3925/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 28.02.2024
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

des Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger

und weiterer Abgeordneter

betreffend Kein weiteres Bürokratiemonster für unsere Unternehmen – Das EU-„Lieferkettengesetz“ muss abgelehnt werden!

 

 

Mit dem Richtlinienvorschlag „über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit[1] möchte die EU-Kommission europäische Unternehmen für Menschenrechts- oder Umweltverletzungen in ihrer gesamten Wertschöpfungskette verantwortlich machen. So enthält der Vorschlag „Verpflichtungen von Unternehmen in Bezug auf tatsächliche und potenzielle negative Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt in Bezug auf ihre eigenen Tätigkeiten, die Tätigkeiten ihrer Tochterunternehmen und die Tätigkeiten von Unternehmen in der Wertschöpfungskette, mit denen das Unternehmen eine etablierte Geschäftsbeziehung unterhält.[2]

 

Der Geltungsbereich der Richtlinie soll all jene Unternehmen treffen, welche nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründet wurden, im letzten Geschäftsjahr durchschnittlich mehr als 500 Beschäftigte zählten und einen Nettoumsatz von mehr als 150 Millionen Euro erzielten. In gewissen Bereichen, bspw. der Textilindustrie oder der Landwirtschaft, sollen niedrigere Hürden gelten, nämlich bereits 250 Beschäftigte und ein Nettoumsatz von 40 Millionen Euro.[3]

 

Die Kommission führt in ihrem Vorschlag selbst die Befürchtungen von europäischen Unternehmen an, „der Gefahr von Wettbewerbsnachteilen gegenüber Unternehmen aus Drittländern ausgesetzt zu sein, die nicht denselben Pflichten unterliegen.[4] Derlei berechtigte Bedenken finden allerdings bei den EU-Institutionen bedauerlicherweise kein Gehör.

 

In dem seitens des Europäischen Parlaments festgelegten Standpunkt zum Lieferkettengesetz wurden gar noch schärfere Auflagen für die Unternehmen gefordert: „Nach Vorstellung des EU-Parlaments sollen die neuen Regeln auch für Firmen mit mehr als 250 Mitarbeitern sowie für den Finanzsektor gelten. Konkret werden in dem Text des EU-Parlaments Unternehmen, unabhängig von ihrem Sektor, mit mehr als 250 Beschäftigten und einem weltweiten Umsatz von über 40 Millionen Euro sowie für Muttergesellschaften mit mehr als 500 Beschäftigten und einem weltweiten Umsatz von über 150 Mio. Euro miteinbezogen […]. Auch müssten sie ihre ‚Partner in der Wertschöpfungskette überwachen und bewerten‘ - dazu würden nicht nur Lieferanten, sondern unter anderem auch Verkauf, Vertrieb und Transport gehören.“[5]

 

Bereits im Entwurf der EU-Kommission ist vorgesehen, dass jede Person, welche nur annimmt, von negativen Auswirkungen betroffen zu sein, eine Beschwerdemöglichkeit beim Unternehmen eingeräumt bekommen muss.[6] Artikel 22 des Richtlinienentwurfes verpflichtet die EU-Mitgliedstaaten zudem, „Vorschriften über die zivilrechtliche Haftung der Unternehmen festzulegen, um sie unter bestimmten Bedingungen für aus einer Vernachlässigung ihrer Sorgfaltspflicht entstandene Schäden haftbar zu machen.“[7] Auch das EU-Parlament fordert Beschwerdemechanismen ein, sowie deftige Sanktionen: „Verstoßen die Unternehmen gegen die Regelungen, sollen sie durch nationale Aufsichtsbehörden sanktioniert werden können - etwa mit Geldstrafen in Höhe von 5 Prozent des weltweiten Nettoumsatzes.“[8]

 

Vollkommen den Bogen überspannt die Forderung, dass Manager ihre Unternehmens-strategien an dem Ziel festmachen sollen, die globale Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen.[9] Derartigen De-Industrialisierungstendenzen muss der Riegel vorgeschoben werden.

