Eingebracht am 31.01.2024
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Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr.in Petra Oberrauner, Mag.a Selma Yildirim,
Genossinnen und Genossen,
betreffend EU-Richtlinie zu Verbandsklagen endlich umsetzen!
Am 25. November 2020 trat die von EU-Parlament und EU-Ministerrat beschlossene Richtlinie (EU) 2020/1828 über Verbandsklagen zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher in Kraft. Die Richtlinie soll unionsweit die Rechtsdurchsetzung für Verbraucher:innen verbessern und verpflichtet die EU-Staaten, zukünftig zwei Arten von Verbandsklagen vorzusehen. Qualifizierte Einrichtungen (d.h. Verbraucherverbände, die das kollektive Interesse einer Gruppe von Verbrauchern vertreten) sollen danach sowohl das Recht bekommen, im eigenen Namen Unterlassungsklagen, durch die Verstöße gegen Verbraucherrecht beendet werden können, als auch Abhilfeklagen, durch die Verbraucherrechte durchgesetzt werden können, zu erheben. Auch kann nach der Richtlinie eine Verbandsklage zur Klauselkontrolle mit einer Verbandsklage auf Abhilfe (z.B. Rückzahlung einer in einer rechtswidrigen Klausel erhobenen Gebühr) verbunden werden.
Erfasst werden Verstöße gegen verbraucherschützende Vorschriften aus zahlreichen Rechtsgebieten, zu denen neben dem Verbraucherschutzrecht auch Bereiche wie Datenschutz, Finanzdienstleistungen, Reiseverkehr, Tourismus, Umwelt und Energie sowie Telekommunikation, digitale Dienstleistungen und Produkthaftung gehören. Bei Erfolg der Verbandsklage auf Abhilfe sollen die Verbraucher ihre Leistungen (z.B. Schadenersatz) direkt vom Unternehmen erhalten, ohne einen weiteren Prozess führen zu müssen.
Die Richtlinie stellt eine maßgebliche Stärkung der Konsument:innenrechte dar. Sie hätte bis zum 25. Dezember 2022 in nationales Recht umgesetzt und die neuen Regelungen ab dem 25. Juni 2023 angewendet werden müssen. Österreich ist somit seit über einem Jahr bei der Umsetzung in Verzug. Ein Gesetzesvorschlag ist bislang nicht einmal in Begutachtung, was am 16.11.2023 zu einer begründeten Stellungnahme der Europäischen Kommission an Österreich führte. Sollte die Umsetzung nicht baldigst erfolgen, droht Österreich ein Vertragsverletzungsverfahren.
Aus diesem Grund stellen die unterzeichneten Abgeordneten nachstehenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
Die Bundesregierung, insbesondere die zuständige Justizministerin wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzentwurf zur nationalen Umsetzung der Richtlinie (EU) 2020/1828 vorzulegen, die insbesondere folgendes berücksichtigen sollte:
- eine Erstreckung des Anwendungsbereichs auf sämtliche Verstöße, die die Interessen von Konsument:innen beeinträchtigen können,
- ein kostengünstiges, schlankes und flexibles Verfahren, das die Gerichte und die klagenden Organisationen entlastet und mit möglichst wenig Kosten verbunden ist,
- niederschwellige Voraussetzungen und großzügige Fristen für den Beitritt von Konsument:innen zur Abhilfeklage bei einer Mindestanzahl von 5 betroffenen Personen,
- es sollen nur jene Organisationen diese Klagen führen dürfen, die tatsächlich gemeinnützig Konsumenteninteressen vertreten, z.B. vorrangig Beratung, Tests, Bildungsangebote, Informationen anbieten,
- Beibehaltung der Möglichkeit der Prozesskostenfinanzierung bzw. keine Einschränkung, die eine Prozesskostenfinanzierung faktisch verunmöglichen würde.
In formeller Hinsicht wird um Zuweisung an den Justizausschuss ersucht.