3961/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 20.03.2024
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abg. Mag. Ruth Becher

Genossinnen und Genossen

 

betreffend ein umfassendes Maßnahmenpaket für leistbares Wohnen

 

Die Teuerung hat sich in den letzten Monaten zwar verlangsamt, ist aber im Vergleich zu den anderen Euro-Staaten weiterhin zu hoch und liegt auch im Februar 2024 mit 4,3% deutlich über dem EZB-Ziel von 2%. Dabei erhöhten sich die Preise für Wohnung, Wasser und Energie um durchschnittlich 4,2%. Die Mieten stiegen allerdings immer noch um 8,6% und damit geringfügig weniger als im Jänner mit 9,1%. Diese Zahlen hat die Statistik Austria am 18. März 2024 veröffentlicht.

Der von der SPÖ bereits im Frühjahr geforderte Mietenstopp hätte dazu geführt, dass sich sowohl die jährliche Inflationsrate von 2023, als auch die monatlich bekannt gegebenen Inflationsraten abgeschwächt hätten. Stattdessen legte die Regierung am 30. August 2023 dem Nationalrat einen sogenannten Mietendeckel vor, der eine Begrenzung des Anstiegs bei den gesetzlich vorgegebenen Mieten in den nächsten drei Jahren von 5% pro Jahr vorsieht. Die rund 500.000 Wohnungen im freien, nicht preisregulierten Mietsektor wurden und werden von der Regierung überhaupt nicht berücksichtigt. Hier handelt sich aber um die teuersten Wohnungen, die durch die automatischen Teuerungsklauseln in ihren Mietverträgen in den letzten eineinhalb Jahren um bis zu 25% teurer geworden sind. Der von der Regierung vorgelegte Mietendeckel garantiert den Vermietern daher weiterhin Gewinne auf Kosten der Mieterinnen und Mieter.

Die Richtwertmieten sind im April 2022 um 5,6% gestiegen, im April 2023 erhöhten sie sich um weitere 8,6%, weil die Regierung die Anträge der SPÖ auf ein Aussetzen der Erhöhung mehrmals abgelehnt hatte.  Die Kategoriemieten stiegen in den letzten 2 Jahren um ein Viertel.

Rund 2 Millionen Haushalte in Österreich sind Mietverhältnisse. Jeder 5. Euro (also rund 20%) der Haushaltausgaben wird für die Wohnungsmiete aufgewendet. Haushalte mit kleineren Einkommen geben sogar 30 bis 40% ihres Einkommens für die Miete aus. Viele Menschen kommen durch die anhaltend hohen Inflationsraten in eine prekäre finanzielle Situation, die durch das Nicht-Handeln der Regierung weiter verschärft wurde.

Die Mieterhöhungen treiben damit auch die Inflation weiter kräftig nach oben, das ist nicht nur ein Schaden für die betroffenen Mieter, sondern auch für die gesamte Wirtschaft. Viele Experten und Expertinnen, wie etwa WIFO-Chef Gabriel Felbermayr, fordern daher auch einen Ausstieg aus der Indexierungsautomatik. Es braucht aber insgesamt ein neues System. Ein System mit klaren Mietobergrenzen sowie einen neuen Index für die Mietpreisentwicklung, wie etwa die Orientierung am EZB-Leitzinssatz mit einer Deckelung von 2% p.a.

 

Ein weiterer wohnpolitischer Schwerpunkt zur Entlastung der Menschen ist die gezielte Errichtung von sozialem Wohnraum. Dem stehen jedoch oft diverse Hindernisse im Weg, vor allem, weil die Ressource Boden nicht unbegrenzt zur Verfügung steht und zahlreiche Interessen am Immobilienmarkt vertreten sind, die nicht zwangsläufig im Sinne der Bevölkerung, sondern viel eher zu Zwecken der Profitmaximierung agieren. Private Immobilieninvestoren können weit höhere Flächenpreise bezahlen, als der öffentliche Sektor. Eine Lösung für dieses Problem ist die Forcierung der Flächenwidmungskategorie „Sozialer Wohnbau“. Mit ihr können die noch vorhandenen Bodenressourcen zum Vorteil der gesamten Bevölkerung abgesichert und der Spekulation ein Riegel vorgeschoben werden.

 

Eine Flächenwidmung „sozialer Wohnbau“ wird auch von den gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaften herbeigesehnt, weil die hohen Grundstückspreise nur von privaten Bauträgern bezahlt werden können. Um die gemeinnützige Wohnungswirtschaft anzukurbeln, bedarf es noch weiterer Maßnahmen, wie etwa die Wiedereinführung der Zweckbindung der Wohnbauförderung oder auch die Wiedererrichtung der Wohnbauinvestitionsbank (WBIB), um mit günstigen EIB-Krediten die extrem hohen Finanzierungskosten aufzufangen bzw. abzufedern.