 

Die Deutsche Industrie und Handelskammer (DIHK) kritisiert das geplante Lieferkettengesetz deswegen völlig zu Recht. „Das Lieferkettengesetz bürdet den Unternehmen ein neues und unkalkulierbares Haftungsrisiko auf: Von ihnen wird eine Kontrolle erwartet, die außerhalb ihrer eigenen Einflussmöglichkeiten liegt“, führt DIHKPräsident Peter Adrian aus. „Lieferketten bestünden oft aus mehreren hundert, teils mehreren tausend Firmen. In der Regel sei einem Betrieb aber nur der direkte Zulieferer bekannt. Kleine und mittlere Unternehmen würden ‚komplett überfordert‘ mit den geplanten Richtlinien.“[10]

 

Die europäischen und österreichischen Unternehmen leiden bereits jetzt unter den vielen Belastungen, welche die Wirtschaftspolitik der Europäischen Union und jene der schwarz-grünen Bundesregierung ihnen aufbürden. Es wäre höchste Zeit, unsere heimischen Firmen zu entlasten, anstatt ihnen ein neues EU-Bürokratiemonster aufzuzwingen.

 

Auch jener Entwurf, auf den man sich im Trilog im Dezember des Vorjahres einigte, konnte die massiven Bedenken am Richtlinienentwurf nicht ausräumen. Aus gutem Grund konnte somit bis dato im Rat der Europäischen Union noch nicht die erforderliche Mehrheit für die Richtlinie gefunden werden.

 

Die für Anfang Februar dieses Jahres in Aussicht genommene Abstimmung auf Botschafterebene wurde vertagt, da nach Deutschland auch Bundesminister Kocher ankündigte, man werde sich der Stimme enthalten:[11]

 

Der vorliegende Entwurf des EU-Lieferkettengesetz ist in der aktuellen Ausgestaltung eine massive Bedrohung für den europäischen Wirtschafts- und Industriestandort. Überschießende Anforderungen und ein Weiterreichen der politischen Verantwortung auf Unternehmen machen den gut gemeinten Vorschlag zu einem nicht umsetzbaren Bürokratiemonster. Die Industriellenvereinigung (IV) bekennt sich zu nachhaltigem, verantwortungsvollem und zukunftsfähigem Wirtschaften. Es muss dabei jedoch sichergestellt werden, dass internationale Lieferketten nicht über überschießende und realitätsferne Regelungen und so das unternehmerische Handeln nachhaltig beeinträchtigt werden. Die erneute Verschiebung der Abstimmung bestätigt die berechtigte Sorge der Industrie um die Attraktivität des Industriestandorts Europa.

 

Ähnlich sieht das der Wirtschaftsbund:[12]

 

Der aktuelle Entwurf zum EU-Lieferkettengesetz ist für österreichische Unternehmen nicht hinnehmbar. Als Wirtschaftsbund unterstützen wir zwar das Vorhaben der EU, Menschenrechte und Umwelt entlang der Wertschöpfungskette zu schützen, doch der aktuelle Entwurf zum Lieferkettengesetz ist ein Bürokratiemonster. Besonders Klein- und Mittelbetriebe werden damit Haftungsrisiken und Prüfungspflichten auferlegt, die sie weder zu verantworten haben noch in der Praxis sinnvoll umsetzen können. Eine Situation, die zu unnötigem und übermäßigem Aufwand und Österreich und Europa im internationalen Wettbewerb ins Hintertreffen führen würde (…), so WB-Generalsekretär Abg.z.NR. Kurt Egger.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

Entschließungsantrag

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die österreichische Bundesregierung wird aufgefordert, auf Europäischer Ebene den geplanten Richtlinienvorschlag über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit abzulehnen.“

 

 

 

In formeller Hinsicht ersuchen die unterfertigten Abgeordneten um Zuweisung dieses Antrages an den Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie.



[1] COM (2022) 71

[2] COM (2022) 71, S. 57

[3] COM (2022) 71, S. 58

[4] COM (2022) 71, S. 23

[5] https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/europa/2190904-EU-Parlament-legte-Position-fest.html

[6] COM (2022) 71, S. 70

[7] COM (2022) 71, S. 32

[8] https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/europa/2190904-EU-Parlament-legte-Position-fest.html

[9] COM (2022) 71, S. 73; https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/europa/2190904-EU-Parlament-legte-Position-fest.html

[10] https://kurier.at/politik/ausland/kurze-leine-fuer-eu-konzerne-sie-werden-fuer-ihre-zulieferer-verantwortlich/402470555

[11] https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20240213_OTS0087/industrie-zu-eu-lieferkettengesetz-aktueller-entwurf-nicht-umsetzbar

[12] https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20240213_OTS0086/wirtschaftsbund-zurueck-zum-start-eu-lieferkettengesetz-muss-neu-verhandelt-werden