auch schon bisher erfolgte Bestellung der ärztlichen Beisitzerinnen/Beisitzer und der Disziplinaranwältin/des Disziplinaranwaltes samt Stellvertreterinnen/Stellvertreter, die Bestellung durch den Vorstand der Österreichischen Ärztekammer vorgesehen. Nachdem der Vorstand mindestens sechs Mal pro Jahr einzuberufen ist (§ 123 Abs. 5 ÄrzteG 1998), ist im Falle einer notwendigen Bestellung einer/eines Vorsitzenden bzw. einer Stellvertreterin/eines Stellvertreters während laufender Amtsdauer entsprechend zeitnah sichergestellt. Diese Bestellung ist dann, wie bereits die Bestellung der ärztlichen Mitglieder und der Disziplinaranwältinnen/Disziplinaranwälte samt deren Stellvertreterinnen/Stellvertretern durch die/den für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesministerin/Bundesminister im Rahmen der disziplinarrechtlichen Aufsicht zu genehmigen.

Die in § 140 Abs. 5 vorgenommen Änderung verschriftlicht die derzeitige Praxis und soll festhalten, dass die Aufwendungen bezüglich Räumlichkeiten und Protokollführung von jener Landesärztekammer getragen werden, der der Disziplinarbeschuldigte angehört. Nicht erfasst sind die Bearbeitungs- und Sitzungsgebühren für den Disziplinarrat, die Disziplinaranwältin/den Disziplinaranwalt und deren/dessen Stellvertreterinnen/Stellvertreter sowie für die Untersuchungsführerinnen/Untersuchungsführer.

Zu Artikel 1 Z 5 (§ 149 ÄrzteG 1998):

Die bereits bestehende Verpflichtung für Gerichte und Verwaltungsbehörden dem Disziplinarrat und dem Disziplinaranwalt über Ersuchen Akten zur Einsichtnahme zu übersenden wird auch auf Staatsanwaltschaften ausgeweitet. Die Notwendigkeit dieser Ausweitung ist damit zu begründen, dass die Prüfung, ob ein Tatbestand iSd § 136 ÄrzteG 1998 vorliegt, in jenen Fällen, in denen ein Ermittlungsverfahren von der Staatsanwaltschaft eingestellt wurde, nicht allein anhand der diesbezüglichen Benachrichtigung (vgl. § 117f Abs. 2 ÄrzteG 1998) durchgeführt werden kann, sondern dies nur anhand der Einsicht in den Akt der Staatsanwaltschaft erfolgen kann. Darüber hinaus kann das Vorliegen der Voraussetzungen für die Verhängung einer einstweiligen Maßnahme gemäß § 138 ÄrzteG 1998 bei einem bereits anhängigen Ermittlungsverfahren nur effektiv dann geprüft werden, wenn Einsicht auch in die Akten der Staatsanwaltschaft genommen werden kann.

Zu Artikel 1 Z 7 (§ 250):

Ärztinnen/Ärzte mit einer Berechtigung gemäß § 36b Abs. 1 ÄrzteG 1998 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 16/2020 sollen berechtigt bleiben, ihre Tätigkeit bis zum 31. Juli 2024 auszuüben. Bis dahin soll eine umfassende Ersatzregelung vorbereitet und die Einbeziehung sämtlicher Stakeholder in den weiterführenden Gesprächen im Hinblick auf diese Nachfolgeregelung für § 36b Abs. 1 ÄrzteG 1998 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 16/2020 ermöglicht werden.

Zu Artikel 1 Z 8 (§ 251 Abs. 1):

Es handelt sich um eine allgemeine, redaktionelle Anpassung.

Zu Artikel 1 Z 9 (§§ 253 Abs. 1 und 2 und 254 ÄrzteG 1998):

Der VfGH hat in G 232/2022 ua ausgesprochen, dass die vorgenommene Aufhebung mit Ablauf des 30. September 2024 in Kraft tritt. Es liegt im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers einen früheren Stichtag für die Aufhebung und Neubestellung der/des Vorsitzenden und deren/dessen Stellvertreterinnen/Stellvertreter festzulegen. Aus verfahrensökonomischen Gründen (Raschheit, Einfachheit, Kostenersparnis) sind die bis zum Stichtag bereits eingeleiteten Disziplinarverfahren durch die nach dem 1. Jänner 2024 zusammengesetzten Disziplinarkommissionen fortzuführen. Entscheidungen dieser Disziplinarkommissionen können nicht deswegen angefochten werden, weil diesen Beweisergebnisse zu Grunde gelegt werden, die eine bis zum 1. Jänner 2024 zuständige Disziplinarkommission im Rahmen von bis zum 1. Jänner gesetzte Untersuchungs- oder Verfahrenshandlungen erhoben wurden. Es wird festgelegt, dass § 160 Abs. 2 ÄrzteG 1998 hiervon unberührt bleibt. Die neu zusammengesetzten Disziplinarkommissionen haben daher bei Fällung eines Erkenntnisses nur auf das Rücksicht zu nehmen, was in ihrer mündlichen Verhandlung vorgekommen ist. Damit ist sichergestellt, dass den Kommissionsmitgliedern sämtliche die Entscheidung tragenden Umstände bekannt sein müssen (VwGH 12.10.2020, Ro 2020/09/0009). Aktenstücke, die relevante Ermittlungsergebnisse für die Entscheidung beinhalten, sind sohin im Rahmen der mündlichen Verhandlung zu verlesen. Der Beschuldigte kann jedoch hierauf verzichten (Zahrl/Pabel in Stöger/Zahrl [Hrsg], ÄrzteG 1998 [2023] § 160 Rz 2).

