3860/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 31.01.2024
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen
betreffend Sportwetten müssen unters Glücksspielgesetz fallen
Sportwetten gelten in Österreich als "Geschicklichkeitsspiel" (wie Billard, Bridge und Schach) - und fallen damit nicht unter das Glücksspielgesetz. In allen übrigen EU Ländern zählen Sportwetten - auch entsprechend EU-Definition - als Glücksspiel, samt entsprechend strengeren Auflagen bei Lizenzierung und Spielerschutz. Österreich gilt aufgrund dieser gesetzlichen Ausnahmestellung als Eldorado für Sportwettenanbieter - es gibt hierzulande mehr lizenzierte Sportwettenanbieter als im 10x bevölkerungsreicheren Nachbarstaat Deutschland ("Wetten Sie verlieren": https://www.dossier.at/dossiers/sportwetten/wetten-sie-verlieren/). Bei der Regulierung von Sportwetten ist Österreich EU-weit Schlusslicht ("Der Sonderweg": https://www.dossier.at/dossiers/sportwetten/der-sonderweg/).
Sportwetten fallen in Österreich nicht unter das staatliche Glücksspiel-Monopol des Bundes, sondern sind Landessache und damit zum Teil völlig unreguliert. Das föderale Regelungschaos macht Österreich sozusagen zum Wilden Westen der Sportwetten, Anbieter aus aller Welt können hier ohne Lizenzen und ohne Spielerschutz am heimischen Markt mitmischen (Der graue Markt: https://www.dossier.at/dossiers/sportwetten/der-graue-markt/). Weil das Geschäft mit den Sportwetten boomt und die Spielerschutzbestimmungen des Glücksspielgesetzes nicht greifen, werden immer mehr Menschen Sportwettsüchtig und verspielen dabei ihre finanzielle Existenz. In den Bundesländern Wien und der Steiermark- in denen das Automatenglücksspiel verboten ist, aber Sportwetten erlaubt sind - hat sich die Zahl der Wettsüchtigen innerhalb weniger Jahre verdoppelt (Wien), bzw. vervierfacht (Stmk). Rund 100.000 Menschen sind in Österreich wettsuchtgefährdet. Besonders betroffen sind junge Männer von 18 bis Mitte 30, die meisten sportinteressiert, viele davon selbst Amateursportler (https://help.orf.at/stories/3216508/).
Die zahlreichen Sportwettenanbieter in Österreich können sich neben der regulatorischen Sonderbehandlung aber auch über Steuerzuckerln in Millionenhöhe freuen. Während Glücksspiel-Anbieter 16% ihres Rohertrags über die Glücksspielsteuer an den Fiskus abliefern müssen, fällt für Sportwettenanbieter lediglich eine Gebühr in Höhe von 2% der Wetteinsätze an. Sie lukrieren damit einen Abgabenvorteil in Höhe mehrerer Millionen Euro. Das BMF sollte so gesehen auch ein fiskalisches Interesse daran haben, Sportwetten ins Glücksspielgesetz aufzunehmen. Politisch wird aber gebremst, vermutlich weil Sportwettenanbieter zu Österreichs größten Sportsponsoren gehören. 2022 war Admiral Sportwetten nach Audi und Red Bull der drittstärkste Sportsponsor in Ö. In dem Jahr floss in Österreich die sagenhafte Summe von rd. 1,3 Mrd. Euro an privatem Sportsponsoring (https://raiffeisenzeitung.at/raiffeisen-sportsponsoring-2022/.) Stellt man das den 120 Mio. EUR jährliche Bundessportförderung gegenüber, zeigt sich die große Rolle privater Unternehmen für den österreichischen Sport und die Vereine. Das bringt auch Politiker, vor allem auf Gemeinde und Landesebene, unter Zugzwang.
BMF-Studie empfiehlt Aufnahme von Sportwetten ins Glücksspielgesetz
Die Stabsstelle Spielerschutz im BMF gab 2019 eine Studie zur "Untersuchung zum Zufallscharakter und der Risikopotentiale von Sportwetten" in Auftrag (https://www.isd-hamburg.de/untersuchung-zum-zufallscharakter-und-der-risikopotentiale-von-sportwetten/). Die Studienautoren, Jens Kalke und Tobias Hayer, kommen darin zum Schluss, dass "Sportwettangebote mit geldwertem Einsatz und Geldgewinnmöglichkeiten als Glücksspiel zu klassifizieren sind und daher im rechtlichen und politischen Sinne zum Glücksspiel zählen" sollten.
Hier die Empfehlungen der Studie im Detail:
Vom BMF wurden die Ergebnisse dieser von Ihnen finanzierten Studie jedoch offensichtlich nie an die Öffentlichkeit kommuniziert bzw. auch nicht auf der BMF-Website veröffentlicht. Zu finden ist sie nur über das Portal des Forschungsinstituts, an dem die Studienautoren tätig sind: https://www.isd-hamburg.de/untersuchung-zum-zufallscharakter-und-der-risikopotentiale-von-sportwetten/. Angesichts der hohen individuellen und gesellschaftlichen Kosten, die Sportwetten und die damit einhergehende Spielsucht verursachen, haben Österreichs Bürger:innen das Recht, dass sie über die Ergebnisse dieser (über Steuermittel finanzierten) Studie informiert werden und dass deren Empfehlungen auch umgesetzt werden.
Quellen:
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Der Nationalrat wolle beschließen:
"Die Bundesregierung,
insbesondere der Bundesminister für Finanzen und der Bundesminister
für Sport, wird aufgefordert, die Empfehlungen der vom BMF in Auftrag
gegebenen Studie zu "Risikopotentialen von Sportwetten" umzusetzen
und Sportwetten - entsprechend EU-Definion und in Analogie zur gesetzlichen
Situation in allen anderen EU-Mitgliedstaaten - als Glücksspiel zu
klassifizieren und ins Glücksspielgesetz aufzunehmen."
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Finanzausschuss vorgeschlagen.