3912/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 28.02.2024
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Eva-Maria Holzleitner, BSc,

Genossinnen und Genossen

betreffend Nationaler Aktionsplan Frauengesundheit dringend erforderlich

Mit dem Frauengesundheitsbericht liegen nach über zehn Jahren wieder Informationen zur gesundheitlichen Situation von Frauen und Mädchen vor.

Der Bericht bestätigt deutlich, dass die männerzentrierte Gesundheitspolitik und damit auch die medizinische und psychische Versorgung sowie die zumeist geringeren finanziellen Möglichkeiten von Frauen eine direkte Auswirkung auf die Gesundheit von Frauen aller Altersgruppen haben.

Aus dem Bericht: „Frauen und Mädchen haben im Unterschied zu Männern häufig andere Erkrankungsrisiken und Krankheitsverläufe, ein anderes Gesundheitsverhalten und werden aufgrund von geschlechterstereotypen Zuschreibungen oft unzutreffend diagnostiziert. Frauen sind durch gesellschaftliche und strukturelle Rahmenbedingungen (u. a. Mehrfachbelastungen, Care- Arbeit) in ihren unterschiedlichen Lebensphasen (Mädchen, Frauen im Erwerbsalter, ältere Frauen) mit gesundheitsrelevanten Einflüssen konfrontiert, die sich maßgeblich auf ihre Gesundheit auswirken können. Unterschiedliche biologische Dispositionen (u. a. Körper, Hormonhaushalt, Stoffwechsel) verursachen mit, dass Erkrankungen mit oft anderen Prävalenzen und Symptomen auftreten als bei Männern.“

Der Bericht konzentriert sich auf Themen wie Körper- und Selbstbilder von Mädchen und Frauen, Sexuelle Gesundheit, Menstruationsgesundheit, Wechseljahre und Menopause, Gynäkologische Versorgung, Reproduktive Selbstbestimmung, Psychische Gesundheit, Gewalt gegen Mädchen und Frauen und deren gesundheitliche Auswirkungen oder auch den Zugang zu guten Gesundheitsinformationen und -angeboten für Mädchen und Frauen. Ebenso werden sozioökomonomische und gesellschaftliche Einflüsse auf die Gesundheit von Frauen, Armut, Mehrfachbelastungen, unbezahlte Sorgearbeit (Care-Arbeit), Mental Load und Auswirkungen der Arbeits- und Lebensbedingungen von Frauen beleuchtet.

Im Bericht wird darauf hingewiesen, dass es für die zukünftige Datengenerierung entscheidend ist, dass diese für Frauen und Mädchen in ihren unterschiedlichen Lebensphasen und Lebenslagen erhoben werden, um zielgruppengenauere Analysen zu ermöglichen. Die weitere Umsetzung der Maßnahmen des Aktionsplans Frauengesundheit sowie die Themen der gesellschaftlichen und strukturellen Rahmenbedingungen, der Frauen- und Gendergesundheitsforschung, der Entwicklungen im Digital-Health- und Kl-Bereich, der frauen- und genderspezifischen Gesundheitsförderung, Prävention und Gesundheitsversorgung erfordern neue Schwerpunktsetzungen im Gesundheitsbereich. Außerdem sollte laut Bericht dem großen Bereich der Chancengerechtigkeit und Intersektionalität in Folgeberichten ausreichend Raum gegeben werden. Frauenrelevante Gesundheitsthemen sollten in nächsten Schwerpunktsetzungen nach den verschiedenen Lebensphasen und Lebenslagen von Mädchen und Frauen differenziert werden. Sozioökonomisch benachteiligte Frauen und Mädchen, Frauen in Armut, Frauen und Mädchen in unterschiedlichen Altersphasen, Frauen mit Flucht- und Migrationsgeschichte, Frauen mit Behinderungen, alleinerziehende Frauen, wohnungslose Frauen, Sexarbeiterinnen, Frauen mit nichtbinärer Geschlechtsidentität haben verschiedene soziale Ausgangs- und Lebenslagen, die sich auch unterschiedlich darauf auswirken, wie gesund sie ihr Leben verbringen können.

Der Bericht enthält die klare Aussage, dass Frauen bereits in jungen Jahren und bis zum Ende ihres Lebens zahlreichen Benachteiligungen ausgesetzt sind, die direkte Auswirkungen auf ihre Gesundheit haben.

