3806/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 14.12.2023
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Entschließungsantrag
der Abgeordneten Muna Duzdar,
Genossinnen und Genossen
betreffend „ORF-Finanzierung sozial gestalten“
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 30. Juni 2022 das Finanzierungsmodell des ORF über die GIS-Gebühr als verfassungswidrig erkannt und eine Neuordnung aufgetragen. Diese wurde vor dem Sommer im Nationalrat beschlossen. Sie tritt mit 1.1.2024 in Kraft, die Rundfunkgebühr wird durch den ORF-Beitrag abgelöst. Pro Haushalt sind künftig 15,30 Euro pro Monat fällig.
Laut Erläuterungen zum Gesetz erweitert sich durch die Neukonzeption des ORF-Beitrages der beitragspflichtige Adressatenkreis um rd. 525.000 Privathaushalte, sodass insgesamt rd. 4,1 Mio. Haushalte den ORF-Beitrag grundsätzlich zu entrichten haben werden. Unter Berücksichtigung einer Befreiungsquote von rd. 8% ergeben sich rd. 3,7 Mio. Haushalte. Zudem sind voraussichtlich rund 238.000 Unternehmen beitragspflichtig, wovon rund 100.000 durch die Umstellung auf die Haushaltsabgabe erstmals zahlungspflichtig werden. Gerechnet wird mit 340.000 ORF-Beiträgen seitens der Unternehmen.
Die SPÖ steht für einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk und eine gesicherte Finanzierung desselben. Seit Beginn der Diskussion um eine neue ORF-Finanzierung haben wir darauf gepocht, dass diese sozial gerecht gestaltet wird und den ORF zur Sparsamkeit verpflichtet. Die türkis-grüne Regierung hat es jedoch in mehr als einem Jahr nicht geschafft, ein sozial gerechtes Modell vorzulegen. Daher haben wir gegen die Haushaltsabgabe gestimmt, vor allem auch, weil sie alle gleich zur Kasse bittet, egal ob ein Haushalt finanzstark ist oder armutsgefährdet. Ob in einem Haushalt eine Alleinerzieherin mit geringem Einkommen wohnt, eine Studentin oder ob es sich um eine Millionärsvilla mit mehreren sehr gut verdienenden Personen handelt, es wird jeweils nur ein ORF-Beitrag fällig. Ein von der SPÖ unterstütztes Finanzierungsmodell müsste fair nach den jeweiligen wirtschaftlichen Möglichkeiten der Haushalte gestaltet sein. Diese Chance wurde mit der aktuellen Konstruktion der Haushaltsabgabe verpasst.
Während also ÖVP und Grüne den Konzernen mit der Körperschaftssteuersenkung ein Milliarden-Steuergeschenk gemacht haben, werden die Menschen mit der Haushaltsabgabe nun ab 1. Jänner inmitten der Teuerung zusätzlich belastet – und das vor dem Hintergrund einer unzureichenden Gebührenbefreiung. Aktuell sieht die Fernmeldegebührenordnung vor, dass für eine Gebührenbefreiung zwei Voraussetzungen erfüllt sein müssen: Erstens muss ein Bezug von beispielsweise Pflegegeld, Arbeitslosengeld, Pension oder Sozialhilfe vorliegen (§ 47). Zweitens darf das Haushalts-Nettoeinkommen den Richtsatz für die Gewährung einer Ausgleichszulage nur um maximal 12% übersteigen (§ 48). Abgezogen werden können dabei der Hauptmietzins einschließlich der Betriebskosten oder andere anerkannte außergewöhnliche Belastungen und monatlichen Kosten für die 24h-Betreuung. Die Richtsätze pro Monat betragen seit 1.1.2023 EUR 1.243,49 bei einer Person und EUR 1.961.75 bei zwei Personen. Für jede weitere Person sind EUR 191.87 vorgesehen.
