3907/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 28.02.2024
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Bundesweite Regelung für die standardmäßige Verlegung von 110kV Leitungen als Erdkabel

 

Um in Zukunft die Stromversorgung Österreichs ausschließlich mit erneuerbaren Energieträgern bei gleichzeitiger Sicherung der Netzstabilität und bestmöglicher infrastruktureller Strommarktbedingungen zu gewährleisten, werden mittelfristig erhebliche Anpassungen an die heimische Stromnetzinfrastruktur notwendig sein. Allerdings stoßen als Freileitungen geführte Hochspannungsleitungen immer wieder auf Widerstand durch die betroffene Bevölkerung, da diese das Landschaftsbild stark beeinträchtigen, mehr Fläche (und damit so wertvollen Boden oder Naturraum) beanspruchen und auch möglicherweise indirekte negative volkswirtschaftliche Auswirkungen haben, wie etwa niedrigere Grundstückspreise oder verloren gegangene Tourismuseinnahmen. Als Alternative können Leitungen als Erdkabeln gelegt werden, welche allerdings je nach Netzebene sowie technischer und geographischer Grundvoraussetzungen entsprechende Mehrkosten verursachen. Zusätzlich sind Freileitungen wesentlich anfälliger für extreme Wetterereignisse, welche sich auch in Mitteleuropa aufgrund des Klimawandels häufen werden. So wurde etwa im Sommer 2021 eine Hochspannungsleitung in der Tschechischen Republik unweit der österreichischen Grenze von einem Tornado niedergerissen.

Während auf niedrigeren Netzebenen das Legen von Erdkabeln als Alternative zur Freileitung mittlerweile auch in Österreich Usus ist, werden 110kV Leitungen hierzulande noch regelmäßig - aus besagten Kostengründen - oberirdisch geplant und errichtet. Diese Praxis verursacht jedoch vermehrt Unverständnis der betroffenen Anrainer:innen, da mittlerweile zahlreiche, im Ausland bereits standardmäßig angewendete innovative Methoden die Kosten für Erdkabel bereits erheblich reduziert haben und die bereits erwähnten Beeinträchtigungen von Landschaftsbild, Umwelt und Volkswirtschaft nicht einberechnet werden. Um diese Konflikte zu vermeiden, gibt es in Deutschland und der Schweiz klare gesetzliche Regelungen, welche unter entsprechenden Voraussetzungen zu Erdkabeln verpflichten (EnWG §43 bzw. Elektrizitätsgesetz und Stromversorgungsgesetz Art.15c). Auch in Österreich gibt es in Salzburg auf Landesebene eine entsprechende rechtliche Regelung (Salzburger Landeselektrizitätsgesetz § 54a).

Um Österreich hier an den internationalen Standard anzupassen, den Schutz des Landschaftsbildes sowie betroffener Naturräume zu gewährleisten und um Konflikte zwischen für die Energiewende notwendigen Infrastrukturprojekten und betroffenen Anrainer:innen zu minimieren, ist es notwendig, einen klaren, bundesweit einheitlich rechtlichen Rahmen zu schaffen, sodass Hochspannungsleitungen auf neuen Trassen mit einer Nennspannung von 110 kV oder weniger unter entsprechenden Voraussetzungen als Erdkabel auszuführen sind.

Der im Sommer 2023 präsentierte Entwurf des integrierten österreichischen Netzinfrastrukturplans (ÖNIP) harrt gegenwärtig noch immer seiner Überführung in die finale Version. Sowohl in der vorliegenden Version des ÖNIP als auch im derzeit in Begutachtung befindlichen Ministerialentwurf des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes (ElWG) fehlen zum Bedauern von NEOS verbindliche Vorgaben, die einen vermehrten Einsatz von 110 kV Leitungen gewährleisten. Beim Beschluss dieser zwei zentralen Grundlagen für ein Stromnetz der Zukunft darf die Thematik von Erdkabeln nicht außen vor gelassen werden.



Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, wird aufgefordert, in dem im EAG vorgesehenen Netzinfrastrukturplan sowie in der zur Beschlussfassung vorgelegten Version des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes eine verpflichtende, vertiefende Prüfung von sämtlichen zu errichtenden Leitungsprojekten mit einer Spannung ab 110 kV festzuschreiben, einen Mehrkostenfaktor von 2,5 als bundesweit einheitliches Kriterium festzulegen, Kriterien bzgl. Umweltauswirkungen oder wirtschaftlicher Folgen eines Leitungsprojekts (inklusive etwa Bodenversiegelung, Landschaftsbild, Biodiversitätsverlust und Grundstückspreisentwicklung) bundesweit klar zu definieren sowie verbindliche Vorgaben zu schaffen, um die Information und Einbindung von Bürger:innen, Zivilgesellschaft und Wissenschaft bei diesem Entscheidungsprozess zu gewährleisten. Zusätzlich sind auch für jene im neuen ElWG §102 beschriebenen Forschungs- und Pilotprojekte Leitungen mit einer Spannung ab 110kV zu berücksichtigen."



In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Wirtschaft‚ Industrie und Energie vorgeschlagen.