3924/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 28.02.2024
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst

und weiterer Abgeordneter

betreffend Neutralitätsbericht

 

 

Im 1. Absatz des 1. Artikels des Neutralitätsgesetzes ist festgehalten:

 

Zum Zwecke der dauernden Behauptung seiner Unabhängigkeit nach außen und zum Zwecke der Unverletzlichkeit seines Gebietes erklärt Österreich aus freien Stücken seine immerwährende Neutralität. Österreich wird diese mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln aufrechterhalten und verteidigen.

 

Absatz 2 lautet zudem:

 

Österreich wird zur Sicherung dieser Zwecke in aller Zukunft keinen militärischen Bündnissen beitreten und die Errichtung militärischer Stützpunkte fremder Staaten auf seinem Gebiete nicht zulassen.

 

Die schwarz-grüne Bundesregierung hat mitnichten alle ihr zu Gebote stehenden Mittel ergriffen, um die verfassungsrechtlich verankerte Neutralität unserer Heimat Österreich zu wahren. Vielmehr wurde diese in vielerlei Hinsicht untergraben und ausgehöhlt.

 

EU- und Verfassungsministerin Mag. Karoline Edtstadler attestierte im Februar 2023, dass sich bezüglich der Neutralität „bereits mit dem EU-Beitritt Österreichs einiges geändert habe.“[1] Obwohl diese Aussage von Ministerin Edtstadler äußerst unkonkret blieb, reiht sie sich ein in eine lange Liste von Stellungnahmen von ÖVP-Funktionären, welche seit dem Beitritt zur Europäischen Union den Wert der 1955 geschaffenen Neutralität unserer Heimat in Abrede stellen. Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang sicherlich auf den ÖVP-Bundesparteiobmann von 1995 bis 2007, Dr. Wolfgang Schüssel, welcher schon 1996 meinte, die Neutralität sei in vielen Bereichen „totes Recht“ und „Solidarität geht der Neutralität voraus“. „Im September 1996 hielt Schüssel Neutralität und NATO-Beitritt vereinbar, 1998 sah er das ‚Ende der klassischen Neutralität‘ gekommen.“[2]

 

Aufschwung erhielt diese Tendenz abermals zu Beginn des Kriegsausbruches zwischen Russland und der Ukraine im Februar 2022. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) persönlich diskreditierte die immerwährende Neutralität Österreichs als „aufgezwungen“ – gleichzeitig schickte er ÖVP-Wehrsprecher Mag. Friedrich Ofenauer dazu aus, die Neutralität „ernsthaft“ diskutieren zu wollen, sowie Ex-Nationalratspräsidenten Dr. Andreas Khol (ÖVP), welcher gleich für einen NATO-Beitritt plädierte.[3] In völliger außenpolitischer Unbeholfenheit versuchte der Kanzler dann die selbst losgetretene Debatte zu beenden, nur um mitanhören zu können, wie sein Außenminister Mag. Alexander Schallenberg (ÖVP) verkündete: „Neutralität ist keine Option vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs.“ Demnach gebe es keine Neutralität, wenn es um die Verteidigung der Menschenrechte gehe, so Schallenberg.[4]

 

Diesen Worten sollten Taten folgen. Denn die schwarz-grüne Bundesregierung hat das verfassungsmäßig verankerte Neutralitätsgebot seit Beginn des Ukraine-Krieges sträflich missachtet und die jahrzehntelange, erfolgreiche Tradition unserer Heimat als neutraler Staat bis zur Unkenntlichkeit ausgehöhlt.

 

Die Bundesregierung greift direkt und aktiv in einen Krieg zwischen zwei Drittstaaten ein, indem sie, bilateral und über EU-Finanzierungsmechanismen, Milliardenzahlungen an die Kriegspartei Ukraine tätigt, die Ausbildung der ukrainischen Streitkräfte und deren Sold finanziert, sowie Millionenbeträge in die sogenannte Europäische Friedensfazilität einzahlt, welche schwere Waffensysteme für die Ukraine bereitstellt. Gleichzeitig trägt die schwarz-grüne Bundesregierung sämtliche, für Österreich und seine Bevölkerung schädliche, EU-Sanktionsregime gegen Russland mit.

 

Außerdem rollt schweres Kriegsmaterial aus NATO-Mitgliedstaaten über österreichisches Territorium ins Kriegsgebiet Ukraine – fehlende behördliche Genehmigungen, wie beispielsweise im Fall des Transports von 20 Panzerhaubitzen des Typs M-109 von Italien in die Ukraine[5], stehen diesen Militärtransporten nicht im Weg. Darüber hinaus erlaubt die Republik Österreich der NATO zur Unterstützung der Ukraine auch die Nutzung des österreichischen Luftraums.

 

Anstatt auf unsere außenpolitische Tradition als Vermittler in Kriegs- und Krisensituationen zu setzen und Wien als Verhandlungsort anzubieten, um einen Beitrag für die Wiederherstellung des Friedens in Europa leisten zu können, stieg die schwarz-grüne Bundesregierung in die transatlantischen Kriegsbemühungen ein. Auf der Strecke blieben ehrliche Friedensbemühungen und unsere Neutralität.

 

Das Ziel der österreichischen Außenpolitik in den nächsten Jahren muss es sein, unsere Neutralität wieder glaubwürdig herzustellen. Hierfür ist neben einem entsprechenden politischen Willen, eine umfassende Aufarbeitung und ein hohes Maß an Transparenz notwendig. Teil dieser Anstrengungen soll ein neu zu schaffender Neutralitätsbericht sein.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

Entschließungsantrag

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat jährlich einen Neutralitätsbericht vorzulegen. In diesem hat die Bundesregierung Rechenschaft darüber abzulegen, inwiefern die von ihr gesetzten Handlungen – inklusive jener im Rahmen der Institutionen der Europäischen Union – das verfassungsrechtlich verankerte Neutralitätsgebot tangierten. Des Weiteren muss der Neutralitätsbericht darlegen, ob alle zu Gebote stehenden Mittel zur Aufrechterhaltung und Verteidigung der Neutralität durch die Bundesregierung ergriffen wurden. Sämtliche Truppen- bzw. Militärtransporte von fremden Armeen über österreichisches Staatsterritorium, zu Boden, wie zu Luft, sind ebenfalls anzuführen.“

 

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird ersucht, diesen Entschließungsantrag dem Außenpolitischen Ausschuss zuzuweisen.



[1] https://orf.at/stories/3306056/

[2] https://www.diepresse.com/326155/neutralitaet-beliebt-wie-mozartkugeln

[3] APA 06.03.2022: Neutralität - ÖVP stellt Neutralität zur Diskussion

[4] theeuropean.de 21.04.2022: Alexander Schallenberg: „Neutralität ist keine Option“

[5] https://www.kleinezeitung.at/politik/6277423/Ohne-Genehmigung_Zug-mit-20-Panzern-fuer-die-Ukraine-rollte-durch