Eingebracht am 31.01.2024
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Entschließungsantrag
der Abgeordneten Petra Tanzler,
Genossinnen und Genossen
betreffend „Handlungsauftrag PISA- Ergebnisse 2023: Soziale Benachteiligung im Bildungssystem beenden!“
Die OECD-Untersuchung „Programme for International Student Assessment“, kurz PISA-Studie, ist ein wichtiges Instrument in der österreichischen wie internationalen Bildungsdiskussion. Am 05.12.2023 wurden die Ergebnisse der PISA-Testung von 2022 veröffentlicht.[1] Insgesamt nahmen in Österreich 302 Schulen mit 6.151 Schülerinnen und Schülern im Alter von 15 Jahren teil. Bei der ersten PISA-Studie nach der Corona-Pandemie haben sich die Resultate gegenüber früheren Erhebungen OECD-weit größtenteils verschlechtert.
In Österreich gingen die Leistungen im Bereich Mathematik deutlich zurück und fügen sich damit in eine längerfristige Entwicklung ein. Und zusätzlich dazu, dass die Ergebnisse in Mathematik, Lesen und den Naturwissenschaften in den letzten Jahren kontinuierlich schlechter werden, gehört Österreich weiterhin zu jenen OECD-Ländern, in denen der sozioökonomische Hintergrund (Bildung und Beruf der Eltern, materieller Wohlstand) einen noch stärkeren negativen Einfluss auf die Leistungen der Jugendlichen hat als im Schnitt der anderen OECD-Staaten.
Die Daten zeigen, dass Schüler:innen aus privilegierten sozioökonomischen Verhältnissen in Mathematik deutlich höhere Punktzahlen erzielen als jene aus benachteiligenden Verhältnissen (106 Punkte, entspricht einem Leistungsunterschied von mehreren Jahren). Diese Kluft hat sich im Vergleich zur letzten PISA-Studie weiter vergrößert. Etwa ein Fünftel der Leistungsunterschiede österreichischer Schüler:innen in Mathematik ist auf den sozioökonomischen Hintergrund zurückzuführen und dieser Trend ist ansteigend.
Die Diskrepanz wird noch größer, wenn der Migrationshintergrund berücksichtigt wird. Jugendliche mit Migrationshintergrund weisen deutlich niedrigere Kompetenzen auf, wobei zusätzlich die Hälfte davon aus ressourcenarmen Familien stammt und 75 Prozent zu Hause nicht die Unterrichtssprache nutzen. Aber selbst bei vergleichbarem sozioökonomischem Hintergrund besteht immer noch ein signifikanter Leistungsunterschied. Geschlechterunterschiede, insbesondere in Mathematik, sind ebenso bemerkenswert, wobei Buben deutlich besser abschneiden als Mädchen – auch hier besteht dringender Handlungsbedarf.
Diese Ergebnisse verdeutlichen wieder einmal die langjährige Kritik der OECD an der hohen Bildungsungleichheit in Österreich, wobei der Bildungserfolg stark vom Elternhaus abhängt. Es ist ersichtlich, dass eine Neuverteilung der Bildungsmittel dringend erforderlich ist, um die Chancenungleichheit zu bekämpfen. Auch Andreas Schleicher, OECD-Bildungsdirektor, unterstrich bei der Veröffentlichung der PISA-Studie die Notwendigkeit, Ressourcen dorthin zu lenken, wo sie am meisten gebraucht werden, hochqualifizierte Lehrkräfte in anspruchsvolle Klassen zu bringen und die Vielfalt in den Schulen zu schätzen.
Die Bildungsschere geht immer weiter auf und der Handlungsauftrag lässt sich daher aus den PISA-Ergebnissen 2023 direkt ableiten:
Eine angemessene und sinnvolle Finanzierung des Schulsystems ist von grundlegender Bedeutung, um die ungleiche Verteilung von Bildungschancen zu beenden. Eine faire Mittelverteilung, wie beispielsweise der ‚AK-Chancen-Index‘, der eine gerechte, transparente und bedarfsorientierte Schulfinanzierung ermöglicht, ist seit längerem eine Forderung, die auf ein gerechteres System abzielt und eng mit der Entwicklung der Schulen und pädagogischer Freiheit verbunden ist. Generell bedarf es politischer Maßnahmen, um die Chancengleichheit zu fördern – nicht nur finanziell, sondern auch durch die Überprüfung und Anpassung von geldäquivalenten Ressourcen wie Sachmitteln und Personalzuweisungen.
Aus diesem Grund stellen die unterzeichneten Abgeordneten nachstehenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Um nachhaltige Reformmaßnahmen für die Steigerung von Chancengerechtigkeit und die Verminderung von Diskriminierung im österreichischen Bildungssystem im Rahmen einer Gesamtkonzeption zu erarbeiten, wird der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung aufgefordert, die Österreich betreffenden Ergebnisse der PISA 2022- Studie genauestens zu analysieren und darauf aufbauend ein neues, bedarfsorientiertes und indikatorgesteuertes Finanzierungsmodell zu entwickeln, welches durch einen breiten Reformdialog unter Einbindung von Bildungsexpertinnen und Bildungsexperten aus anderen OECD-Staaten, Vertreterinnen und Vertretern der Schulpartner, der Sozialpartner und der verschiedenen Interessenvertretungen sowie weiteren Expertinnen und Experten erarbeitet wird. In weiterer Folge soll für die rasche Umsetzung des neuen Finanzierungssystems Sorge getragen werden.“
In formeller Hinsicht wird um Zuweisung an den Unterrichtsausschuss ersucht.