3767/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 24.11.2023
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Entschließungsantrag
der Abgeordneten KO Herbert Kickl, Dr. Susanne Fürst
und weiterer Abgeordneter
betreffend Ausbau der direkten Demokratie in Österreich
In ihrer Selbsteinschätzung nimmt die Politik generell gerne für sich in Anspruch, das wesentliche Instrument zur Bewältigung von Krisen zu sein. Kaum eine politische Maßnahme, kaum eine Weichenstellung, kaum eine Entscheidung im aktuellen Geschehen auf allen politischen Ebenen wird von der schwarz-grünen Bundesregierung nicht als Antwort auf krisenbedingte Erfordernisse inszeniert. Im Zuge der Fokussierung auf Krisenphänomene und die Frage nach den Mitteln zu ihrer Verdrängung oder gar Bewältigung wird gerne übersehen, dass all diese Krisen unmittelbar mit der Qualität der Entscheidungsträger zusammenhängen, deren Handeln häufig ursächlich für die zu bewältigenden Probleme ist.
Die Politik der selbsternannten Eliten hat es verlernt oder aufgegeben, nach den Zwecken ihres Handelns zu fragen, und beschäftigt sich nur noch mit den Mitteln, das Ungefragte umzusetzen. Sie ist zur Technik verkommen. Werte wie Ehrlichkeit oder Heimatverbundenheit sind allenfalls zweit- oder drittrangig.
Der Selbstanspruch der Politik, Problemlöser und Krisenmanager zu sein, wird daher von der Bevölkerung, die eigentlich von der Politik in ihren Interessen vertreten und in ihren Bedürfnissen geschützt werden sollte, zunehmend in Frage gestellt. Mehr noch, der vermeintliche Problemlöser wird vielfach als Problemverursacher erkannt, kritisiert und abgelehnt. Dies zeigte sich nicht nur angesichts der Corona-Krise, sondern auch im Zuge der Energie- und Teuerungskrise sowie anlässlich der schrittweisen Aufgabe der Neutralität durch die türkis-grüne Bundesregierung.
Die selbsternannten politischen Eliten folgen mit ihren Erwartungshaltungen, Vorgaben, Maßnahmen, Rahmenbedingungen und Regelwerken einem selbst gesetzten ideologischen Konzept, das weitgehend naiv auf die Vorgaben der Europäischen Union vertraut. Dieselben selbsternannten Eliten versagen in ihrer Selbstkontrolle und halten sich nicht an selbst gesetzte Regeln und definierte Grenzen. Dieselben selbsternannten Eliten treffen Entscheidungen über die Köpfe derer hinweg, die die Folgen dieser Entscheidungen persönlich zu tragen haben. Es sind dieselben selbsternannten politischen Eliten, die den angerichteten Schaden auf die Masse, auf die Allgemeinheit abwälzen und die Gewinne lieber für sich behalten wollen. Diese selbsternannten politischen Eliten tun also im Wesentlichen das Gegenteil von dem, was die Menschen von der Politik erwarten. Die Folgen liegen auf der Hand: Die Probleme werden größer statt kleiner.
Es ist daher notwendig, den Bürgern die Möglichkeit zu geben, abseits vom Beharrungsvermögen des politischen Establishments, nach Schweizer Vorbild selbst und direktdemokratisch über Weichenstellungen für die Zukunft zu entscheiden.
Jede Entscheidung, die von den Mandataren im Nationalrat oder in den Landtagen abgestimmt werden kann, soll bei entsprechender Unterstützung im Rahmen des Einleitungsverfahrens und bei ausreichender Beteiligung der Wahlberechtigten auch direktdemokratisch getroffen werden können. Mehr direkte Demokratie bedeutet auch eine intensivere Auseinandersetzung mit Sachthemen im Rahmen der politischen Diskussionskultur. Die Parteien und deren Repräsentanten werden dadurch angehalten, die Bürger von ihren inhaltlichen Positionen zu überzeugen.
Die österreichische Bevölkerung verfügt über ein enormes Potenzial an Talenten, Fähigkeiten und Begabungen. Sie zeichnet sich durch Leistungsbereitschaft, Fleiß und großes Engagement aus. Sie ist selbstbewusst und hat ein feines Gespür für Werte wie Freiheit und Gerechtigkeit sowie dafür, was richtig und falsch für unser Land ist. Die Österreicherinnen und Österreicher wollen die Zukunft positiv gestalten, Altlasten abbauen und mit Zuversicht und Hoffnung auf Erfolg in die nächsten Jahre und Jahrzehnte gehen.
Wenn wir also von Zukunftsgestaltung sprechen, dann heißt das, die politischen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass ein Höchstmaß dieser Kräfte individuell aber auch gemeinsam freigesetzt werden kann, Blockaden und Hemmnisse abzubauen, Werte offensiv als Gewinn und Maßstab politischen Handelns anzuerkennen, statt sie als Belastung und Einschränkung zu empfinden, die Kluft zwischen Bürgern und Politik zu verringern und eine neue Basis gegenseitigen Vertrauens zu schaffen.
