3902/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 28.02.2024
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen
betreffend Bildungsfreizügigkeit: Mobilitätsfenster in Curricula schaffen
Der Frieden und Wohlstand in Europa und auf der Welt sind derzeit durch Konflikte, Krisen und Kriege gefährdet wie schon lange nicht mehr. Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sind in Bedrängnis, das Völkerrecht wird immer öfter missachtet. Mehr denn je ist es daher eine wichtige Aufgabe der Bildungs-, Wissenschafts- und Jugendpolitik, jungen Menschen Möglichkeiten zu geben, internationale Erfahrungen zu machen, andere Kulturen kennenzulernen und einen Beitrag zur Völkerverständigung zu leisten.
Eine wesentliche Säule des europäischen Einigungsprojekts sind die vier Grundfreiheiten des europäischen Binnenmarkts, nämlich der freie Verkehr von Personen, Waren, Dienstleistungen und Kapital. Es ist Zeit, diesen eine fünfte Grundfreiheit hinzuzufügen: die Bildungsfreizügigkeit.
In den Jahrzehnten seit 1987 das ERASMUS-Programm ins Leben gerufen wurde, hat sich die internationale Mobilität von Studierenden bereits stark weiterentwickelt. Dennoch sind Studierende, die kein Auslandssemester oder Auslandspraktikum absolvieren, noch immer in der Mehrheit. Verschiedene Studien, die Mobilitätshemmnisse von Studierenden untersuchen, weisen die Angst vor Zeitverlust im Studium als relevanten Faktor aus. Als Mobilitätshemmnisse nennen Studierende häufig curriculare Aspekte wie z. B. „Zeitverlust für das Studium in Österreich [...] 37%“ und die „Anerkennung der im Ausland erbrachten Studienleistungen (26%)“ (BMWFW 2016, 14).
Das Erlangen internationaler Erfahrung spielt eine entscheidende Rolle in Bezug auf die Persönlichkeitsentwicklung und fachliche Kompetenz von Studierenden. Obwohl viele Studierende zu Beginn ihres Studiums ein Auslandssemester anstreben, wird dieses Vorhaben häufig aufgrund von Zeitmangel oder der Schwierigkeit, die im Ausland absolvierten Lehrveranstaltungen anrechnen zu lassen, vereitelt. Um diesem Dilemma entgegenzuwirken, sollten Hochschulen ihre Curricula entsprechend anpassen und Raum für Auslandssemester schaffen. Eine Lösung hierfür sind curriculare Mobilitätsfenster, innerhalb derer Studierende Wahlfächer belegen können. Dies erleichtert nicht nur die Anerkennung von im Ausland erworbenen Studienleistungen, sondern minimiert auch den Aufwand für die Suche nach Pflichtfach-Äquivalenten an der Partneruniversität. Studierende profitieren somit von einer umfassenden internationalen Erfahrung, ohne dabei wesentliche Bestandteile ihres heimischen Curriculums zu vernachlässigen.
Erstrebenswert ist es, einen Auslandsaufenthalt in einem Umfang von 30 ECTS-Anrechnungspunkten zu ermöglichen. Ein im Curriculum dafür ausgewiesenes Semester, dem speziell Wahlpflichtfächer, freie Wahlfächer, Wahlmodule und/oder Praktika zugeordnet sind, hilft, die Anerkennung von Studienleistungen zu erleichtern. Semesterübergreifende Module im Curriculum sollten nicht in das für Auslandsaufenthalte empfohlene Semester hineinragen. Weiters sollten Anmeldevoraussetzungen für einzelne Lehrveranstaltungen im Studienplan so gestaltet sein, dass keine Voraussetzungsketten entstehen, die einer reibungslosen Fortsetzung des Studiums nach Rückkehr aus dem Gastland im Wege stehen. Einzelne Universitäten wie die Uni Graz haben solche oder ähnliche Kriterien für ein Mobilitätsfenster bereits definiert, vgl. z.B. https://static.uni-graz.at/fileadmin/lehr-studienservices/Curriculaentwicklung/Handreichung_Internationalisierung_von_Curricula.pdf
Das BMBWF hat sich mit der Hochschulmobilitäts- und Internationalisierungsstrategie 2030 (HMIS 2030), die über ihre Vorgängerin, die Hochschulmobilitätsstrategie 2016 (HMS2016) hinausgeht, der Förderung qualitätsvoller hochschulischer Mobilität verschrieben. Vor diesem Hintergrund wäre es wünschenswert, wenn zukünftig bei jeder Neuentwicklung oder Überarbeitung von Curricula ein Mobilitätsfenster zur Erleichterung der Studierendenmobilität im Studienplan fest verankert wird.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Der Nationalrat wolle beschließen:
"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, wird aufgefordert, mit den Universitäten, Fachhochschulen und Pädagogischen Hochschulen in Gespräche zu treten mit dem Ziel, bei jeder Neuentwicklung oder Überarbeitung eines Curriculums darauf zu achten, durch die Einplanung eines Mobilitätsfensters noch mehr Studierenden als bisher zu ermöglichen, im Studium Auslandserfahrungen zu sammeln. Dieses Mobilitätsfenster soll so gestaltet werden, dass ein Auslandssemester ohne Zeitverlust im Studium machbar ist."
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Wissenschaftsausschuss vorgeschlagen.