3838/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 31.01.2024
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten MMag. Katharina Werner Bakk., Kolleginnen und Kollegen

betreffend Export von trächtigen Rindern nach Algerien stoppen

 

Kein anderes Land außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) importiert so viele Rinder aus Österreich wie Algerien. Die Zahlen sind laut der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) in den vergangenen Jahren stetig angestiegen. Im Jahr 2022 seien 4.666 österreichische Rinder in 157 Transporten nach Algerien gebracht worden. Das zeigen auch die Zahlen, die aus einer Anfragebeantwortung 13764/AB vom 21.4.2023 hervorgehen (1,4) Trächtige heimische Kühe werden nach Algerien verkauft und nach stundenlangen Lkw-Transporten verschifft. Offiziell gelten sie als Zuchttiere, doch Recherchen verschiedene Organisationen wecken Zweifel an dieser Darstellung. Dagegen sprechen etwa die ständig steigenden Exportzahlen. Tierschützer kritisieren zudem, dass die Tiere bei Transport und Tötung schwer leiden würden. Die Tiertransporte gehen zunächst per Lkw nach Südfrankreich. Von dort werden die Tiere unmittelbar nach Algerien verschifft. Die ganze Reise sei mit enormen Strapazen durch Enge und Stress für die Tiere verbunden, kritisiert etwa die Rechercheplattform The Marker. Außerdem fehle es in den Zielhäfen an entsprechenden EU-Standards und an Kontrollmöglichkeiten über den Schutz der Tiere, so die Tierschützer. Nach 18-stündiger Lkw-Fahrt werden die Rinder unmittelbar auf Schiffe verladen, der dreitägige Transport auf dem Schiff gilt als Ruhezeit.(1) Im grünen Bericht des Landwirtschaftsministeriums sucht man vergeblich nach Zahlen zu den Tiertransporten nach Algerien (2). Auch im Tierschutzbericht wird Algerien nicht erwähnt. Insgesamt wurden 2020 139.813 Kontrollen von Tiertransporten durchgeführt, wie viele davon Transporte nach Algerien betrafen oder wie sich die Zahlen entwickelten lässt sich hier nicht erschließen. (3)

In der ORF-Sendung Report vom 9.1.2024 wurde recherchiert und dokumentiert, dass tausende schwangere, sogenannte Kalbinnen, also unter 2 Jahre alte weibliche Rinder, die ihr Kalb noch nicht geboren haben, aus Österreich zunächst 18 Stunden mit dem Tiertransporter nach Südfrankreich und von dort ohne Pause 3 Tage lang mit dem Schiff nach Algerien gebracht werden. Auf dem Transportweg werden die Kühe zwar gemolken, oftmals werden sie aber bereits kurz nach ihrer Ankunft geschlachtet. Die Besichtigung von zwei der modernsten Schlachthöfe in Algerien zeigt, dass Rinder ohne jegliche Betäubung geschlachtet werden. Die in der ORF-Sendung dokumentierten Schlachtungsmethoden zeigen, dass die Rinder ohne Betäubung bei vollem Bewusstsein geschlachtet werden. Hauptargument für die Exporte ist der Herdenaufbau in Algerien. Algerien ist zu 85 % von Wüste bedeckt und ist sehr stark von Importen aus anderen Ländern abhängig. Die algerische Regierung ist daher bemüht, eine eigenständige Milcherzeugung mit importierten Rindern aufzubauen. Trotz der Importe aus Österreich und anderen Ländern ist die Rinderpopulation in Algerien von 2015 bis 2020 um 19 % zurückgegangen. Die Population der Milchkühe im selben Zeitraum sogar um 24 % – also um knapp ein Viertel. Dies ist laut dem Rechercheteam von "The Marker" auf geopolitische, klimatische und soziale Umstände zurückzuführen. Es existiert weder eine gezielte Strategie zu einem Herdenaufbau, noch flächendeckende Aufzeichnungen, wo die importierten Tiere hingebracht werden.(4,8)

