3905/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 28.02.2024
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen
betreffend Finanzbildungszentren und -coaches an Wirtschaftspädagogik-Instituten österreichweit etablieren
Kompetenz im Umgang mit Geld und wirtschaftliches Verständnis sind wesentliche Voraussetzungen für jeden Menschen, um ein selbstbestimmtes und gelungenes Leben zu führen. Financial Literacy bzw. Wirtschafts- und Finanzbildung zu vermitteln gehört daher zu den zentralen Aufgaben des Schulwesens. Unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen werden Österreichs Schulen diesem Auftrag oft nicht ausreichend gerecht, die Financial Literacy junger Menschen ist häufig unzureichend.
67 Prozent der AHS-Schüler:innen (Oberstufe) und 40 Prozent der BHS-Schüler:innen haben das Gefühl, sich nicht oder nur wenig mit Geld und Finanzen auszukennen. Jedes zweite Mädchen fühlt sich gestresst in Bezug auf Geld. 21 Prozent der Jugendlichen haben keinen Überblick darüber, wie viel Geld sie im Monat ausgeben. Mehr als die Hälfte der dieser Altersgruppe angehörigen fühlt sich in Bezug auf Finanzbildung nicht angemessen auf die Zukunft vorbereitet.1)
Aus NEOS-Sicht ist es daher notwendig, Finanz- und Wirtschaftbildung auszubauen (durch stärkere Verankerung in den Lehrplänen), praxisnah zu gestalten (durch Kooperationen zwischen Schule und Arbeitswelt), qualitativ zu verbessern (durch mehr Lehrer:innen-Fortbildung) und flächendeckend zu stärken, indem außerschulische Unterstützungsstrukturen, die in Wien bestehen, auch in den anderen Bundesländern etabliert werden.
Eine solche Unterstützungsstruktur ist etwa das sogenannte Zentrum für Finanzbildung, das im September 2023 am Institut für Wirtschaftspädagogik der WU Wien eröffnet wurde.2) Es bündelt verschiedene Forschungs- und Lehrprojekte zur Förderung der Finanzbildung. Es arbeitet interdisziplinär mit anderen Instituten der WU sowie nationalen und internationalen Organisation zusammen. Die bedeutendsten Initiativen bisher sind Finanzbildungscoaches für die Schulen, das Projekt Moneywise und der WU OeNB Research Talent Award. Finanzbildungscoaches stehen kurz vor dem Abschluss ihres Wirtschaftspädagogikstudiums an der WU und haben während ihres Studiums eine Reihe von Lehrveranstaltungen zur Förderung von Finanzbildung besucht. Sie bereiten auf Anfrage einer Schule ein Unterrichtskonzept zu bestimmten Finanzbildungsthemen vor und kommen auch an die Schule, um diesen Unterricht zu halten.
Die Finanzbildungsaktivitäten der WU Wien stellen eine wichtige Initiative zur Förderung von Finanzwissen und -kompetenz von Schüler:innen und Studierenden dar. Verständlicherweise liegt der Schwerpunkt der Kooperationen mit Schulen jedoch in den östlichen Bundesländern. Angesichts der zentralen Bedeutung, die finanzielle Bildung für die individuelle Lebensführung und die gesellschaftliche Wohlstandsentwicklung hat, wäre es wünschenswert, auch an Universitäten in anderen Regionen Österreichs die Finanzbildung zu forcieren, Zentren für Finanzbildung zu etablieren und die dortigen Schulen mit Finanzbildungscoaches zu unterstützen.
Solche Initiativen bereiten junge Menschen besser auf die finanziellen Herausforderungen des Erwachsenenlebens vor und können langfristig zur Reduzierung von Verschuldungsproblemen beitragen. Eine fundierte Finanzbildung trägt zur Stärkung der gesellschaftlichen Resilienz bei, indem sie Menschen befähigt, informierte Entscheidungen zu treffen und finanziellen Herausforderungen besser zu begegnen. Dies ist besonders wichtig in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit. Da in den Lehramtsstudien - auch in finanzbildungsaffinen Fächern wie "Geographie und Wirtschaftskunde" und "Mathematik" - in den letzten Jahrzehnten die Finanzbildung und deren Didaktik oft nicht ausreichend stark präsent waren, gibt es in den Schulen noch viel Aufholbedarf in diesem Bereich. Auch auf die Ausbildung zukünftiger Lehrer:innen wirkt sich eine Stärkung der Wirtschaftspädagogik-Institute an den Universitäten positiv aus.
Angesichts dieser Gründe erscheint es sinnvoll und wichtig, dass an Universitäten Zentren für Finanzbildung institutionalisiert werden, um Schulen in allen Regionen Österreichs mit Finanzbildungscoaches und anderen Leistungen unterstützen zu können. Die unterzeichneten Abgeordneten sehen es als Aufgabe des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung, mit den Universitäten in diesbezügliche Gespräche zu treten und die Rahmenbedingungen zu schaffen, um solche Zentren zu ermöglichen. Ein solcher Schritt trägt bei zur Professionalisierung der Lehrkräfte, hilft die in Umfragen dokumentierte Bildungslücke bei Jugendlichen zu schließen und stärkt die Forschung, um Erkenntnisse über die effektivsten Methoden und Ansätze zur Vermittlung von Finanzkompetenz zu generieren. Damit handelt es sich um eine wichtige Investition in die finanzielle Bildung und damit in die Zukunft unserer Gesellschaft.
1) Quelle: https://www.yep-austria.org/wp-content/uploads/2024/01/240110_FLiP_YEP-Jugendbericht-RZ_Digital.pdf
2) https://www.wu.ac.at/zentrum-fuer-finanzbildung/
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Der Nationalrat wolle beschließen:
"Die Bundesregierung,
insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung,
wird aufgefordert, mit den Universitäten in Gespräche zu treten mit
dem Ziel, dass an allen österreichischen Universitäten mit Wirtschaftspädagogik-Institut
ein Finanzbildungszentrum eingerichtet wird, das die Schulen in der jeweiligen
Region bei der Stärkung der Wirtschafts- und Finanzbildung
unterstützt."
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Wissenschaftsausschuss vorgeschlagen.