Direkte Demokratie ist das beste Mittel, um das Vertrauen in die Politik zurückzugewinnen und auch solche Maßnahmen durchzusetzen, die bisher von jenen selbsternannten Eliten blockiert wurden, die selbst Nutznießer des dringend reformbedürftigen Systems sind. In einem ersten Schritt sollen daher die verfassungsrechtlichen Grundlagen einer „Volksinitiative“ geschaffen werden. In weiterer Folge soll die Geschäftsordnung des Nationalrates im Wege eines Initiativantrages angepasst werden. Darüber hinaus ist die Einführung eines Vetoreferendums und der Ausgestaltung der Volksbefragung als Minderheitenrecht geboten.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die einen Ausbau der direkten Demokratie in Österreich unter folgender Maßgabe beinhaltet:
1. Einführung einer „Volksinitiative zur Gesetzgebung“
Der Ablauf einer Volksinitiative erfolgt weitestgehend analog zum Volksbegehren gemäß Volksbegehrengesetz 2018 (VoBeG) bzw. dem Geschäftsordnungsgesetz 1975 (GOG-NR) und der Geschäftsordnung des Bundesrates (GO-BR).
a. Einbringung: Die Einbringung einer „Volksinitiative zur Gesetzgebung“ erfolgt analog zur Anmeldung des Verfahrens für ein Volksbegehren gem. § 3 VoBeG. Der Antrag hat den Text der Volksinitiative in Form eines Gesetzesantrages zu enthalten. Auch Angelegenheiten des Art. 50 B-VG – der Abschluss und die Kündigung von Staatsverträgen – können Gegenstand einer Volksinitiative sein.
b. Zulässigkeit: Über die Zulässigkeit ist innerhalb von zwei Wochen analog zu § 4 VoBeG zu entscheiden. Gegen eine Nicht-Zulassung steht eine Beschwerde an den VfGH offen, dieser hat binnen sechs Wochen zu entscheiden.
c. Einleitungsverfahren: Nach der Zulassung braucht es im Einleitungsverfahren, analog zu § 3 Abs. 2 VoBeG, die Unterstützung von einem Promille der Wohnbevölkerungszahl. Das entspricht gegenwärtig 8.401 Unterstützungserklärungen.
d. Eintragungsverfahren: Werden Unterschriften (inklusive allfälliger Unterstützungserklärungen) im Ausmaß von mindestens 4 Prozent der Wohnbevölkerungszahl erreicht, muss die Volksinitiative im Nationalrat behandelt werden.
e. Parlamentarisches Verfahren: Nach der Vorlage an den Nationalrat erfolgt die unverzügliche Zuweisung an den zuständigen Ausschuss des Nationalrates durch den Präsidenten. Die Vorberatung des Volksbegehrens im Ausschuss muss innerhalb eines Monats nach Zuweisung abgeschlossen sein und ein Bericht darüber an den Nationalrat erstattet werden.
f. Parlamentarische Beschlussfassung: In der auf die Erstattung des Ausschussberichts folgenden Sitzung des Nationalrats, ist über den Ausschussbericht und somit die Volksinitiative abzustimmen. Darauf folgt bei Bestehen des Mitwirkungsrechts die Befassung des Bundesrates.
g. Direktdemokratische Beschlussfassung: Kommt kein Beschluss im Parlament zustande, ist die Volksinitiative unverzüglich einer Volksabstimmung zu unterziehen. Das Präsenzquorum liegt bei einfachen Bundesgesetzen bei 1/3 der Wahlberechtigten, bei Bundesverfassungsgesetzen bei ½ der Wahlberechtigten. Das Konsensquorum liegt bei einfachen Bundesgesetzen bei 1/2 der gültig abgegebenen Stimmen, bei Bundesverfassungsgesetzen bei 2/3 der gültig abgegebenen Stimmen.
h. Kundmachung: Kommt die erforderliche Mehrheit zustande, ist das Gesetz vom Bundespräsidenten zu beglaubigen, vom Bundeskanzler gegenzuzeichnen und im Bundesgesetzblatt kundzumachen.
i. Abänderungsvorbehalt: Ein durch eine Volksinitiative zustande gekommenes Gesetz, kann nur im Wege einer Volksabstimmung geändert werden. Eine solche kann am Ende einer neuerlichen Volksinitiative stehen, oder auch vom Nationalrat – wie bisher – beschlossen oder verlangt werden.
2. Einführung einer Vetovolksabstimmung
a. Verlangen: Die Artikel 43 und 44 B-VG sind dahingehend zu ergänzen, dass eine Volksabstimmung über einen Gesetzesbeschluss des Nationalrates nicht nur vom Nationalrat beschlossen werden kann (bei einfachen Bundesgesetzen) oder von einem Drittel der Nationalratsabgeordneten verlangt werden kann (bei Bundesverfassungsgesetzen), sondern auch von 100.000 Wahlberechtigten verlangt werden kann.
b. Durchführung: Eine solche Vetovolksabstimmung ist nach den Bestimmungen des Volksabstimmungsgesetz 1972 durch zu führen.
c. Gegenstand: Neben einfachen Bundesgesetzen sowie Bundesverfassungsgesetzen soll eine Vetovolksabstimmung auch hinsichtlich der Genehmigung von Staatsverträgen gemäß Art. 50 B-VG möglich sein.
3. Volksbefragung als parlamentarisches Minderheiten- und Bürgerrecht
Art. 49b B-VG ist dahingehend zu ergänzen, dass auch ein Drittel der Nationalratsabgeordneten oder 100.000 Wahlberechtigte eine Volksbefragung verlangen können.“
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Verfassungsausschuss vorgeschlagen.