3978/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 21.03.2024
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst
und weiterer Abgeordneter
betreffend Ablehnung des „WHO-Pandemievertrags“ sowie der novellierten Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV)
Die WHO forciert derzeit zwei Initiativen, die geeignet sind, ihren Einfluss auszudehnen. Vor dem Hintergrund der Covid-19-Pandemie sorgen diese für Aufsehen. Viele Bürger fürchten, dass die Souveränität Österreichs ausgehebelt werden soll.
Gem. Artikel 19 der WHO-Verfassung[1] ist die Weltgesundheitsversammlung befugt, Vereinbarungen zu allen in die Zuständigkeit der Organisation fallenden Fragen zu erarbeiten. Es wird erwartet, dass das im Dezember 2021 eingerichtete zwischenstaatliche Verhandlungsgremium (INB)[2] auf der 77. Weltgesundheits-versammlung im Mai 2024 einen Entwurf für ein Pandemieabkommen zur Prüfung vorlegen wird.[3]
Für den Beschluss derartiger Übereinkommen auf WHO-Ebene ist zunächst eine Zweidrittelmehrheit der Weltgesundheitsversammlung notwendig, die aus den Vertretern der 194 Mitgliedstaaten[4] besteht. Die Abstimmungen erfolgen dabei nach dem Prinzip „ein Mitgliedstaat, eine Stimme“.[5] Die Europäische Union hat bei der WHO einen informellen Beobachterstatus und ist nicht stimmberechtigt.[6]
Selbst die österreichische Bundesregierung geht davon aus, dass das WHO-Abkommen („Pandemievertrag“) so weitgehend ist, dass der Nationalrat befasst werden muss:
Das geplante Instrument wird gesetzändernd bzw. gesetzesergänzend sein und daher der Genehmigung durch den Nationalrat gemäß Art. 50 Abs 1 Z 1 B-VG bedürfen.[7]
Es wird sohin im Nationalrat debattiert und abgestimmt werden. Sofern der Pandemievertrag auch in den selbständigen Wirkungsbereich der Länder eingreift, bedarf er auch der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art 50 Abs 2 Z 2 B-VG.
Es ist Sache der Mitgliedstaaten im Rahmen der Verhandlungen festzulegen, ob und welche Einhaltungsmechanismen in das neue Abkommen aufgenommen werden sollen. Sobald das Abkommen in Kraft ist, ist es für die Vertragsparteien verbindlich.[8]
Die aktuell gültigen Internationalen Gesundheitsvorschriften (2005) traten im Juni 2007 in Kraft und wurden im Jahr 2008 in die österreichische Rechtsordnung integriert.[9] Die Annahme der Internationalen Gesundheitsvorschriften (2005) erfolgte durch Kundmachung des Bundeskanzlers am 12.08.2008.[10] Vorab wurden selbige auf der 58. Weltgesundheitsversammlung am 23. Mai 2005 durch die WHO-Mitgliedstaaten einstimmig angenommen.[11]
Bereits bei den Änderungen 2005 bestand eine geteilte Zuständigkeit zwischen EU und den EU-Mitgliedstaaten:
Die IGV [Internationalen Gesundheitsvorschriften] sind ein internationales Rechtsinstrument für Bereiche, in denen sowohl die einzelstaatlichen Regierungen als auch die Europäische Gemeinschaft (EG) zuständig sind. Viele IGV-Artikel beziehen sich auf Angelegenheiten, die unter das Gemeinschaftsrecht fallen. Je nachdem, fallen diese Vorschriften entweder in die ausschließliche Zuständigkeit der Gemeinschaft oder in die gemeinsame Zuständigkeit der einzelstaatlichen Regierungen und der Gemeinschaft. […] Andere IGV-Artikel sind ausschließlich Sache der einzelstaatlichen Regierungen, weil es im jeweiligen Zusammenhang keine gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften gibt.[12]
Es ist davon auszugehen, dass dieses Szenario erneut eintreten wird. Eine zumindest teilweise Rechtssetzung in Bezug auf die Internationalen Gesundheitsvorschriften durch die EU wäre die Folge.