 

Die angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt, die Mietpreisentwicklung und die Teuerung rückten auch das Thema Leerstand wieder in den Fokus. Die Diskussion rund um Leerstandsabgaben wird jedoch nicht erst seit der aktuellen Krise geführt – nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass Spekulation und die künstliche Verknappung von Wohnraum zur Profitmaximierung den Zielen der Schaffung von leistbarem Wohnraum diametral entgegenstehen. Die Bundesregierung hat in ihrem Regierungsübereinkommen dazu festgelegt: „Die Bundesregierung möchte das Angebot an Wohnungen vergrößern und wird zu diesem Zweck gemeinsam mit den Ländern den Leerstand mobilisieren.“ Der von der Regierung im Februar 24 vorgelegte Entwurf für eine Kompetenzübertragung der Leerstandsabgabe auf die Länder liegt derzeit im Verfassungsausschuss und soll im Frühjahr 2024 beschlossen werden. Auf drei Seiten werden außerdem insgesamt 34 Forderungen im Bereich des Wohnens aufgelistet. Am Ende der laufenden Regierungsperiode sind davon jedoch nur drei Punkte abgearbeitet. Es bleibt also fraglich, ob bis Herbst 2024 noch grundlegende Schritte im Bereich leistbares Wohnen gesetzt werden.

 

Die hohen Zinsen und die strengen Kreditregeln führen gemeinsam mit den stark gestiegenen Baukosten zu einem dramatischen Einbruch in der Bauwirtschaft. Neubauprojekte wurden stark zurückgefahren und immer weniger Menschen können sich Eigentum schaffen. Daran wird auch das von der Regierung in die Wege geleitete Wohnbaupaket wenig ändern. Verbesserungen wären daher auch für die laufenden Wohnbaukredite notwendig. Rund 500.000 Haushalte leiden unter den bereits abgeschlossenen variablen Krediten. Auch diese sollten die Möglichkeit erhalten, auf günstigere Landesdarlehen umzuschulden. Die dafür notwendigen zusätzlichen Mittel könnten über die vorhandenen Übergewinne der Banken finanziert werden.

 

Im Übrigen haben sich die Mieteinnahmen der Immobilienwirtschaft seit dem Jahr 2008 mehr als verdoppelt – von 1,9 Mrd. € auf 4 Mrd. € im Jahr 2021. Im Jahr 2022 hat die Immobilienwirtschaft zusätzliche Einnahmen von 450 Mio. Euro erwirtschaftet. Auch im Jahr 2023 wurden durch die hohe Inflationsrate Einnahmen in dieser Höhe erzielt. Es wird daher Zeit, dem Mietanstiegsautomatismus ein Ende zu setzen und auch die Immobilienwirtschaft soll ihren Beitrag zur Senkung der Inflation leisten.

 

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

Entschließungsantrag

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die die notwendigen gesetzlichen Maßnahmen für einen Mietenstopp und eine umfassende Wohnrechtsreform enthalten, insbesondere

·    die Rücknahme der Indexierungen der Richtwert- und Kategoriemieten vom 1. April 2023 und 1. Juli 2023

 

·    das Einfrieren sämtlicher Mieten (inklusive preisungebundener Mieten und Geschäftsraumieten) bis Ende 2026

 

·    danach erfolgt die Indexierung nicht mehr nach dem VPI, sondern richtet sich am Leitzinssatz der EZB aus, maximal jedoch 2% p.a.

 

·    die Einführung eines einheitlichen, transparenten neuen Mietrechts mit gesetzlich klar definierten Zu- und Abschlägen, unabhängig vom Baujahr des Gebäudes (Universalmietrecht)

 

·    die Wiedereinführung der Wohnbauinvestitionsbank (WBIB) zur Sicherstellung der Finanzierung des sozialen Wohnbaus und zur Abfederung der steigenden Kosten im sozialen Wohnbau

 

·    die Wiedereinführung der Zweckwidmung der Wohnbauförderung

 

·    die verfassungsrechtliche Absicherung der Widmungskategorie „sozialer Wohnbau“

 

·    verfassungsmäßige Ermächtigung der Bundesländer zur Einführung von Leerstandsabgaben, die einen ausreichenden Lenkungseffekt versprechen

 

·    die Einführung eines Zinsregulierungsgesetzes, das für bestimmte Grundbeträge einen Mindestzinssatz von 3% für Spareinlagen (angelehnt an Frankreich) und einen Höchstzinssatz für Wohn- und Überziehungskredite festlegt.

 

·    die Einführung eines Zinspreisdeckels für „Häuslbauerkredite“, finanziert durch einen Teil der Übergewinne der Banken“

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Bauten und Wohnen vorgeschlagen.