Die Funktionsperiode der neu Bestellten soll mit Abs. 2 dahingehend verkürzt werden, dass ein Gleichklang mit der Funktionsperiode der Organe Österreichischen Ärztekammer bei zuhalten ist. Die derzeitige Bestellung der ärztlichen Beisitzerinnen/Beisitzer und Disziplinaranwältinnen/Disziplinaranwälte samt Stellvertretungen bleibt bis zum vorgesehenen Ende der Funktionsperiode 2027 bestehen.

Zu Artikel 2 (Änderung des Zahnärztekammergesetzes)

Zu Artikel 2 Z 1 und 2 (§ 19 Abs. 1 Z 3, § 22 Z 6 und 7 ZÄKG):

Das Disziplinarrecht wird als eine Aufgabe der Österreichischen Zahnärztekammer, welche sie im eigenen Wirkungsbereich wahrzunehmen hat, explizit genannt (§ 19 Abs. 1 Z 3). Die bisher in § 19 Abs. 1 Z 3 ZÄKG angeführten Aufgaben betreffend die Qualitätssicherung ist durch die Novelle BGBl. I Nr. 122/2022 als Aufgaben des übertragenen Wirkungsbereichs festgelegt worden und daher aus § 19 zu streichen.

In § 22 Z 7 wird der Disziplinarrat entsprechend dem ÄrzteG 1998 als Organ der Österreichischen Zahnärztekammer ausgewiesen.

Zu Artikel 2 Z 3 (§ 55 Abs. 1 Z 1 ZÄKG):

Die Festlegung des Disziplinarvergehens wird an das ärztliche Disziplinarrecht angepasst.

Zu Artikel 2 Z 4 (§ 61 Abs. 4 ZÄKG):

Die Amtsdauer der Mitglieder des Disziplinarrats, des/der Disziplinaranwalts/Disziplinaranwältin und der Untersuchungsführer/Untersuchungsführerinnen ist gleich jener des Bundesausschusses der Österreichischen Zahnärztekammer. Da erst nach den Wahlen in die Landeszahnärztekammern und die Österreichische Zahnärztekammer die Neubestellung der Disziplinarorgane erfolgen kann, sollen die bisherigen Funktionsträger der Disziplinarorgane ihr Amt noch bis zur Neubestellung ausüben.

Zu Artikel 2 Z 5 bis 8 (§ 62 Abs. 2 Z 1 und Abs. 3, § 109 Abs. 6 Z 1 und § 126 Abs. 18 und 19 ZÄKG):

Die Bestellung des/der Vorsitzenden und der Stellvertreter:innen wird an die im VfGH-Erkenntnis vom 16.3.2023, G 237/2022 ua, dargelegten Grundsätze angepasst (siehe Allgemeiner Teil). Die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Änderungen bestellten Disziplinarorgane behalten für die laufende Funktionsperiode ihre Funktion.

Zu Artikel 3 (Änderung des Tierärztekammergesetzes)

Zu Artikel 3 Z 1 (§ 66 Abs. 5 TÄKamG):

Aufgrund des Erkenntnisses des VfGH (G237/2022 ua (G 237/2022-20 ua)) vom 16.3.2023 hat der VfGH festgestellt, dass die Mitwirkung eines Bundesministers an der Kreation eines Organs der Selbstverwaltung Art. 120c Abs. 1 B-VG (vgl. VfGH 13.12.2019, G 211-213/2019) widerspricht.

Im konkreten Anlassfall wurde die Regelung des § 140 Abs. 3 ÄrzteG 1998, dass der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister den Vorsitzenden sowie seine Stellvertreter der Disziplinarkommission bestellt, als verfassungswidrig aufgehoben.

Da die Bestellung der Disziplinarkommission gemäß § 66 Abs. 5 TÄKamG ebenfalls von der Bundesministerin bzw. dem Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz bestellt wird, ist diese Regelung im Sinne des Erkenntnisses anzupassen.

Zu Artikel 3 Z 2 (§ 80 Abs. 3 TÄKamG):

Der Verfassungsgerichtshof zählt in seiner Rechtsprechung das Disziplinarrecht der freien Berufe unter die Berufsausübungsregeln. Die Ahndung von Verstößen gegen Standesregeln zählt bei den Kammern der freien Berufe seit jeher zu den typischen Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches (VfGH vom 16.3.2023, G 237/2022 ua).

Die Anpassung dient der Klarstellung, dass auch bei Aufhebungen von Erkenntnissen durch höhere Instanzen die Kosten von der Tierärztekammer zu tragen sind.

 

Zuweisungsvorschlag: Gesundheitsausschuss