3793/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 13.12.2023
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

 

der Abgeordneten Mario Lindner, Eva-Maria Holzleitner BSc,

Genossinnen und Genossen

betreffend „HPV-Impfung für alle Österreicher*innen ermöglichen – Krebs- und Folgeerkrankungen wirksam eindämmen“

 

Die letzten Jahre haben in ganz Europa und auch in Österreich wesentliche Schritte zur Enttabuisierung von sexueller Gesundheit hervorgebracht. Obwohl noch immer massive Hürden bestehen und gerade im Bereich der Aufklärung und Prävention noch großen Herausforderungen vor uns liegen, wird sexuelle Gesundheit auch im öffentlichen und politischen Diskurs immer stärker als zentraler Teil der allgemeinen Gesundheitsversorgung wahrgenommen. Diese Entwicklung führt auch dazu, dass präventive Schritte gegen die Ausbreitung des Humane Papillomavirus (HPV) und der damit einhergehenden Folgeerkrankungen zunehmend als zentrale Aufgabe einer wirksamen Public Health Politik anerkannt wird.

 

Laut Studien infizieren sich rund 80 Prozent aller Menschen weltweit im Laufe ihres Lebens mit HPV. Die 120 verschiedenen Typen des Humane Papillomavirus können dabei ernsthafte, langfristige Folgeerkrankungen mit sich bringen: Die Viren werden durch direkten Schleimhautkontakt, insbesondere bei sexuellen Kontakten oder auch bei vaginalen Geburten, übertragen und können im Zuge ihrer Entwicklung Genitalwarzen, Krebsvorstufen oder auch Krebserkrankungen hervorrufen. Eine der schwerwiegendsten möglichen Folgen für Frauen bei einer Ansteckung mit HPV- „Hochrisiko-Typen“ ist eine Erkrankung mit Gebärmutterhalskrebs. Derartige HPV-Typen sind mit rund 90% aller Fälle von Gebärmutterhalskrebs, der dritthäufigsten Krebserkrankung weltweit, dessen Hauptauslöser. Circa 400 Frauen erkranken allein in Österreich jährlich an Gebärmutterhalskrebs, zwischen 130 und 180 Frauen sterben hierzulande pro Jahr an dieser Erkrankung.

 

Betroffen von den Folgeerkrankungen einer HPV-Infektion sind alle Geschlechter. Sowohl aus wissenschaftlicher Sicht als auch aus Public Health Perspektive wird daher klargestellt, dass Aufklärung und Impfmöglichkeiten für Männer einen zentralen Beitrag zur Eindämmung von HPV-Infektionen leisten – nicht nur um ihre eigene Gesundheit zu schützen, sondern auch um Infektionsketten und die Virusweitergabe effektiv unterbrechen zu können. Die HPV-Impfung für alle Geschlechter senkt das Risiko für Genitalwarzen und Gebärmutterhalskrebs um bis zu 90 Prozent – auch das Risiko für Krebserkrankungen an Rachen, Kehlkopf, Scheide, Anus oder Penis wird deutlich gesenkt.

 

Nach massivem Druck aus Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft steht die HPV-Impfung seit Februar 2023 für alle Geschlechter ab dem vollendeten 9. bis zum vollendeten 21. Lebensjahr kostenfrei zur Verfügung. Nach dem 21. Lebensjahr müssen die Kosten jedoch persönlich getragen werden. Nach den Vorgaben des Nationalen Impfgremiums ist die HPV-Impfung ab diesem Zeitpunkt „für einen gleichwertigen Individualschutz in einem 3-Dosen-Schema bis zum vollendeten 30. Lebensjahr empfohlen, danach optional“.[1] Die Kosten für drei Impfungen belaufen sich auf EUR 646,50 (Stand Jänner 2023).

 

Damit wird für Personen über 21 Jahren – also insbesondere auch für jene, die noch nicht von der Kostenfreistellung der HPV-Impfung für Personen unter 21 Jahren ab Februar 2023 profitieren konnten – diese zentrale Präventionsleistung im Bereich der sexuellen Gesundheit zu einer Frage der sozioökonomischen Möglichkeiten. Catch-Up-Programme, wie es sie im Zuge der Implementierung von kostenfreien HPV-Impfprogramme in anderen Ländern gibt, wurden in Österreich bisher leider noch nicht umgesetzt. Auch wirksame Aufklärungs- und Präventionskampagnen, um gerade Personen nach der Schulzeit zur HPV-Impfung zu mobilisieren, fehlen noch weitgehend. Dasselbe gilt für Aufklärungsangebote auch im Bereich von PAP-Abstrichen.

 

Auch das European Centre for Disease Prevention and Control stellt aufgrund der hohen Wirksamkeit die Bedeutung der Ausweitung von HPV-Impfprogrammen klar: „The option of vaccinating additional age cohorts advances health benefits to older age groups, although cost-effectiveness becomes less favourable as age at vaccination increases.“[2] Gerade aus Public Health Perspektive ist es daher nicht zu akzeptieren, dass Personen, die zu einer HPV-Impfung auch nach dem 21. Lebensjahr und in der vom Impfgremium empfohlenen Zeit bis zum 30. Lebensjahr, bereit wären, dies aufgrund der hohen Kosten nicht tun können. Zahlreiche verhinderbare Krebsbehandlungen und -nachbehandlungen könnten durch ausgeweitete HPV-Impfprogramme verhindert werden. Die Politik hat, aufbauend auf der Kostenfreistellung der HPV-Impfung bis zum vollendeten 21. Lebensjahr, daher die gesundheitspolitische Verantwortung, wirksame und kostenlose Impfprogramme auch für ältere Personen zu ermöglichen und damit langfristige Folgeerkrankungen, insbesondere Krebserkrankungen, wirksam einzudämmen.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

 

Entschließungsantrag

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, wird aufgefordert, schnellstmöglich ein kostenfreies Impfprogramm gegen Humane Pappilomaviren (HPV) für alle Personen in Österreich – zumindest für alle bis mindestens zum 30. Lebensjahr, sowie darüber hinaus für alle Personen, für die eine Impfung auf Basis der Empfehlungen des Nationalen Impfgremiums optional möglich ist und denen diese ärztlich empfohlen wird – umzusetzen.

Darüber hinaus werden der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz und die Staatssekretärin für Jugend aufgefordert, eine breite Aufklärungskampagne über die Möglichkeiten einer HPV-Impfung in Schulen, Universitäten, Jugendzentren und medizinischen Einrichtungen umzusetzen, die insbesondere auch die Aufklärung von Jungen und Männern in den Fokus stellt.“

 

Zuweisungsvorschlag: Gesundheitsausschuss



[1] Vgl. BMSGPK; Kurzbericht Human Pappilomaviren (HPV), Evaluierung der HPV-Durchimpfungsraten mit einem dynamischen agentenbasierten Simulationsmodell (2023)

[2] Vgl. ECDC; Guidance on HPV vaccination in EU countries: focus on boys, people living with HIV and 9-valent HPV vaccine introduction