"Rinderzucht Austria" weist in einem aktuellen Statement vom 20.1.2024 darauf hin, dass das im Report vom 9. Jänner gezeichnete Gesamtbild durch die Verwendung alter Archiv-Aufnahmen von Schlachtviehtransporten aus anderen Ländern nicht repräsentativ für Zuchtrinderexporte aus Österreich ist und auch der Situation in Algerien nicht gerecht werde. Die aktuelle Reportage werde nun zum Anlass genommen, um die aktuelle Praxis im Zusammenhang mit Transporten nach Algerien umgehend einer Überprüfung zu unterziehen (5) Die bereits erwähnten Zahlen aus dem algerischen Statistikamt, zeigen, dass die Rinderpopulation rückläufig ist (8). Auch laut eines Artikels des Journals von "Rinderzucht Austria" Kuhrier (Ausg. 3/22) zeigen die Statistiken, dass Ende 2020 in Algerien rund 1,8 Millionen Rinder inklusive 900.000 Zuchtrinder gehalten wurden, was einem Rückgang von rund 18% im Vergleich zum Vorjahr entspricht. (9) Fraglich also, wie zielführend der Transport lebender und vor allem trächtiger Rinder nach Algerien tatsächlich ist, es macht sogar den Anschein, als würde es sich um ein Umgehungskonstrukt handeln. 

Einem Urteil des EUGH nach, muss der Transport der Tiere bis zum endgültigen Bestimmungsort unter Einhaltung der EU-Verordnung stattfinden. In der Praxis fehlt aber jede Kontrollmöglichkeit für europäische Behörden während der Überfahrt per Schiff und in den Drittstaaten. (6) Laut oben genannter Anfragebeantwortung vom 21.4.2023 besteht eine bilateral abgestimmte Veterinärbescheinigung für lebende Tiere und Vermehrungsmaterialien mit Algerien. Veterinärbehördliche Bescheinigungen haben Bestimmungen über die Tiergesundheit zum Inhalt. Mit diesen Bescheinigungen werden zwischen den Staaten Regeln über Mindeststandards für die Tiergesundheit, etwa die Freiheit von gewissen Tierseuchen, die für den Import im Drittstaat vorausgesetzt werden, festgelegt. Die Bescheinigungen können grundsätzlich zurückgezogen werden. Deren Zurückziehung würde aber nicht zu einem generellen Verbot des Exports von lebenden Tieren führen, weil sich der Export nach EU-Recht richtet. Die Zurückziehung hätte nur zur Folge, dass einerseits Vorgaben für die Prüfung der Abfertigung des Transports durch die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde fehlen, andererseits die Abfertigung an der Grenze des Drittstaates nicht reibungslos erfolgt und die Tiere allenfalls rücktransportiert oder gar gekeult werden müssten.(7) Um den Exporten von trächtigen Rindern nach Algerien und dem damit verbundenen Tierleid Einhalt zu gebieten ist daher nur ein Exportverbot zielführend. 

 

 

(1) https://www.verbrauchergesundheit.gv.at/handel_export/Publikationen/traces.html

(2) https://gruenerbericht.at/cm4/jdownload/download/2-gr-bericht-terreich/2586-gb2023

(3) https://www.sozialministerium.at/Themen/Gesundheit/Tiergesundheit/Tierschutz/Publikationen.html

(4) https://tvthek.orf.at/profile/Vorarlberg-heute/70024/Vorarlberg-heute-vom-09-01-2024/14208522/Tiroler-Rinder-werden-nach-Algerien-exportiert/15547174

(5) https://www.rinderzucht.at/nachricht/20240120-zwischenresuemee-zum-orf-report-zum-thema-umstrittene-tiertransporte.html

(6) https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20240110_OTS0006/endstation-wueste-das-geschaeft-mit-den-schwangeren-rindern

(7) https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVII/AB/13764/imfname_1553006.pdf

(8) https://www.ons.dz/spip.php?rubrique346

(9) https://www.rinderzucht.at/kuhrier.html

 



Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales‚ Gesundheit‚ Pflege und Konsumentenschutz, wird aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass Algerien auf die Liste der Export-Verbot-Länder gesetzt wird und wird aufgefordert, sich gemeinsam mit dem Landwirtschaftsminister dafür einzusetzen, dass mit den Drittländern mit denen es bilalteral abgestimmte Veterinärbescheinigungen gibt, europäische Kontrollbefugnisse ausverhandelt werden."  

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Gesundheitsausschuss vorgeschlagen.