Diese Vorgaben bedeuten, dass Personen mit geringem Einkommen, die jedoch keine Anspruchsgrundlage wie Pension oder Pflegegeld vorweisen können, nicht von der Rundfunkgebühr befreit sind. Das ändert sich auch mit 1.1.2024 nicht. Die Befreiungsmöglichkeiten vom ORF-Beitrag bleiben bis 31.12.2025 unverändert bestehen. Dass die Beitragsbefreiung nur für Bezieher:innen von Arbeitslosengeld, Mindestsicherung, Pension etc. gilt, während Geringverdiener:innen volle Beiträge leisten müssen, kann zu Recht als ungerecht kritisiert werden. Hier muss eine Ausweitung der Befreiungen für mehr Gerechtigkeit sorgen. Positiv zu beurteilen ist lediglich, dass durch die Novelle auch Lehrlinge einen Anspruch auf Befreiung haben.
Eine weitere Verschlechterung des ohnehin ungerechten Zustandes tritt mit 1.1.2026 in Kraft. Ab dann sind die Befreiungstatbestände und das Verfahren über Befreiungsanträge direkt im ORF-Beitrags-Gesetz geregelt. Durch die mit 2024 in Kraft tretende Möglichkeit zur Abfrage aus der Transparenzdatenbank sollen Befreiungsverfahren in weitem Maß automatisiert erfolgen. Von dort an können Wohnkosten nicht mehr auf die Einkommensgrenze angerechnet werden. Dadurch werden viele aus dem Kreis der Beitragsbefreiten herausfallen.
Da die Haushaltsabgabe bereits mit 1.1.2024 in Kraft tritt, sind aktuell Systemumstellungen bei gleichzeitiger Sicherstellung der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht mehr möglich. Um trotzdem die soziale Ausgewogenheit kurzfristig zu verbessern, soll die Haushaltsabgabe umgehend so umgestaltet werden, dass zumindest die schlimmsten sozialen Härten abgefedert werden. Dafür braucht es eine Ausweitung der Gebührenbefreiung. Diese soll sich ausschließlich an der Einkommenshöhe orientieren und keine weiteren Voraussetzungen verlangen.
Darüber hinaus sollen generell alle jungen Menschen bis zum 24. Lebensjahr vom ORF-Beitrag befreit werden. Gerade diese Altersgruppe hat ein niedriges Einkommen. Studierende sind zumeist auch während des Studiums gezwungen einer Erwerbarbeit nachzugehen und Lehrlinge gehören, auch wenn sie ausgelernt sind, beim Berufseinstieg zu den unteren Einkommensklassen. Es wäre auch demokratiepolitisch ein wichtiges Signal, dass junge Menschen öffentlich-rechtlichen Rundfunk kostenlos nutzen können. Es gilt, sie von der Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu überzeugen und so auch eine breite Basis für die zukünftige Nutzung der Angebote des ORF zu schaffen. Die dadurch fehlenden Mittel sollen dem ORF aus dem Budget refundiert werden. Mittelfristig soll die ORF-Finanzierung dann auf ein sozial gerechtes Finanzierungssystem umgestellt werden, das unter Einbindung aller Parteien gemeinsam mit Expert:innen in einem breiten Prozess erarbeitet werden soll. Klare Vorgabe jedoch ist: Gutverdiener:innen sollen mehr und Personen mit geringerem Einkommen wenig bis nichts bezahlen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien wird aufgefordert, ehestmöglich dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zur Ausweitung der Befreiungen vom ORF-Beitrag vorzulegen. Abgestellt werden soll dabei nur auf die Einkommenshöhe, um Geringverdiener:innen in Zeiten der Teuerung zu entlasten und zu mehr Gerechtigkeit beizutragen. Wohnkosten sollen auch nach dem 1.1.2026 auf die Einkommensgrenzen angerechnet werden. Darüber hinaus sollen junge Menschen bis zum 24. Lebensjahr generell vom ORF-Beitrag ausgenommen werden. Die dadurch fehlenden Mittel sollen dem ORF aus dem Budget refundiert werden.“
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Verfassungsausschuss vorgeschlagen.