Die WHO selbst gibt an, dass die Regierungen selbst alle Maßnahmen unter Berücksichtigung ihrer eigenen nationalen Gesetze und Vorschriften treffen müssten.[13] Das steht in Einklang mit Artikel 22 der WHO-Verfassung, wonach eine neue WHO-Verordnung nicht für jene WHO-Mitgliedstaaten in Kraft tritt, welche in angegebener Frist eine Ablehnung oder Vorbehalte mitteilen.[14] Dasselbe galt schon 2005:
Die Internationalen Gesundheitsvorschriften werden ab dem Zeitpunkt ihrer Annahme für jedes Mitglied der Weltgesundheitsorganisation rechtsverbindlich sein, es sei denn, das Mitglied lehnt diese Vorschriften ab oder legt gemäß den geltenden Verfahren einen Rechtsvorbehalt dagegen ein.[15]
Wenn Österreich jedoch kein Veto einlegt, gelten die Regeln für unsere Heimat unmittelbar und werden, wie die ursprüngliche Fassung selbst, im österreichischen Bundesgesetzblatt kundgemacht, ohne dass es eines anderen Aktes auf österreichischer Ebene bedarf. Sie stehen dann im Rang von Durchführungsverordnungen zur WHO-Satzung, der in Österreich Gesetzesrang zukommt.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, Vorbereitungen für die Ablehnung des sogenannten „WHO-Pandemievertrags“ sowie der novellierten Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV) zu treffen und dem Nationalrat monatlich über den aktuellen Verhandlungsstand diese Gegenstände betreffend zu berichten.“
In formeller Hinsicht wird ersucht, diesen Entschließungsantrag dem Außenpolitischen Ausschuss zuzuweisen.
[1] https://apps.who.int/gb/bd/PDF/bd47/EN/constitution-en.pdf, S. 7
[2] https://www.who.int/news-room/questions-and-answers/item/pandemic-prevention--preparedness-and-response-accord
[3] https://www.who.int/news-room/questions-and-answers/item/pandemic-prevention--preparedness-and-response-accord; https://www.consilium.europa.eu/de/policies/coronavirus/pandemic-treaty/
[4] https://www.bundestag.de/resource/blob/645812/e382539acdd205358b958cb7a9e8ba53/WD-2-013-19-pdf-data.pdf, S. 4
[5] https://www.bundestag.de/resource/blob/645812/e382539acdd205358b958cb7a9e8ba53/WD-2-013-19-pdf-data.pdf, S. 5
[6] https://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2021/05/20/eu-supports-start-of-who-process-for-establishment-of-pandemic-treaty-council-decision/
[7] MRV vom 24.03.2023 53/9
[8] https://www.who.int/news-room/questions-and-answers/item/pandemic-prevention--preparedness-and-response-accord; https://www.consilium.europa.eu/de/policies/coronavirus/pandemic-treaty/
[9] https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/home/2022-18_Pandemiemanagement.pdf, S. 21
[10] https://www.ris.bka.gv.at/NormDokument.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20005937&FassungVom=2021-01-03&Artikel=&Paragraf=0&Anlage=&Uebergangsrecht=; https://www.ris.bka.gv.at/eli/bgbl/III/2008/98
[11] https://www.ris.bka.gv.at/NormDokument.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20005937&FassungVom=2021-01-03&Artikel=&Paragraf=0&Anlage=&Uebergangsrecht=
[12] https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52006DC0552&qid=1681980707434&from=DE, S. 4
[13] https://www.who.int/news-room/questions-and-answers/item/pandemic-prevention--preparedness-and-response-accord
[14] https://apps.who.int/gb/bd/PDF/bd47/EN/constitution-en.pdf, S. 7
[15] https://intranet.parlament.gv.at/dokument/eulim/XXII/EU/50835/imfname_10255787.pdf, S. 1