3956/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 20.03.2024
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Informatik in der AHS-Oberstufe ausbauen und aufwerten

 

Informatik und digitale Technologien durchdringen in allen Bereichen unseren Alltag und unser Gesellschafts- und Wirtschaftsleben. Digitale Kompetenzen sind unerlässlich für den Erhalt und Ausbau unseres Wohlstands und unserer demokratischen Gesellschaftsordnung. Dabei dürfen wir uns nicht auf die Rolle als Anwenderinnen und Anwender digitaler Technologien beschränken, sondern müssen selber in der Lage sein, Technologien zu verstehen und zu gestalten. 

Angesichts der dringenden und zunehmenden Nachfrage nach qualifizierten IT-Fachkräften in der Europäischen Union, mit einer erwarteten Lücke von 750.000 Informatiker:innen bis 2030, die zu wirtschaftlichen Einbußen von jährlich 115 Milliarden EUR führen könnte, wovon allein in Österreich ein Verlust von 2,76 Milliarden EUR prognostiziert wird, stellen wir den Antrag, speziell den Informatik-Unterricht in der AHS-Oberstufe bis zur Matura signifikant auszubauen.1)

Dieser Fachkräftemangel stellt eine erhebliche wirtschaftliche Bedrohung dar und untergräbt zugleich die digitale Souveränität Europas. Eine Abhängigkeit von Software aus Drittstaaten birgt das Risiko, einerseits die eigene Bevölkerung einer ungewollten Überwachung auszusetzen und andererseits Wertschöpfung und Wohlstand zu verlieren. Um diesem Zustand entgegenzuwirken, ist die breite Informatikausbildung der Bevölkerung eine wichtige Grundlage, um darauf aufbauend auch spezialisiertes Know-how und Fachkräfte zu entwickeln. Diese breite informatorische Grundbildung ist derzeit - mit dem nur teilweise technisch geprägten Fach "Digitale Grundbildung" in der Sekundarstufe 1 und nur einem Jahr "Informatik" in der AHS-Oberstufe - nicht gegeben. Informatik als Fach für die gesamte AHS-Oberstufe bis zur Matura ist daher ein wichtiger Baustein, um die digitale Wettbewerbsfähigkeit Österreichs und Europas zu stärken.

Die Förderung von Frauen in der Informatik verdient besondere Aufmerksamkeit. Das aktuelle Bild des Fachs Informatik ist für junge Frauen (die die Mehrheit der AHS-Maturant:innen ausmachen) wenig ansprechend, was dazu führt, dass ein bedeutender Anteil des potenziellen Fachkräftepools ungenutzt bleibt. In jener Phase, in der junge Menschen die Wahl für ein Studienfach treffen, ist Informatik in der AHS-Oberstufe nicht auf dem Lehrplan. Ein zielgerichteter Ausbau des Informatikunterrichts in der AHS-Oberstufe kann dazu beitragen, Mädchen und jungen Frauen ein attraktives und realistisches Bild der Informatik zu vermitteln und sie für eine Karriere in diesem Bereich zu gewinnen.

Darüber hinaus ist ein tiefgehendes Verständnis der Informatik für alle Bürger:nnen essenziell, um in einer zunehmend digitalisierten Welt bestehen zu können. Die derzeitige Ausbildung in digitaler Grundbildung und die limitierten Informatikstunden in der AHS-Oberstufe reichen nicht aus, um den Bedarf an umfassenden Kenntnissen und Fähigkeiten zu decken.

Die Kosten-Nutzen-Analyse unterstreicht die Dringlichkeit und Wirtschaftlichkeit dieses Vorhabens. Eine Investition in den spezifischen Ausbau des Informatikunterrichts in der AHS-Oberstufe kann den jährlichen Wertschöpfungsverlust von bis zu 4,9 Milliarden EUR erheblich mindern. Die Einführung von mindestens 4 Wochenstunden (also mindestens 1 pro Schuljahr) Pflichtunterricht in Informatik bis zur Matura ist nicht nur wirtschaftlich vernünftig, sondern auch eine entscheidende Maßnahme, um den Fachkräftemangel zu bekämpfen und die digitale Kompetenz unserer Jugend zu stärken.

Vor dem Hintergrund dieser Argumente fordern wir eine gezielte politische Maßnahme zum spezifischen Ausbau des Informatik-Unterrichts in der AHS-Oberstufe bis zur Matura. Dies ist eine wesentliche Investition in die Zukunftsfähigkeit und den Wohlstand Österreichs und trägt dazu bei, unsere Jugend auf die Herausforderungen und Chancen des digitalen Zeitalters vorzubereiten.

Langfristig streben wir eine Neuordnung der Schulfächer insgesamt an, weg von einer kleinteiligen Struktur vieler Einzelfächer, hin zu mehr vernetztem Lernen und Lehren mit z.B. großen Flächenfächern nach Lebensbereichen. Ein Aspekt dieser Neuordnung sollte auch mehr Autonomie und Wahlfreiheit sein. Zugleich ist Autonomie auch ein Hebel für die Überwindung starrer Fächergrenzen, denn Themen, die Jugendliche aus ihrer Lebenswelt in die Schule einbringen, passen selten in die Schublade eines einzelnen Schulfachs.

 
1) https://eufordigital.eu/library/2030-digital-compass-the-european-way-for-the-digital-decade/

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Bildung‚ Wissenschaft und Forschung, wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass der Informatik-Unterricht in der AHS-Oberstufe ausgebaut wird und die Möglichkeit geschaffen wird, Informatik als Maturafach zu wählen. Im Anschluss an vier Jahre "Digitale Grundbildung" in der AHS-Unterstufe bzw. Mittelschule sollen vier Jahre "Informatik" in der Oberstufe in einem Ausmaß von insgesamt mindestens vier Wochenstunden verankert werden. Langfristig ist anzustreben, die starre Fächerstruktur insgesamt zu überdenken und größere Flächenfächer und mehr Wahlmöglichkeiten zu schaffen."

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Unterrichtsausschuss vorgeschlagen.