Expertinnen im Rahmen des durchgeführten Hearings im Gesundheitsausschuss wiesen insbesonders auf Folgendes hin:

In Österreich ist der Gender-Pay-Gap ein wesentlicher Nachteil für Frauen und ihre Gesundheit. Frauen sind sehr viel häufiger als Männer Mehrfachbelastungen ausgesetzt und leisten einen Löwenanteil nicht bezahlter Care-Arbeit. Beides prädestiniert sie für Altersarmut. Armut ist ein wesentlicher Faktor für gesundheitliche Probleme.

Die Kindheit und Jugend, die reproduktive Phase, die Postmenopause und Frauen im hohen Alter haben bestimmte bio-psycho-soziale Besonderheiten und Herausforderungen, denen oft viel zu wenig Rechnung getragen wird. Selbstbestimmung ist, was (die teure Langzeit-) Verhütung, ungewollte Schwangerschaften und die Leistbarkeit assistierter Fortpflanzungshilfe betrifft, in Österreich nicht garantiert. Für Frauen, insbesondere arme Frauen, sollten Verhütungsmittel, vor allem die sichere und gut verträgliche Langzeitverhütung kostenlos über die Krankenkasse zur Verfügung gestellt werden. Sollten Schwangerschaftsabbrüche notwendig werden, wären sie ebenfalls kostenfrei und flächendeckend zu ermöglichen. Eine ungestörte Entwicklung des Körperbildes ist insbesondere für Mädchen wesentlich. Defizitäre Körperbilder schüren Unzufriedenheit und Wahrnehmungsstörungen, Essstörungen von Anorexie bis zu massiver Adipositas. Es wurde deutlich ausgesprochen, dass es bei Adipositas zu Diskriminierung auch im Gesundheitswesen zu Diskriminierung der betroffenen Frauen kommt. Eine oft vergessene Lebensphase von Frauen ist die Postmenopause, ein an und für sich physiologischer Lebensabschnitt. Allerdings wird jede 10. Frau mit sogenannten Wechselbeschwerden im medizinischen System nicht ernst genommen. Obwohl im Gesundheitswesen vieles kostenfrei angeboten wird, müsste die Information dazu viel zielgerichteter an die unterschiedlichen Gruppen von Frauen gelangen. Gesundheitsgefährdend sind besonders Gewalterfahrungen, von denen wieder Frauen am meisten betroffen sind. Nach neuesten Erkenntnissen sind bei 85% psychischer Erkrankungen auch Gewalterfahrungen im Spiel. Als klare Analyse wurde aufgezeigt, dass das Gesundheitswesen und auch die Datenerfassung jedoch auf Männer konzentriert ist, frauenspezifische gesundheitsrelevante Fragen für Mädchen und Frauen oft nicht ausreichend behandelt oder gar nicht thematisiert werden. Gendermedizin ist noch lange keine Selbstverständlichkeit, die muss im österreichischen Gesundheitswesen erst wirklich angekommen. Endometriose, Osteoporose, reproduktive Gesundheit finden trotz hoher gesundheitspolitischer Relevanz kaum Beachtung. Besonders hingewiesen wurde seitens der Expert:innen auch auf die Notwendigkeit der kostenlosen flächendeckenden Versorgung im Bereich der psychischen Versorgung.

Es ist damit deutlich, dass es einer gesamtgesellschaftlichen Anstrengung und Aufklärung bedarf, dass Frauengesundheit ein wesentlicher Faktor nicht nur für die einzelne Betroffene, sondern insgesamt für das Fortkommen unserer Gesellschaft ist und es einen Wandel dahingehend braucht, dass Frauen in diesen Zusammenhängen endlich ernst genommen werden müssen.

Die gefertigten Abgeordneten stellen daher den

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, rasch einen „Nationalen Aktionsplan Frauengesundheit“ zu erarbeiten und zu beschließen, mit dem alle Handlungsebenen, sowohl auf politischer als auch Verwaltungsebene verpflichtet werden, alle in ihrem Zuständigkeitsbereich bestehenden Möglichkeiten, Frauengesundheit in Österreich zu fördern, auszuschöpfen, und damit einen wichtigen Schritt in Richtung konkreter Verbesserung der Gesundheit von Frauen aller Altersgruppen zu leisten.“

 

 

 

 

 

Zuweisungsvorschlag: Gesundheitsausschuss